Madonna, ein Blonder!
diese bei der verdeckten Überprüfung von Kaffeebars einzusetzen, wo Touristen aus aller Welt Cappuccino zu Wucherpreisen verkauft wird. Gegen ein gutes Dutzend dieser Bars im Stadtgebiet von Rom werde bereits seit einigen Wochen ermittelt.
Elisa und ich schauen uns an und fangen an zu lachen. Und das alles soll mir nicht passiert sein! Die Lovellos haben ja keine Ahnung!
Dino stellt uns die Cappuccinotassen hin. Er hat in höchster Konzentration daran gearbeitet und von dem erstaunlichen Zeitungsartikel nichts mitbekommen.
» Wisst ihr, was seltsam ist?«, sagt er und wischt über die saubereTheke.
» Was denn?«
» Ich bin heute Massimo, dem Barmann vom ›I Soliti Ignoti‹, begegnet.«
Das » I Soliti Ignoti«, die Bar, wo sie mich am ersten Tag abkassierten, weil ich mich hingesetzt habe.
» Und?«
Jetzt hält er im Putzen inne. » Na ja, normalerweise macht Massimo morgens um 6 Uhr auf und um 19 Uhr abends zu.«
Wir schauen Dino gespannt an.
» Heute habe ich ihn um 9 Uhr morgens gesehen, wie er seine Bar absperrte und ein Schild aufhängte: Vorübergehend geschlossen.«
» Und?«
» Ich habe ihn gefragt, was denn los sei. Massimo hat nur gesagt: ›Devo andare‹, dass er weg muss.«
» Kannst du dir erklären, warum?«
Dino überlegt. » Er hat irgendwas von einem Zeitungsartikel gesagt und von verdeckten Ermittlungen, welche die Polizei angeblich in einigen Kaffeebars gemacht habe. Boh!«
Dino wendet sich achselzuckend ab und poliert weiter die Theke.
Eilig schreibe ich meinem Polizistenfreund Gennaro eine SMS , um ihm zu dieser Aktion zu gratulieren: » Complimenti, Gennaro! Martin«.
Kurz darauf piepst mein Handy. » Danke! Aber immer: Attention! «
An diesem Nachmittag gehe ich zum dritten Mal in Rom zum Friseur. Ich will den dritten der nebeneinanderliegenden Salons ausprobieren Zweimal ging es ja schon ziemlich daneben. Elisa kommt mit zum Händchenhalten. Sie hat mir geraten, einfach » Stopp!« zu rufen, wenn ich befü rchte, der Friseur könnte mir einen Kahlschlag verpassen.
» Ist doch nicht so schwer«, sagt sie. » Stopp, mehr nicht.«
Die hat gut reden. Sie hat schließlich keine blonden Locken, mit denen kein römischer Friseur etwas anzufangen weiß.
Wir müssen warten, bis ich drankomme.
Weil es länger dauert, nehme ich eine Zeitschrift vom Stapel, die neueste Novella 2000. Die B-Promis Eleonora und Marco aus der Isola-dei-Famosi -Soap zieren das Cover. Ich stelle fest, dass ich da kaum mehr auf dem Laufenden bin: Die Sendung ist mittlerweile beendet und Eleonora und Marco sind ein Paar. Sie stehen im Meer, Marco hält Eleonora in den Armen, sie küssen sich und sehen glücklich aus. Ich schaue das Foto lange an und schüttle den Kopf.
» Jetzt liest du schon wieder dieses Blättchen.« Elisa schimpft mich, nimmt mir das Heft weg und legt es achtlos zwischen die anderen Zeitschriften. Wenn die wüsste! Irgendwie geht es Eleonora und Marco immer genauso wie uns: Wenn sie Krisen haben, haben wir Krisen. Wenn sie glücklich sind, sind wir glücklich. Ich warte auf eine Novella 2000 mit dem Titel » Ja, sie heiraten!« oder » Ja, wir bekommen ein Baby!«.
» Wer ist der Nächste?« Der Friseur schreckt mich auf und stellt sich als » Pino« vor. O Gott. Er hat fast komplett abrasierte Haare und nur in der Mitte eine Andeutung von einem Irokesenschnitt, wie » Jäck«, mein erster Friseur in Rom.
» Einfach Stopp sagen«, ruft mir Elisa lachend hinterher, » tutto bene!«, alles gut!
Pino dreht einen mit weißem Leder bezogenen Drehstuhl zu mir, ich lasse mich hineinsinken, der Stuhl schwenkt zum Spiegel . » Arrivo subito«, sagt Pino, k omme sofort! Ach lass dir ruhig Zeit!
Ich schaue in den Spiegel oder das, was von ihm zu sehen ist. Ein Großteil seiner Fläche ist hinter mit Tesafilm aufgeklebten Fotos verborgen: Friseur Pino mit einem Kleinkind auf den Schultern am Strand; eine lange Tafel voller Essen, um den Tisch herum natürlich Pino sowie zwei Dutzend Mamas, Papas, Großeltern und bambini . Es sind Fotos von Pinos Familie, aber sie erinnern mich an das, was ich jetzt auch habe, mit der Familie von Elisa .
» Tutto bene«, alles gut, hat Elisa gerade gesagt. Eigentlich hat sie verdammt recht.
» Eccomi«, da bin ich. Pino legt ein ganzes Arsenal an Scheren und Langhaarschneidern auf die Ablage vor dem Spiegel Jetzt komme ich wieder unters Messer.
» Also schauen wir mal.« Pino greift prüfend in meine Haare. Jetzt wird er gleich diesen verzweifelten
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