Mademoiselle singt den Blues - mein Leben
denen, dir mir so ihre Liebe beweisen, einen so reichhaltigen, raffinierten, ausgefeilten Querschnitt durch die darstellenden Künste bieten kann.
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Cyril und Richard testen mein Durchhaltevermögen, als wäre ich ein Versuchstier. Mit den Jahren haben sie ziemlich üble Gewohnheiten entwickelt, was die Tourneen angeht. Sie haben festgestellt, dass ich durchhalte, dass ich ein Konzert an das andere reihen kann, ohne dass meine Energiereserven erschöpft würden, und dass ich mich auf den Beinen halte, ganz gleich, wie die klimatischen Bedingungen sind. Anfangs fanden sie meine Kräfte übermenschlich. Dann, nach einer gewissen Gewöhnung, hielten sie das Ãbermenschliche für normal. Jetzt denken sie darüber gar nicht mehr nach. Ich übrigens auch nicht. Ich sollte lernen, sparsamer mit meinen Kräften umzugehen. Solange ich noch nicht platt am Boden liege, dem Tode nah, ist klar, dass ich es aushalte. Dieser Glaube an meine auÃergewöhnliche Widerstandskraft ist schmeichelhaft, aber auch ermüdend. Sie sind dabei, sie sehen, wie ich mich bei den Vorstellungen und auf den Bühnengerüsten anstrenge. Sie können berechnen, wie viele Kilometer
ich zurücklegen, wie viele Hände ich schütteln und wie viel ich singen muss.
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Die Tournee Kabaret verlangt mir so viel ab wie meine allererste. Damals hatte ich den Gipfel der Erschöpfung erreicht. Diese Tournee ist mehr als aufreibend. In der Show muss ich körperlich ungeheuer viel geben. In jeder Hinsicht. Das Tanzen stapelt noch weitere Müdigkeitsschichten auf die einer üblichen Tournee, und wenn ich von der Bühne komme, bin ich völlig ausgepowert. Mit Kabaret kommt der Ãberlastungsanzeiger in den roten Bereich. Ich bin jetzt ja nicht mehr so jung und auÃerdem häuslicher. Doch anders als bei der Tournee Mademoiselle chante bin ich nicht auf der Flucht, ich reise, und zwar intensiv. Jetzt stelle ich mich der Leere. Damals habe ich mich auf sie gestützt, um Tempo zu bekommen. Und um danach noch tiefer in den Abgrund des Schmerzes zu fallen. Ich habe mich halb totgearbeitet und bis zum Letzten erschöpft, um nichts mehr zu spüren, ich habe mich in tausend Stücke gebrochen, die ich an allen Enden der Welt auf die Bühne gestreut habe, um den Schmerz auszuradieren, ohne ihn je aus mir herausreiÃen zu können.
Bei Kabaret aber investiere ich nun bis zum ÃuÃersten. Ich setze all meine Kräfte und meine ganze Energie ein. Die Konzerte sind teuer, die Produktion ist sehr umfangreich, mit einem Choreografen, einer Tänzerin und den Musikern. Zu Beginn der Tournee habe ich keine Vorstellung von ihrem finanziellen Ergebnis. Aber ich bin entschlossen, mir das Vergnügen zu gönnen, die perfekte Show auf die Beine zu stellen, einen Moment der Illusion zu bieten.
Ich bereise die Welt von Moldawien bis Griechenland über Bulgarien, Karthago und Israel, um zum guten Schluss im
Casino de Paris zu landen. Insgesamt hundertfünfzig Konzerte. Von allem zu viel. Und dank meines Werbevertrags mit der Kosmetikkette lâÃtoile konnte ich auÃerdem, und das war für einen internationalen Künstler eine Premiere, Russland von Norden nach Süden und von Sankt Petersburg bis Wladiwostok durchqueren und insgesamt mehr als dreiÃig Konzerte geben!
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Et sâil fallait le faire
Mein Beruf bringt Reisen in seltsame Gegenden mit sich, manchmal auch für Privatkonzerte. Solche Konzerte sind anders, das Publikum ist meistens kleiner, was mir die Möglichkeit gibt, ihm näherzukommen â¦
Dieses Mal fahre ich in den Kaukasus, nach Aserbaidschan, wo es Erdöl und Kaviar gibt. Die Hauptstadt Baku liegt hoch auf einem Berg, manche nennen es das hübsche Monaco. Das surrealistisch anmutende Land wird von Pipelines und reichen Leuten bevölkert, die sich in Limousinen mit getönten Scheiben verstecken.
Ich bin hier nicht die einzige Französin. Für mich ist es ungewöhnlich, bei solchen Abenden im Ausland Franzosen zu begegnen. Doch heute gehört es zum guten Ton, einige anerkannte französische Talente aus möglichst unterschiedlichen Bereichen einzuladen. An diesem Abend wird mir Yannick Alléno vorgestellt, der sternegekrönte Gourmetkoch. Ein hinreiÃend schöner Mann, groÃ, dunkelhaarig, elegant  â so wie ich die Männer liebe. Wie ich ihn lieben werde.
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Die Zeit zum Lieben muss man sich nehmen, sich
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