Maddrax - Folge 334: Die Beute des Archivars
Cockpit. Ein Blick auf den Höhenmesser zeigte ihm, dass das Shuttle zwischenzeitlich um fünf Meter abgesunken war; der Autopilot arbeitete also auch im Schwebemodus fehlerhaft. Egal!
Vom Pilotensessel aus aktivierte er den Navigationsrechner des Shuttles, rief eine topografische Kartenskizze der Umgebung von Canduly Castle auf und legte die Scandaten darüber. Die drei Echos bewegten sich etwa fünfhundert Meter von der Burg entfernt auf selbige zu! Sie mussten das Shuttle gesehen oder gehört haben und versuchten nun, sich so rasch wie möglich in Sicherheit zu bringen.
Eile war geboten!
Der Archivar startete die Haupttriebwerke, hob den Schwebemodus auf und beschleunigte das Shuttle. Auf direktem Weg steuerte er die drei Echos an. Er wollte die Telepathen – oder mindestens einen von ihnen – erwischen, bevor sie den Burggraben erreichten.
Der Archivar ging auf Nordkurs und flog die Burg und die Scan-Echos in einer weiten Schleife von Nordosten her an. Wieder ein akustischer Alarm: das Funkgerät diesmal. Es signalisierte einen eingehenden Funkspruch. Der Archivar warf einen kurzen Blick darauf. Versuchte der Burgherr, Kontakt mit ihm aufzunehmen?
Einen Augenblick lang war er versucht, den Funkruf zu beantworten und dem Albino seine Bedingungen zu diktieren. Doch dann entschied er sich, das Signal vorerst zu ignorieren. Die Telepathen waren jetzt wichtiger.
„Wir beide werden noch Kontakt genug miteinander haben, Rulfan“, murmelte er. „Verlass dich darauf.“
Jenseits des Frontfensters glitten die Baumwipfel unter dem Shuttle hinweg. Eine Lichtung rückte heran, an ihrem Rand ein altes Gemäuer, die Ruine eines jener überdimensionierten Häuser, in denen frühzeitlichen Generationen ihre Götter zu verehren pflegten: eine Kirche. Ein Turm ragte an ihrer Stirnseite auf, das Dach fehlte vollständig. Von den Telepathen kleine Spur.
Der Archivar richtete den Wärmebildscanner des Shuttles auf das Gebäude, und siehe da: drei Reflexe. Aber die Telepathen befanden sich keineswegs auf der Flucht in die Burg. Zwar waren sie in Bewegung, doch ausschließlich innerhalb des alten Gemäuers. Fast sah es aus, als würden zwei der Echos das dritte jagen. Was geschah dort unten?
„Er startet!“, rief Damon Marshall Tsuyoshi. „Das Shuttle steigt auf!“
„Laserbeschuss einstellen!“, rief Rulfan in das Funkgerät, das ihn mit dem Retrologen an der Laserkanone verband. „Wir haben den Start nicht verhindern können. Ein weiterer Beschuss kommt nicht in Frage. Wir dürfen Patrics Leben nicht gefährden.“
„Er beschleunigt!“, rief Claudius Gonzales.
„Er dreht ab!“ Sir Albert schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Und nimmt den armen Patric mit!“
Rulfan stieß einen Fluch aus und schlug mit der Faust auf die Schaltkonsole. „Ich hätte nicht nachgeben dürfen!“ Maßlos ärgerte er sich über sich selbst. „Niemals hätte ich ihm erlauben dürfen, vor das Tor zu gehen!“
Stimmengewirr umgab ihn und hallte durch den vorderen Laborraum des Horts des Wissens. Überall redeten Retrologen, Technos und Marsianer sich die Köpfe heiß und deuteten auf Bildschirme und Armaturen.
Der alte Basti Eisenmann tauchte plötzlich neben Rulfan auf und deutete auf das neu installierte Burgtelefon an der Wand. „Myrial ist dran“, brummte er.
Basti war ein kleiner, stämmiger Mann mit Quadratschädel und kurzgeschorenem Haupt- und Barthaar. Ein wenig erinnerte er Rulfan an einen römischen Kaiser, dessen Bild er in Salisbury einmal aus den Tiefen der Datenbanken gefischt hatte. Hatte er nicht Vespasian geheißen?
„Danke, Basti.“ Rulfan drückte den Hörer ans Ohr. „Was gibt es?“ Im Hintergrund hörte er den Kleinen plärren.
„Was ist passiert?“, fragte Myrial. „Ist das Shuttle wieder gestartet?“
„Ja, leider mit Patric an Bord.“ Rulfan gab seiner Frau einen kurzen Bericht. Ihm brannte die Zeit unter den Nägeln, aber er wollte nicht unhöflich sein. Doch je länger das Gespräch andauerte, desto nervöser wurde er. Frauen und Telefone sind eine Kombination, die Orguudoo erfunden hat, dachte er schließlich. Er versprach noch, vorsichtig zu sein und alles zu tun, um Patric zu retten und beendete dann das Gespräch. Sicherheitshalber legte er den Hörer nicht auf die Gabel, sondern ließ ihn daneben baumeln.
„Das Shuttle steht zwei Kilometer südwestlich über dem Wald“, verkündete Damon Tsuyoshi. „Er fliegt also nicht weg. Patric hat noch eine Chance, scheint
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