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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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freundlichen Lächeln, und sofort fühlte Katharina sich undankbar. Er wollte ihr nur helfen. Warum nur sträubte sich alles in ihr dagegen?
    Ihr Unterleib krampfte sich unangenehm zusammen, als Spindler endlich zum Vorschein brachte, was er in seiner Tasche hatte. Es war ein kleines, in braunes Leder gebundenes Büchlein. Er reichte es ihr, und sie nahm es.
    Der Umschlag war gänzlich unbeschriftet, und so schlug sie es auf. Es war mit der Hand geschrieben. In steiler, seltsam eckig aussehender Schrift stand auf der ersten Seite:
    Speculum virginum .
    Katharina schluckte. »Jungfrauenspiegel«, übersetzte sie und sah Spindler an.
    Sein Lächeln wurde noch breiter. »Ich habe es eigens für Euch abgeschrieben. Oder sagen wir, zumindest jene Teile, die für Euch von Bedeutung sind. Ich habe mich allein auf die Belehrungen darüber beschränkt, wie Ihr als keusche Witwe ein gottgefälliges und sinnvolles Leben führen könnt.«
    »Ich habe ein …« Katharina unterbrach sich. Ich habe ein sinnvolles Leben, hatte sie sagen wollen. Ich setze das Geld, das mein Mann mir hinterlassen hat, für mildtätige Zwecke ein, ich kümmere mich um die Armen und Kranken. Also was wollt Ihr von mir?
    All diese Dinge jedoch ließ sie ungesagt. Er hatte sich eigens die Mühe gemacht, ihr dieses Büchlein abzuschreiben. Sie hätte ihm dankbar sein sollen. Ihr Blick zuckte zu ihrer Mutter, die sie mit einer Mischung aus Mitleid und Aufmunterung betrachtete.
    Spindler wies auf das Buch. »Eure Träume sagen mir, dass Eure Seele einen Mangel empfindet. Lest das Buch! Ich bin sicher, es wird Euch helfen.«
    Katharina klappte das Buch wieder zu. Es kostete sie Überwindung, dies nicht mit einem zornigen Ruck zu tun. Sehr langsam stand sie auf. »Ich danke Euch«, brachte sie hervor.
    Spindler nickte ihr zu.
    Sie wandte sich an ihre Mutter. »Ich komme bald wieder, ja?« Sie schaffte es, die Worte nicht wie eine Drohung klingen zu lassen, aber sie war sicher, dass Mechthild sie richtig verstand.
    Wir müssen dringend reden. Allein!
    Mechthild nickte. Ihre Lippen waren zu schmalen Strichen zusammengepresst.
    Katharina machte einen flüchtigen Knicks vor Spindler. Dann wandte sie sich ab und ging durch den Mittelgang der Kapelle davon, während der Priester und ihre Mutter sitzen blieben.
    Kurz bevor sie die Hand auf die Klinke der Kirchentür legte, hörte sie Spindler sagen: »Hast du dich um die Pilze gekümmert? Ich fürchte, ich brauche …« Den Rest verschluckte die Tür, als sie hinter Katharina ins Schloss fiel.
    Vor der Kapelle blieb sie einen Moment lang unschlüssig stehen. Zu Hause wartete eine Menge Arbeit auf sie, aber sie hatte einfach nicht die Kraft dazu, dorthin zurückzukehren. Ihre Finger krampften sich um das schmale Büchlein in ihrer Hand. Das Leder des Einbands fühlte sich speckig an.
    Von ihrem Standpunkt aus überblickte sie den Innenhof, wo in diesem Augenblick ein Fuhrwerk durch eines der großen Tore gefahren kam. Es war hoch beladen mit Lebensmitteln, die vermutlich vom vor den Mauern der Stadt gelegenen Spitalhof geliefert wurden. Katharina sah mehrere Fässer, eine ganze Ladung Rüben, an denen noch das Kraut hing und vor sich hinwelkte, und zwei Rinderhälften, die auf sauberem Stroh lagen und auf ihre Verarbeitung in der Spitalküchewarteten. Der Kopf des Rinds lag daneben, eine dicke, blaue Zunge lugte zwischen den Lippen hervor und erinnerte Katharina an den Anblick von Toten, an die sie lieber nicht denken wollte. Zu ihrer Erleichterung hatte der Bauer nicht auch noch Gänse geschlachtet. Den Anblick von herabhängenden Geflügelhälsen und weißen Federn hätte sie in diesem Moment nur schwerlich ertragen.
    Sie ballte die Faust und schlug sich damit gegen die Stirn. Bevor die Gedanken in ihrem Kopf anfingen, sich in unguten Kreisen zu drehen, entschied sie sich dafür, einen flotten Schritt anzuschlagen. Sie wandte sich nach links und war drauf und dran, quer über die kleine Wiese zu laufen, die hier an die Heilig-Geist-Kapelle angrenzte. Doch dann entschied sie sich dafür, lieber einen Bogen um das Gras zu machen. Es stand voller grünglänzender, schleimiger Pilze, und Katharina kannte diese Sorte. Sie verursachten Flecken, die sie nie im Leben wieder aus ihren Schuhen herausbekommen würde.
    Also umrundete sie die Wiese und auch die kleine Bank, die daneben stand und die Insassen des Spitals bei schönem Wetter zum Verweilen einlud.
    Die Menschenmenge, die sich um das zusammengestürzte Gerüst

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