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Maddrax - Folge 336: Facetten der Furcht

Maddrax - Folge 336: Facetten der Furcht

Titel: Maddrax - Folge 336: Facetten der Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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knapp ein Meter fünfzig große Hydrit drehte sich um und richtete den Stab auf sie. Der Waffenlauf löste sich von Xijs Schläfe. Vorbei, dachte sie. Ein greller Blitz schlug in ihr Bewusstsein ein und löschte es aus.

    Der Archivar schaltete den Autopiloten ab und brachte das Shuttle in den Sinkflug. Aruulas Blicke wanderten über die Armaturen. Keine dreitausend Fuß Flughöhe mehr. Samugaar deutete auf einen kleinen Radarschirm. Eine dichte Ansammlung von Reflexen blinkte darauf. „Gebäude“, sagte er, „noch knapp dreißig Kilometer entfernt.“ Er zeigte auf den Infrarotradar, auf dessen Bildschirm sich viele helle Flecken tummelten. „Es wimmelt von Hominiden in den Gebäuden“, sagte Samugaar.
    „Menschen.“ Aruula nickte. „Es ist eine große Stadt, beinahe zehntausend wohnen in ihren Mauern.“ Maddrax hatte das einmal gesagt.
    Aruula blickte hinauf zum Monitor über dem Frontfenster. Der Bordcomputer rechnete eben die empfangenen Daten in Bilder um und schickte sie zum Head-up-Display. Dort nahmen Dächer, Türme und Mauern immer schärfere Konturen an. „Waashton“, sagte Aruula mit heiserer Stimme. „Wir sind gleich da.“
    Wie ein Schmerz durchzuckte sie die Erinnerung an die Stunde, als sie Waashton zum ersten Mal gesehen hatte. Damals hatte noch Schnee gelegen am Flussufer und auf den Feldern vor der Stadt. Rulfan hatte das Luftkissenboot am Ostufer des Potomac praktisch bis vor die Tore der Stadt gesteuert. Im Nu hatte damals eine Menschenmenge das Boot umringt. Mehrere Interessenten wollten es kaufen, einer bot neben Gold sogar seine Tochter an …
    Weg mit den Geistern der Vergangenheit! Aruula zwang die Erinnerung zurück in die dunklen Kellergewölbe ihres Bewusstseins. Die Gedanken an die alte Zeit dämpften die angenehme Euphorie, die sie beflügelte, seit sie mit dem Archivar unterwegs war; oder seit er ihre Schmerzen mit Schlangenmedizin bekämpfte?
    Wie auch immer: Was vorbei war, war vorbei. Jetzt galt es nach vorn zu schauen. 7:34 Uhr las Aruula in der Fußleiste des Frontmonitors. Vor den Fenstern des Mondshuttles war es längst hell. Gleißendes, leicht rötliches Licht lag unter ihnen auf einer geschlossenen Wolkendecke. Die Morgensonne stand hinter ihnen tief im Osten. Der Schatten des Fluggefährts glitt vor seiner Schnauze über die Wolken hinweg.
    „Nicht erschrecken“, sagte Samugaar, „gleich wird es dunkel.“ Er drückte das Shuttle noch tiefer hinunter, und schließlich tauchte es in die Wolkendecke ein. Dämmerlicht kam über sie.
    Auf dem Bildschirm konnte Aruula nun deutlich die Stadtmauer Waashtons erkennen und dahinter die Dächer und Türme der Stadt. Ein Obelisk fiel ihr auf und das Bauwerk mit der großen Kuppel ein Stück rechts davon – war das nicht das zentrale Gebäude, das Maddrax „Capitol“ genannt hatte?
    Ein Seufzer entfuhr ihr. Maddrax, immer wieder Maddrax! War denn ihr ganzes Leben durchtränkt von diesem Mann?
    „Was ist mit dir, teure Freundin?“ Samugaar belauerte sie von der Seite.
    „Gar nichts ist mit mir.“ Aruula ärgerte sich über sich selbst. „Ich brenne auf den Kampf, weiter nichts.“
    Genug von der Vergangenheit! , rief sie ihre Gedanken zur Ordnung. Ja, auch diesmal würde sie Maddrax wiedersehen, so wie damals, als sie mit Rulfan nach Waashton kam, aber diesmal würde es eine Begegnung voller Schmerzen und Genugtuung werden. Schmerzen für ihn und sein Miststück Xij, und Genugtuung für sie.
    „Noch fünfzehn Kilometer“, sagte der Archivar. Er holte eine Karte der Stadt aus dem Archiv des marsianischen Shuttles auf einen zweiten Bildschirm und legte das Radarbild darüber. Die Unterschiede waren enorm; damals, als die Karte angefertigt wurde, war Waashton mehr als doppelt so groß gewesen wie jetzt und hatte auch über keine Stadtmauer verfügt.
    Es wurde wieder heller vor dem Frontfenster, doch nicht annähernd so hell wie oberhalb der Wolkendecke. Konturen der Landschaft unter ihnen wurden sichtbar, Waldstücke, Straßen, ein Flussufer. Regen klatschte gegen die Frontscheibe. Unter dunklen Wolkentürmen im Norden und Südosten zuckten Blitze. Sturmböen rüttelten am Shuttle. Sie flogen kaum noch tausend Meter hoch. Die Flusslandschaft rückte immer näher. Und Waashton auch.
    Sturm und Regen ließen nach. Bald sprühte nur noch Nieselregen gegen die Frontscheibe. Dann lag die Stadt vor ihnen. Dunstwolken verhüllten sie zum Teil. Der Archivar ging noch tiefer, drosselte die Geschwindigkeit. Mauer, noch mehr

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