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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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unfreundlich stehen
gelassen zu haben. Zweifellos hegte er allerlei ihr nachteilige
Vermutungen. Auf eine dümmere Ausrede hätte sie auch wirklich nicht
verfallen können, denn in ganz Yonville wußte man, daß das Kind
schon seit einem Jahre wieder bei den Eltern war. Und sonst wohnte
in dieser Richtung kein Mensch. Der Weg führte einzig und allein
nach der Hüchette. Somit mußte Binet erraten, wo Emma gewesen war.
Sicherlich würde er nicht schweigen, sondern es ausklatschen! Bis
zum Abend marterte sie sich ab, alle möglichen Lügen zu ersinnen.
Immer stand ihr dieser Idiot mit seiner Jagdtasche vor Augen.
    Als Karl nach dem Essen merkte, daß Emma bekümmert war, schlug
er ihr vor, zur Zerstreuung mit zu ›Apothekers‹ zu gehen.
    Die erste Person, die sie schon von draußen
in der Apotheke im roten Lichte erblickte, war – ausgerechnet – der
Steuereinnehmer. Er stand an der Ladentafel und sagte gerade:
    »Ich möchte ein Lot Vitriol.«
    »Justin,« schrie der Apotheker, »bring mir mal die Schwefelsäure
her!« Dann wandte er sich zu Frau Bovary, die die Treppe zum Zimmer
von Frau Homais hinaufgehen wollte.
    »Ach, bleiben Sie nur gleich unten! Meine Frau kommt jeden
Augenblick herunter. Wärmen Sie sich inzwischen am Ofen….
Entschuldigen Sie!« Und zu Bovary sagte er: »Guten Abend, Doktor!«
Der Apotheker pflegte nämlich diesen Titel mit einer gewissen
Vorliebe in den Mund zu nehmen, als ob der Glanz, der darauf ruhte,
auch auf ihn ein paar Strahlen würfe. »Justin, nimm dich aber in
acht und wirf mir die Mörser nicht um! So! Und nun holst du ein
paar Stühle aus dem kleinen Zimmer! Aber nicht etwa die Fauteuils
aus dem Salon! Verstanden?«
    Homais wollte selber zu seinen Fauteuils stürzen, aber Binet bat
noch um ein Lot Zuckersäure.
    »Zuckersäure?« fragte der Apotheker eingebildet. »Kenne ich
nicht! Gibt es nicht! Sie meinen wahrscheinlich Oralsäure? Also
Oralsäure, nicht wahr?«
    Der Steuereinnehmer setzte ihm auseinander, daß er nach einem
selbsterfundenen Rezepte ein Putzwasser herstellen wollte, zur
Reinigung von verrostetem Jagdgerät.
    Bei dem Wort ›Jagd‹ schrak Emma zusammen.
    Der Apotheker versetzte:
    »Gewiß! Bei solch schlechtem Wetter braucht man das!«
    »Es gibt aber doch Leute, die es nicht anficht!« meinte Binet
bissig.
    Emma bekam keine Luft.
    »Und dann möcht ich noch….«
    »Will er denn ewig hier bleiben!« seufzte sie bei sich.
    »… je ein Lot Kolophonium und Terpentin, acht Lot gelbes Wachs
und sieben Lot Knochenkohle, bitte! Zum Polieren meines
Lederzeugs.«
    Der Apotheker wollte gerade das Wachs abschneiden, als seine
Frau erschien, die kleine Irma im Arme, Napoleon zur Seite, und
Athalia hinterdrein. Sie setzte sich auf die mit Plüsch überzogene
Fensterbank. Der Junge lümmelte sich auf einen niedrigen Sessel,
während sich seine ältere Schwester am Kasten mit den Malzbonbons
zu schaffen machte, in nächster Nähe von »Papachen«, der mit dem
Trichter hantierte, die Fläschchen verkorkte, Etiketten darauf
klebte und dann alles zu einem Paket verpackte. Um ihn herrschte
Schweigen. Man hörte nichts, als von Zeit zu Zeit das Klappern der
Gewichte auf der Wage und ein paar leise anordnende Worte, die der
Apotheker dem Lehrling erteilte.
    »Wie gehts Ihrem Töchterchen?« fragte plötzlich Frau Homais.
    »Ruhe!« rief ihr Gatte, der den Betrag in das Geschäftsbuch
eintrug.
    »Warum haben Sies nicht mitgebracht?« fragte sie weiter.
    »Sst! Sst!« machte Emma und wies mit dem Daumen nach dem
Apotheker.
    Binet, der in die erhaltene Nota ganz vertieft war, schien nicht
darauf gehört zu haben. Endlich ging er. Erleichtert stieß Emma
einen lauten Seufzer aus.
    »Bißchen asthmatisch?« bemerkte Frau Homais.
    »Ach nein, es ist nur recht heiß hier!« entgegnete Frau
Bovary.
    Alles das hatte zur Folge, daß die Liebenden tags darauf
beschlossen, ihre Zusammenkünfte anders einzurichten. Emma schlug
vor, ihr Hausmädchen ins Vertrauen zu ziehen und durch ein Geschenk mundtot zu machen. Rudolf aber hielt es
für besser, in Yonville irgendein stilles Winkelchen ausfindig zu
machen. Er versprach, sich darnach umzusehen.
    Den ganzen Winter über kam er drei- oder viermal in der Woche
bei Anbruch der Nacht in den Garten. Emma hatte ihm den Schlüssel
zur Hinterpforte gegeben, während Karl glaubte, er sei verloren
gegangen. Zum Zeichen, daß er da war, warf Rudolf jedesmal eine
Handvoll Sand gegen die Jalousien. Emma erhob sich daraufhin, aber
oft mußte sie noch

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