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Madame de Maintenon

Madame de Maintenon

Titel: Madame de Maintenon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Buckley
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unsicherer kleiner Junge König geworden war, den man verehrt, ignoriert, gezwungen, überstimmt, aus Gründen der Staatsräson in eine Ehe verkauft hatte, ihm, mit dem raffiniertere Geister beiderlei Geschlechts ihr endloses Spiel getrieben hatten, ihm, der sich jetzt als König dem Gipfelpunkt seiner Herrschaft näherte, aber trotzdem hin und wieder unsicher war und sich gegen seine eigenen Zweifel abschirmte mit einer Haltung der Festigkeit, ja sogar der Unbeweglichkeit. 
    Françoise behielt also ihre Unzufriedenheit für sich, und was immer es sie gekostet haben mag: die Täuschung gelang. Während Athénaïs schäumte und Liselotte die großen Tränen der Vernachlässigten vergoß, wurde immer klarer, daß Ludwig seine Madame de Maintenant einfach nicht entbehren konnte. »Seine Majestät verbringt oft
500 nach dem Essen zwei Stunden in deren Zimmer und redet so freundschaft
lich, frei und natürlich mit ihr, daß es diesen Ort als den begehrenswertesten in der Welt erscheinen läßt.« So vermittelte Madame de Sévigné die Neuigkeiten ihrer Tochter in der Provence. »Neulich verbrachte der König drei Stunden bei ihr – sie hatte Migräne … Der König verbringt nur wenige Momente mit Madame de Montespan … Madame de Maintenons Gunst wächst höher und höher, und die von Madame de Montespan schwindet zusehends.«
    Obwohl sie mitterweile »alt« oder zumindest im mittleren Alter war, blieb Françoise eine Schönheit, ihre Haut straff und frisch, ihre Figur fülliger und verlockender, aber ohne die Schwerfälligkeit, die Athénaïs so zu schaffen machte, ihr kastanienbraunes Haar ohne die geringste graue Strähne, und ihre Augen, »die schönsten Augen der Welt«, strahlten noch immer Wärme aus und funkelten vor Intelligenz. Obwohl das Verlangen des Königs nach ihr noch immer stark war, fühlte sie sich inzwischen so sicher, daß sie es ablehnte, mit ihm zu schlafen, wenn ihr nicht danach war. »Nicht alle Damen reagierten auf den König
501 , wie er es sich wünschte«, bemerkte Spanheim. »Sie wünschten nicht, ihre Tugend zu ruinieren oder ihre Aussicht auf eine gute Ehe … Was Madame de Maintenon betrifft«, fuhr er fort, was allerdings nur die halbe Wahrheit war, »so war dies vornehmlich ein freundlicher und vertrauensvoller Umgang … und nicht … eine eher zärtliche Leidenschaft, welche ihre Reize hätten beflügeln können, wenn sie oder der König in einem geeigneteren Alter gewesen wären … Ihr Vater war in ein paar schlimme Dinge verwickelt«, setzte Spanheim hinzu. »Er nahm sie mit nach Kanada, in Amerika.«
    Wenn Ludwig seine Enttäuschungen hatte, so war wenigstens Königin Maria Theresia zufrieden. Zum ersten Mal in vielen Jahren erfuhr sie Aufmerksamkeiten und Liebesbezeigungen, die sie nicht gewohnt war und die sie glücklicher machten, als sie je gewesen war. Sie war zu Tränen gerührt und sprach außer sich vor Entzücken: »
502 Gott hat Madame
de Maintenon gesandt, um mir des Königs Herz zurückzubringen!« Noch nie schnell von Begriff, erkannte Maria Theresia offensichtlich nicht, daß ihre scheinbare Wohltäterin auch, zumindest gelegentlich, als Mätresse ihres Mannes fungierte, und sie begriff nicht, daß das eigentliche Ziel von Françoise nicht war, »mir des Königs Herz zurückzubringen«, sondern es von Athénaïs fernzuhalten und – eventuell – am Ende für sich selbst zu sichern.
    Sich »eventuell« das Herz des Königs zu sichern – soviel kann man mit einiger Gewißheit sagen. Françoise war, nachdem sie acht Jahre am Hof in der Nähe des Königs gelebt hatte, zweifelsfrei von zentraler Bedeutung für ihn. Sie war seine bevorzugte Mätresse, und mit ihr verbrachte er den größten Teil seiner Mußestunden, mit freundlicher Konversation, wenn nicht mit körperliche Liebe. Abbé de Choisy war der Meinung, sie erlaube es ihm, »sich von den Sorgen des Staates
503 zu entspannen«, aber es schien auch, als habe sie zugleich begonnen, diese privaten Stunden mit dem König zu nutzen, um ihn von ihrer Denkweise zu überzeugen und dabei ihre eigenen Interessen zu fördern. Sie hatte sich bereits für ihren bevorzugten Arzt, Guy-Crescent Fagon, eingesetzt; mit der Zeit gelang es ihr, ihm den Posten des Leibarztes des Königs zu sichern. Dem Marquis de Montchevreuil, ihrem treuen Freund seit den Zeiten im Marais, hatte sie zu der Stellung des Hauslehrers des mittlerweile zehnjährigen Herzogs von Maine, ihres Mignon, verholfen. »Ich habe [deinem Diener] gesagt
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