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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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etwas wie vier Stangen aufgepflanzt;
jede trug eine Art Standarte aus grüner Leinwand. Auf der einen las
man: HANDEL, auf der zweiten: ACKERBAU, der dritten: INDUSTRIE, der
vierten: KUNST UND WISSENSCHAFT.
    Die Freudensonne, die auf allen Gesichtern zu leuchten begann,
warf auch ihren Schatten und zwar auf das Antlitz der Frau Franz,
der Löwenwirtin. Auf der kleinen Vortreppe ihres Gasthofes stehend,
räsonierte sie vor sich hin:
    »So eine Torheit! So eine Eselei, eine Leinwandbude aufzubaun!
Glaubt diese Bagage wirklich, daß der Herr Landrat besonders
ergötzt sein wird, wenn er unter einem Zeltdache dinieren soll, wie
ein Seiltänzer? Dabei soll der ganze Rummel der hiesigen Gegend
zugute kommen! War es wirklich der Mühe wert, extra einen Koch aus
Neufchâtel herkommen zu lassen? Für wen übrigens? Für Kuhjungen und
Lumpenpack!«
    Der Apotheker ging vorüber in schwarzem Rock, gelben
Buxen, Lackschuhen und – ausnahmsweise
(statt des gewohnten Käppchens) – einem Hut von niedriger Form.
    »Ihr Diener!« sagte er. »Ich habs eilig!«
    Als die dicke Witwe ihn fragte, wohin er ginge, erwiderte
er:
    »Es kommt Ihnen komisch vor, nicht wahr? Ich, der ich sonst den
ganzen Tag in meinem Laboratorium stecke wie eine Made im
Käse….«
    »In was für Käse?« unterbrach ihn die Wirtin.
    »Nein, nein. Das ist nur bildlich gemeint«, entgegnete Homais.
»Ich wollte damit nur sagen, Frau Franz, daß es im allgemeinen
meine Gewohnheit ist, zu Hause zu hocken. Heute freilich muß ich in
Anbetracht….«
    »Ah! Sie gehen auch hin?« fragte sie in geringschätzigem
Tone.
    »Gewiß gehe ich hin!« sagte der Apotheker erstaunt. »Ich gehöre
ja zu den Preisrichtern!«
    Die Löwenwirtin sah ihn ein paar Sekunden an, schließlich meinte
sie lächelnd:
    »Das ist was anders! Aber was geht Sie eigentlich die
Landwirtschaft an? Verstehen Sie denn was davon?«
    »Selbstverständlich verstehe ich etwas davon! Ich bin doch
Pharmazeut, also Chemiker. Und die Chemie, Frau Franz, beschäftigt
sich mit den Wechselwirkungen und den Molekularverhältnissen aller
Körper, die in der Natur vorkommen. Folglich gehört auch die
Landwirtschaft in das Gebiet meiner Wissenschaft. In der Tat, die
Zusammensetzung der Düngemittel, die Gärungen der Säfte, die
Analyse der Gase und die Wirkung der Miasmen…, ich bitte Sie, was
ist das weiter als pure bare Chemie?«
    Die Löwenwirtin erwiderte nichts, und Homais fuhr fort:
    »Glauben Sie denn: um Agronom zu sein, müsse man selber in der
Erde gebuddelt oder Gänse genudelt haben? Keine Spur! Aber die
Beschaffenheit der Substanzen, mit denen der Landwirt zu tun hat, die muß man unbedingt studiert haben, die
geologischen Gruppierungen, die atmosphärischen Vorkommnisse, die
Beschaffenheit des Erdbodens, des Gesteins, des Wassers, die
Dichtigkeit der verschiedenen Körper und ihre Kapillarität! Und
tausend andre Dinge! Dazu muß man mit den Grundsätzen der Hygiene
völlig vertraut sein, um den Bau von Gebäuden, die Unterhaltung der
Haus- und Arbeitstiere und die Ernährung der Dienstboten leiten und
kontrollieren zu können. Fernerhin, Frau Franz, muß man die Botanik
intus haben. Man muß die Pflanzen unterscheiden können, verstehen
Sie, die nützlichen von den schädlichen, die nutzlosen und die
nahrhaften, welche Arten man vertilgen und welche man pflegen,
welche man hier wegnehmen und dort anpflanzen muß. Kurz und gut,
man muß sich in der Wissenschaft auf dem Laufenden halten, indem
man die Broschüren und die öffentlichen Bekanntmachungen liest, und
immer auf dem Damme sein, um mit dem Fortschritte zu gehen….«
    Die Wirtin ließ unterdessen den Eingang des Café Français nicht
aus den Augen. Der Apotheker redete weiter:
    »Wollte Gott, unsre Agrarier wären zugleich Chemiker, oder sie
hörten wenigstens besser auf die Ratschläge der Wissenschaft! Da
habe ich kürzlich selbst eine große Abhandlung verfaßt, eine
Denkschrift von mehr als 72 Seiten, betitelt: »Der Apfelwein. Seine
Herstellung und seine Wirkung. Nebst einigen neuen Betrachtungen
hierüber.« Ich habe sie der »Rouener Agronomischen Gesellschaft«
übersandt, die mich daraufhin unter ihre Ehrenmitglieder (Sektion
Landwirtschaft, Abteilung für Pomologie) aufgenommen hat. Ja, wenn
so ein Werk gedruckt erschiene….«
    Der Apotheker hielt ein. Er merkte, daß Frau Franz von etwas
ganz andrem in Anspruch genommen war.
    »Sehr richtig!« unterbrach er sich selber. »Eine unglaubliche
Spelunke!«
    Die Löwenwirtin zuckte

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