Madonna, ein Blonder!
und sagt: » Das ist die kulinarische Antwort auf die ›Generation Esse-Emme-Esse‹, auf die SMS -Generation , di e ihre Gefühle durch genau solche Zeichen ausdrückt!«
Aufgekratzt ruft der Direttore durch die Sprechanlage nach zwei leitenden Angestellten, Pastaingenieure. Staunend verfolgen Elisa und ich, wie Signor Arcangelo mit den zwei Pastaingenieuren auf nudelfachchinesisch diskutiert, unter anderem fallen Begriffe wie » Teigdichte«, » Formstabilität« und » Brechungsrisiko«. Doch das Fachgremium winkt den Entwurf durch und Signor Arcangelo verkündet die Nachricht, als ob Elisa soeben ein Perpetuum mobile erfunden habe. » Dottore Martin, Dottoressa Elisa. Ihre Pasta 2012 ist realisierbar.«
Jetzt fehlt nur noch unser persönlicher Gruß, der dann auf die Packung gedruckt werden soll.
Dazu wird uns ein Flachcomputer gereicht. Elisa nimmt einen Plastikgriffel und schreibt auf den Bildschirm: » Abruzzen, meine Freude«, und setzt ein dahinter. Dann unterschreibt erst sie, dann ich.
Das Glück ist mit Händen zu greifen.
» Bello« , sagt Signor Arcangelo und betrachtet den Schriftzug, » bellissimo . Wirklich!« Er liest noch mal halblaut, was Elisa geschrieben hat: » Abruzzen, meine Freude«, und sagt schließlich: » Vero! Verissimo! Wahr, so wahr! Abruzzen, meine Freude.«
Auch Elisa ist gerührt. Ich bin mir sicher, gleich fangen beide an zu weinen.
» Eeeeh, ich habe die Abruzzen hier tief drinnen«, sagt Elisa jetzt und hält sich die Hand aufs Herz. » Mein Herz schlägt jeden Tag für die Abruzzen.«
» Eeeeh, ich weiß«, sagt Signor Arcangelo, » die Abruzzen sind eine wunderbare Sache, eine Liebe, die nie endet.«
» Vero! Verissimo!« , sagt Elisa sichtlich bewegt. Ich nicke stumm, um nicht unhöflich zu erscheinen. Es ist einfach sagenhaft, wie locker vom Hocker Italiener ihre Gefühle sprechen lassen. Da komme ich noch nicht mit.
» Die Abruzzen sind jeden Tag eine Freude, wie das Lächeln eines Neugeborenen«, sagt Signor Arcangelo, » eine Leidenschaft, die immer da ist.«
Elisa seufzt, ich seufze auch. Jetzt wird es Zeit zu gehen.
» Grazie di cuore«, Danke von Herzen, sagt Elisa, und Signor Arcangelo und sie tauschen Küsschen.
Ich mache es ihr nach, sage » Grazie di cuore« und reiche Signor Arcangelo die Hand. Aber natürlich umarmt er mich, gibt mir zwei baci auf die Wangen und lässt mich erst gehen, nachdem er mir noch ein Abschiedsgeschenk in die Hand gedrückt hat: Einen gewaltigen Fresskorb von Arcangelo-Pasta.
Die ersten Kilometer im Auto schweigen wir. Elisa hat wohl gerade wieder gemerkt, wie sehr sie den Abruzzen verbunden ist, und wirkt noch ganz beseelt. Ich will sie nicht darin stören. Allerdings bin ich etwas nervös: Die Führung in der Fabrik hat viel länger gedauert als gedacht– jetzt ist es schon halb vier. Doof, dass Elisa sich nur für einen Tagesausflug bereit erklärt hat. Für eine Reisegeschichte reicht das nie. Dann müssen wir zur Not eben noch einen weiteren Ausflug machen.
Wir folgen wieder der Autobahn in Richtung Pescara. Ich bin ganz fasziniert von der leeren Autobahn, den weiten Tälern, den hohen Bergen. So habe ich mir eigentlich Neuseeland vorgestellt.
Da fahren wir an einem Autobahnschild vorbei, das die nächsten Ausfahrten ankündigt. Auf dem Schild steht unter anderem » Bussi«.
» Ist das ein Ort?«, frage ich kichernd. » Bussi?«
Elisa nickt. Großartig! Ein Ort, welcher der Lieblingsbeschäftigung der Italiener gewidmet ist. Schließlich kann man in Rom nicht einmal einen Passanten nach der Uhrzeit fragen, ohne zwei Küsschen zu tauschen.
Doch noch bevor wir Bussi erreichen, lotst uns Elisa in den » Parco Regionale del Sirente Velino« hinein, ein Naturschutzgebiet in den Bergen. Sie will mir dort einen biologisch wirtschaftenden Agriturismo zeigen. Er gehört auch irgendwie zur Familie.
» Hier oben ist das Skigebiet von Campo Felice«, sagt sie, » da fahren die Römer im Winter hin.« Unglaublich, eigentlich! So überraschend ich es schon fand, wie nah Rom an den Bergen liegt, so befremdlich finde ich auch die Vorstellung, dass man hier, so weit südlich der Alpen, im Winter Ski fahren kann.
Die Straße ist wie ausgestorben. Und ausgerechnet hier, in der 20. Kurve einer steilen Serpentinenstraße bewegt sich die Kühlwasseranzeige in den roten Bereich. Viel zu weit in den roten Bereich.
Um so etwas nicht erleben zu müssen, nimmt man sich eigentlich einen Mietwagen.
» Managgia«, seufzt Elisa, –
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