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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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glitschig, und so mußte sie sich mit der
einen Hand an Büscheln der vertrockneten Mauerblumen festhalten, um
nicht zu fallen. Dann aber eilte sie querfeldein über die Äcker,
ungeachtet, daß ihre zierlichen Schuhe einsanken, daß sie oft stolperte oder stecken blieb.
Das Chiffontuch, das sie sich um Kopf und Hals gewunden hatte,
flatterte im Winde. Aus Angst vor den weidenden Ochsen begann sie
zu laufen. Atemlos, mit glühenden Wangen, ganz vom frischen Duft
der Natur, ihrer Säfte, ihres Grüns und der freien Luft
durchtränkt, kam sie an. Rudolf schlief dann meist noch. Sie kam zu
ihm in sein Gemach wie der leibhaftgewordene Frühlingsmorgen.
    Die gelben Gardinen vor den Fenstern machten das eindringende
goldene Morgenlicht traulich und dämmerig. Mit blinzelnden Augen
fand sich Emma zurecht. Die Tautropfen an ihren Gewändern
leuchteten wie Topase und verliehen ihr etwas Feenhaftes. Rudolf
zog sie lachend zu sich und drückte sie an sein Herz.
    Darnach sah sie sich im Zimmer alles an, zog alle Fächer auf,
kämmte sich mit seinem Kamm und betrachtete sich in seinem
Rasierspiegel. Mitunter nahm sie seine große Tabakspfeife in den
Mund, die auf dem Nachttisch lag, zwischen Zitronen und
Zuckerstücken, neben der Wasserflasche.
    Zum Abschiednehmen brauchten sie immer eine Viertelstunde. Emma
vergoß Tränen. Am liebsten wäre sie gar nicht wieder von ihm
weggegangen. Eine unwiderstehliche Gewalt trieb sie immer von neuem
in seine Arme.
    Da eines Tages, als er sie unerwartet eintreten sah, machte er
ein bedenkliches Gesicht, als ob es ihm nicht recht wäre.
    »Was hast du denn?« fragte sie. »Hast du Schmerzen? Sprich!«
    Schließlich erklärte er ihr in ernstem Tone, ihre Besuche
begönnen unvorsichtig zu werden. Sie kompromittiere sich.

Kapitel 10
     
    Allmählich machten Rudolfs Befürchtungen auf Emma Eindruck.
Zuerst hatte die Liebe sie berauscht, und so hatte sie an nichts
andres gedacht. Jetzt aber, da ihr diese Liebe zu einer
Lebensbedingung geworden war, erwachte die Furcht in ihr, es könne
ihr etwas davon verloren gehen oder man könne sie ihr gar stören.
Wenn sie von dem Geliebten wieder heimging, hielt sie mit rastlosen
Blicken Umschau; sie spähte nach allem, was sich im Gesichtskreise
regte, sie suchte die Häuser des Ortes bis hinauf in die Dachluken
ab, ob jemand sie beobachte. Sie lauschte auf jedes Geräusch, jeden
Tritt, jedes Rädergeknarr. Manchmal blieb sie stehen, blasser und
zittriger als das Laub der Pappeln, die sich über ihrem Haupte
wiegten.
    Eines Morgens, auf dem Heimwege, erblickte sie mit einem Male
den Lauf eines Gewehrs auf sich gerichtet. Es ragte schräg über den
oberen Rand einer Tonne hervor, die zur Hälfte in einem Graben
stand und vom Gebüsch verdeckt wurde. Vor Schreck halb ohnmächtig
ging Emma dennoch weiter. Da tauchte ein Mann aus der Tonne wie ein
Springteufel aus seinem Kasten. Er trug Wickelgamaschen bis an die
Knie, und die Mütze hatte er tief ins Gesicht hereingezogen, so daß
man nur eine rote Nase und bebende Lippen sah. Es war der
Feuerwehrhauptmann Binet, der auf dem Anstand lag, um Wildenten zu
schießen.
    »Sie hätten schon von weitem rufen sollen!« schrie er ihr zu.
»Wenn man ein Gewehr sieht, muß man sich bemerkbar machen!«
    Der Steuereinnehmer suchte durch seine Grobheit seine eigene
Angst zu bemänteln. Es bestand nämlich eine landrätliche
Verordnung, nach der man die Jagd auf Wildenten nur vom Kahne aus
betreiben durfte. Bei allem Respekt vor den Gesetzen machte sich
also Binet einer Übertretung schuldig. Deshalb schwebte er in steter Furcht, der Landgendarm könne ihn
erwischen, und doch fügte die Aufregung seinem Vergnügen einen Reiz
mehr zu. Wenn er so einsam in seiner Tonne saß, war er stolz auf
sein Jagdglück und seine Schlauheit.
    Als er erkannte, daß es Frau Bovary war, fiel ihm ein großer
Stein vom Herzen. Er begann sofort ein Gespräch mit ihr.
    »Es ist kalt heute! Ordentlich kalt!«
    Emma gab keine Antwort. Er fuhr fort:
    »Sie sind heute schon zeitig auf den Beinen?«
    »Jawohl!« stotterte sie. »Ich war bei den Leuten, wo mein Kind
ist….«
    »So so! Na ja! Und ich! So wie Sie mich sehen, sitze ich schon
seit Morgengrauen hier. Aber das Wetter ist so ruppig, daß man auch
nicht einen Schwanz vor die Flinte kriegt….«
    »Adieu, Herr Binet!« unterbrach sie ihn und wandte sich kurz von
ihm ab.
    »Ihr Diener, Frau Bovary!« sagte er trocken und kroch wieder in
seine Tonne.
    Emma bereute es, den Steuereinnehmer so

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