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Madame Bovary

Madame Bovary

Titel: Madame Bovary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Düval,
und nun vertiefte er sich jeden Abend, den Kopf zwischen den
Händen, in diese Lektüre. Während er sich über Pferdefußbildungen,
Varus und Valgus, Strephocatopodie, Strephendopodie, Strepheropodie (d.h. über die verschiedenartigen
inneren und äußerlichen Verkrüppelungen des menschlichen Fußes),
Strephypopodie und Strephanopodie (das sind Fußleiden, die oberhalb
oder unterhalb der Verkrüppelung um sich greifen) unterrichtete,
suchte Homais den Hausknecht vom Goldnen Löwen mit allen Mitteln
der Überredungskunst zur Operation zu bewegen.
    »Du wirst höchstens einen ganz leichten Schmerz spüren«, sagte
er zu ihm. »Es ist nichts weiter als ein Einstich wie beim
Aderlassen, nicht schlimmer, als wenn du dir ein Hühnerauge
schneiden läßt.«
    Hippolyts blöde Augen blickten unschlüssig um sich.
    »Im übrigen«, fuhr der Apotheker fort, »kann mirs natürlich ganz
egal sein. Dein Nutzen ist es. Ich rate dirs nur aus purer
Nächstenliebe. Mein lieber Freund, ich möchte dich gar zu gern von
deinem scheußlichen Hinkfuß befreit sehen, von diesem ewigen Hin-
und Herwackeln mit den Hüften. Du kannst dagegen sagen, was du
willst: es stört dich in der Ausübung deines Berufs doch
erheblich!«
    Nun schilderte ihm Homais, wie frei und flott er sich nach einer
Operation werde bewegen können. Auch gab er ihm zu verstehen, daß
er dann mehr Glück bei den Weibern haben würde, worüber der Bursche
albern grinste.
    »Schockschwerebrett! Du bist doch auch ein Mann! Du hättest doch
auch nicht kneifen können, wenn man dich zu den Soldaten ausgehoben
und in den Krieg geschickt hätte! Also Hippolyt!«
    Homais wandte sich von ihm ab und meinte, so ein Dickkopf sei
ihm noch nicht vorgekommen. Er begreife nicht, wie man sich den
Wohltaten der Wissenschaft derartig störrisch entziehen könne.
    Endlich gab der arme Schlucker nach. Das war ja die reine
Verschwörung gegen ihn! Binet, der sich sonst niemals um die
Angelegenheiten anderer kümmerte, die
Löwenwirtin, Artemisia, die Nachbarn und selbst der Bürgermeister,
alle drangen sie in ihn, redeten ihm zu und machten ihn lächerlich.
Und was vollends den Ausschlag gab: die Operation sollte ihm keinen
roten Heller kosten. Bovary versprach sogar, Material und
Medikamente umsonst zu liefern. Emma war die Anstifterin dieser
Generosität. Karl pflichtete ihr bei und sagte sich im stillen:
»Meine Frau ist doch wirklich ein Engel!«
    Beraten vom Apotheker, ließ Karl nach drei fehlgeschlagenen
Versuchen durch den Tischler unter Beihilfe des Schlossers eine Art
Gehäuse anfertigen. Es wog beinahe acht Pfund, und an Holz, Eisen,
Blech, Leder, Schrauben usw. war nicht gespart worden.
    Um nun zu bestimmen, welche Sehne zu durchschneiden sei, mußte
zunächst festgestellt werden, welche besondere Art von Klumpfuß
hier vorlag. Hippolyts Fuß setzte sich an sein Schienbein nahezu
geradlinig an. Dazu war er noch nach innen zu verdreht. Es war also
Pferdefuß, verbunden mit etwas Varus oder, anders ausgedrückt, ein
Fall leichten Varus mit starker Neigung zu einem Pferdefuß.
    Trotz dieses Klumpfußes, der in der Tat plump wie ein Pferdehuf
war und runzelige Haut, ausgedörrte Sehnen und dicke Zehen mit
schwarzen wie eisern aussehenden Nägeln hatte, war der Krüppel von
früh bis abend munter wie ein Wiesel. Man sah ihn unaufhörlich im
Hofe um die Wagen herumhumpeln. Es hatte sogar den Anschein, als
sei sein mißratenes Bein kräftiger denn das gesunde. Offenbar hatte
sich Hippolyt, von Jugend auf im schweren Dienst, sehr viel Geduld
und Ausdauer zu eigen gemacht.
    An einem Pferdefuß muß zunächst die Achillessehne durchschnitten
werden, dann die vordere Schienbeinmuskel. Eherkann der Varus nicht beseitigt werden. Karl wagte es
kaum, beide Schnitte auf einmal zu machen. Auch hatte er große
Angst, einen wichtigen Teil zu verletzen. Seine anatomischen
Kenntnisse waren mangelhaft.
    Ambrosius Paré, der fünfzehn Jahrhunderte nach Celsus die erste
unmittelbare Unterbindung einer Arterie wagte, Düpuytren, der es
unternahm, einen Abszeß am Gehirn zu öffnen, Gensoul, der als
erster eine Oberkiefer-Abtragung ausführte, – allen diesen hat
sicherlich nicht so das Herz geklopft und die Hand gezittert, und
sie waren gewiß nicht so aufgeregt wie Bovary, als er Hippolyt
unter sein Messer nahm.
    Im Stübchen des Hausknechts sah es aus wie in einem Lazarett.
Auf dem Tische lagen Haufen von Scharpie, gewichste Fäden, Binden,
alles was in der Apotheke an Verbandszeug

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