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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Anzug?«
    »Nicht doch, schöne Jungfer. Ich werde
selbstverständlich meinen Kohlenrutschenanzug anziehen. Wie wär’s, um es mit
den unsterblichen Worten des Dichters Bobbie Burns zu sagen, mit einem liebevollen
Kuß, bevor sich unsere Wege trennen?« Er wartete ihre Antwort erst gar nicht
ab.
    Es gelang ihr schließlich, sich zu
befreien. »Loslassen, mein Herr! Diese Umarmung wurde unter Vorspiegelung
falscher Tatsachen erschlichen! Was führt dich denn zu der Annahme, daß sich
unsere Wege trennen?«
    »Sarah, du kannst nicht mitkommen. Es
könnte gefährlich werden.«
    »Um es mit den unsterblichen Worten des
Musikers Carrie Jacobs Bond zu sagen: Was macht denn das schon? An dem Tag, an
dem du mich gezwungen hast, den Sari zu tragen, war ich schließlich auch in
Gefahr, wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses aufgrund unsittlicher
Entblößung festgenommen zu werden, und da war es dir offenbar ziemlich egal.
Und gestern abend war ich in Gefahr, von Bill Jones verführt zu werden — «
    »Ach, tatsächlich?«
    »Allerdings, zumindest bestand die
Möglichkeit. Er hat mich immerhin auf seine Bude eingeladen, als wir zusammen
etwas getrunken haben. Ich habe es nur mit knapper Not geschafft, mich zu
retten, indem ich dankend abgelehnt habe.«
    »Warum mußtest du ihm denn auch noch
dafür danken?«
    »Es schien mir die höflichste Form der
Ablehnung zu sein. Immerhin hat er ja die Drinks bezahlt. Stell dir bloß vor,
wenn ich angenommen hätte, dann hätte er den Jungs nicht seine Bude überlassen,
und er selbst hätte nicht bei der armen Lydia Trost suchen müssen. Sie lebt
übrigens noch, ich habe gerade mit der Stationsschwester telefoniert. Jetzt
sprinte mal kurz nach unten, und hol Brooks das Rootbeer, während ich Mrs.
Sorpende beibringe, daß sie versetzt wird.«
    Mrs. Sorpende nahm den Schlag tapfer
auf, indem sie die alte Redensart zitierte: »Wenn die Pflicht gemahnt ›Du
mußt‹, die Jugend ruft, ›Ich will‹« und der Empfindung Ausdruck gab, daß Mr.
Brooks Kelling einen herrlich jugendlichen Tatendrang besitze. Sarah mußte dem
zustimmen, fragte sich allerdings, in welche Katastrophe dieser Überschwang
ihres Cousins jetzt schon wieder führen würde.
    Nach dem Abendessen verschwand sie
pünktlich nach einer halben Stunde, die sie mit ihren Gästen gemeinsam verbrachte,
in ihr Schlafzimmer und zog sich eine alte Hose und Jacke an, die sie sonst
immer für Arbeiten wie die Reinigung der Rohre in Ireson’s Landing trug. Sie
schlich die Hintertreppe hinunter, holte Brooks’ Schinkensandwiches, das
Rootbeer und einen Flaschenöffner aus der Küche und traf Bittersohn heimlich
auf dem Weg hinter dem Haus. Er hatte seinen Wagen dabei, und sie fuhren auf
dem schnellsten Weg zum Palazzo. Punkt neun Uhr kauerten sie vor einem kleinen
länglichen Fenster im Fundament des Palazzos, das glücklicherweise von einer
hohen Ligusterhecke abgeschirmt wurde.
    »Hier wären wir, mein Schatz.«
Bittersohn stieß gegen den Fensterriegel, und das Fenster schwang lautlos nach
innen. »Am besten gehe ich zuerst, damit ich dich fangen kann, falls die Kohlenschütte
nicht ganz bis nach unten reichen sollte. Bist du sicher, daß du es schaffst?«
    »Das soll wohl ein Witz sein«, konterte
Sarah verächtlich. »Ich würde sogar kopfüber auf dem Bauch runterrutschen, wenn
das Rootbeer nicht wäre.«
    »Das wäre dir zuzutrauen!« Er steckte
seine langen Beine in die kleine Öffnung, legte sich flach auf den Boden und
verschwand in der Dunkelheit. Sarah hörte, wie er hinunterrutschte und mit
einem dumpfen Geräusch unten ankam. »Der Nächste, bitte«, ertönte es gedämpft.
    Sarah steckte die Füße durch das
Fenster, wie sie es bei ihm gesehen hatte, murmelte hysterisch »Wenn Cousine
Mabel mich jetzt sehen könnte!«, hielt das Sandwichpaket noch etwas fester und
schob sich durch die Öffnung.
    Eine Sekunde später befand sie sich
mitsamt Rootbeer und allem anderen in Bittersohns Armen. »Bist du in Ordnung?«
flüsterte er.
    »Ja, alles klar. Wo ist denn Brooks?«
    »Hier bin ich schon«, zischte ihr
Cousin. »Elast du auch die Sandwiches mitgebracht?«
    »Habe ich, außerdem die herzlichsten
Wünsche für ein gutes Gelingen von Mrs. Sorpende, auch wenn es ihr leid tut,
daß sie jetzt die Regenwürmer verpaßt. Hast du Hunger?«
    »Wie ein Wolf, aber ich möchte nicht
unbedingt hier im Kohlenkeller essen. Ist mir zu staubig hier. Folgt mir, und
seid mucksmäuschenstill!«
    Sie schlichen lautlos wie Indianer

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