Madame de Maintenon
unmöglich blieb.
Nach weiteren sieben mühevollen Monaten auf beiden Seiten, Monaten des Hungers, der Krankheit und Zerstörung, errangen die Franzosen einen bedeutenden Sieg bei Maastricht, einer bedeutenden Stadt der spanischen Niederlande, die am 29. Juni 1673 kapitulierte, nach einer Belagerung von dreizehn Tagen, die der brillante Hauptmann Vauban organisiert hatte. Tags darauf zog Ludwig im Triumph in die Stadt ein. »Was halten Sie
381 von der Einnahme von Maastricht?« schrieb Madame de Sévigné begeistert an ihren Cousin. »Der ganze Ruhm fiel ihm zu.« Doch die Einnahme von Maastricht reichte nicht aus, um Frankreichs Kriegsglück zu erneuern. Im September mußten sich die Franzosen, von der Koalition schwer bedrängt, aus den Vereinigten Provinzen zurückziehen, wobei ihnen von all den eroberten Städten nur das zuletzt eingenommene Maastricht blieb.
Zurück in Saint-Germain, mußte sich Ludwig eingestehen, daß das Jahr für Frankreichs militärischen Ruhm kein uneingeschränkt positives gewesen war. Der holländische Krieg wurde zu einem allgemeinen Desaster. Im Januar 1674 unterzeichnete Ludwigs Cousin Karl II ., König von England, einen Separatfrieden mit den Vereinigten Provinzen und entzog Frankreich dadurch seine entscheidende maritime Unterstützung. »Das ist keine gute Nachricht«, bemerkte Ludwig kurz und bündig. Es war sogar eine bedrückende Nachricht, denn Ludwigs eigene Marine war noch immer jämmerlich klein. Der gerissene junge Prinz von Oranien hatte sich hinter den Kulissen bemüht, das protestan
tische England vom katholischen Frankreich zu lösen, und sosehr der diskret katholische Karl II . gewünscht hatte, seinen französischen Cousin weiterhin auf Kosten seines niederländischen Neffen zu unterstützen, hatte sein stramm protestantisches Parlament ihm doch die dafür erforderlichen Mittel verweigert. Karl war im Rahmen seiner konstitutionellen Monarchie machtlos, wie Ludwig verächtlich bemerkte. Seine eigene Monarchie war dagegen absolut, und seit der Niederlage der Fronde war sein zahnloses Parlament für seine geschäftstüchtigen bürgerlichen Mitglieder nur eine Zeitverschwendung.
Als Frankreich sich im Herbst aus den spanischen Niederlanden zurückzog und nach sechzehn Monaten des Kampfes nur Maastricht vorzuweisen hatte, war das eine eindeutige Niederlage, auch wenn Ludwig es nicht so sehen wollte. Nach einem stillschweigenden Eingeständnis der Stärke des Widerstandes in den Niederlanden waren seine Truppen mitten im Winter auf dem Marsch nach Osten, in die Franche-Comté, die von den spanischen Habsburgern noch immer, wenn auch nur knapp, gehalten wurde. Die Franche-Comté, die einstige »Freigrafschaft« Burgund, die an die Schweiz und das Elsaß angrenzte, lag nach Ludwigs Ansicht innerhalb der »natürlichen Grenzen« Frankreichs. Tatsächlich hatte der Prinz von Condé die Region schon früher einmal eingenommen, während des Devolutionskrieges im Jahr 1668, aber nach den Bedingungen des Vertrages, mit dem dieser Krieg beendet wurde, mußten die Franzosen das Gebiet an Spanien zurückgeben. Jetzt war Ludwig entschlossen, die Franche-Comté für immer zu behalten, und er wünschte als derjenige anerkannt zu werden, der sie persönlich eingenommen hatte. Also schickte er Condé nach Norden, um die Niederländer in Schach zu halten, Turenne nach Osten, um den kaiserlichen Truppen entgegenzutreten, und zwei weitere Generäle in den Süden, um eventuelle Schweizer Verstärkungen für die Koalition abzulenken. So hatte er nur mit
den Truppen der Franche-Comté zu tun: 5000 Söldner und ein zusammengewürfelter Haufen von 5000 schlecht ausgebildeten einheimischen Milizionären. Ludwig selbst führte ein Heer von 25 000 erfahrenen Kämpfern an, darunter Elitetruppen, und vorsichtshalber schickte er den Herzog von Navailles mit einer kleineren Truppe voraus, um die Invasion vorzubereiten, durch Erkundung des Terrains, Aufbau von Nachschublinien, Bestechung oder Beseitigung örtlicher Anführer und Terrorisieren aller anderen. Nach getaner Arbeit wurde Navailles fortgeschickt, um sich dem Prinzen von Condé anzuschließen, und so war der Weg frei für Ludwig selbst, den Ruhm für die Eroberung einzuheimsen.
Am 2. Mai 1674 schlug der König sein Lager vor der Stadt Besançon im Herzen der Franche-Comté auf. Der Plan war einfach: Die unglückliche Stadt sollte mit möglichst viel Getöse und Qualm belagert werden, um anschließend demütig zu kapitulieren und ihre
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