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Madrapour - Merle, R: Madrapour

Madrapour - Merle, R: Madrapour

Titel: Madrapour - Merle, R: Madrapour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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hinzu.
    »Wieso?« frage ich ohne sonderliche Liebenswürdigkeit.
    »Weil Sie Dolmetscher bei der UNO sind. Nach dem, was ich mir habe sagen lassen, sprechen Sie an die fünfzehn Sprachen.«
    Ich sehe ihn mißtrauisch an.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Es ist mein Beruf, alles zu wissen«, sagt der Amerikaner und zwinkert mir zu.
    Das auffälligste an ihm ist sein Haar. Es ist so frisiert, so storr und dicht, daß man meinen könnte, er trage einen Schutzhelm auf dem Schädel. Aber auch sein Gesicht ist nicht weniger abwehrend. Seine scharfen, inquisitorischen grauen Augen verbergen sich hinter dicken Gläsern. Die Nase ist kräftig, gebieterisch. Die Lippen öffnen sich über großen weißen Zähnen. Und das kantige Kinn springt hervor wie ein Schiffsbug – mit einem Grübchen in der Mitte, das nichts von diesem Eindruck mildert.
    Der Mann scheint für den Lebenskampf so hervorragend gewappnet zu sein, daß es mich völlig überrascht, ihn jetzt, nachdem er mir zugezwinkert hat, entspannt lächeln zu sehen, was ihm wegen seiner aufgeworfenen Lippen ein biederes Aussehen verleiht. In seinem schleppenden Akzent sagt er mit einem herablassenden Kopfnicken und einer Vertraulichkeit, die mich verblüfft: »Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Sergius.«
    Ich bleibe eisig, aber der Amerikaner scheint es nicht zu bemerken. Nach einer kurzen Pause fährt er fort: »Ich heiße Blavatski.«
    Er sagt das mit einer gewissen wichtigtuerischen Miene und mit einem Blick, der komplizenhaft und forschend zugleich ist, so als ob er erwartete, daß ich ihn kenne.
    »Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen,
Mister
Blavatski«, sage ich und betone bewußt das »Mister«.
    Robbie, der junge Deutsche, der auf mich wie ein Homosexueller wirkt und der diese Szene voller Ironie beobachtet, lächelt mir verschwörerisch zu.
    Ich mißtraue den Homosexuellen ein wenig. Ich frage mich immer, ob meine Häßlichkeit sie zu entmutigen vermag. Ich antworte Robbie mit einer etwas prüden Zurückhaltung, deren Sinn er sofort versteht und die ihn sehr zu belustigen scheint, denn seine hellbraunen Augen beginnen zu funkeln. Ich muß jedoch sagen, daß ich Robbie überaus sympathisch finde. Er ist so schön und so ganz feminin, daß man sehr gut verstehen kann, wenn er sich nicht für Frauen interessiert, da er ja eine in sich trägt. Dazu hat er einen lebhaften, scharfen, intelligenten Blick, den er nach allen Seiten sprühen läßt, wenngleich er unentwegt seinem Nachbarn, Manzoni, den Hof macht. Denn das tut er, und ohne jeglichen Erfolg, wie ich glaube.
    »Mir ist der Name des Bordkommandanten schnuppe«, fährt Blavatski mit seiner schleppenden Stimme fort. »Aber ich möchte wissen, von welchem Typ die Maschine ist. Ich habe nie etwas Ähnliches gesehen. Es ist auf keinen Fall eine Boeing und auch keine DC 10. Ich habe mich schon gefragt, Sergius, ob es nicht Ihre Concorde ist.«
    »
Unsere
Concorde«, unterbricht ihn ein etwa vierzigjähriger Franzose, der an meiner linken Seite sitzt (Blavatski sitzt an meiner rechten). Und als wollte er Blavatski zurechtweisen,fährt der Franzose bissig fort: »Nur die Motoren sind britisch. Die Concorde an sich ist französisch.«
    Er spricht ein korrektes, gewähltes Englisch, und ich erfahre später, daß er Karamans oder Caramans heißt – ich weiß nicht, ob ich mich für ein K oder ein C entscheiden soll. Auf jeden Fall spricht er das »man« französisch aus.
    »Eine Concorde ist es nicht, Mr. Blavatski«, sage ich in neutralem Ton. »Die Concorde ist viel enger.«
    »Und sie fliegt auch nicht nur 950 Stundenkilometer«, fügt Caramans ironisch hinzu, als ob dies eine lächerliche Geschwindigkeit wäre.
    »Jedenfalls sitzen wir in einem französischen Flugzeug«, sagt Blavatski, während er sich vorbeugt und Caramans herausfordernd ansieht. »Man braucht sich nur die völlig blödsinnige Anordnung der Sitze anzusehen. Dadurch geht mindestens die Hälfte Platz verloren. Die Franzosen haben nie die geringste Ahnung von der Rentabilität eines Flugzeugs gehabt.«
    Caramans runzelt seine dichten schwarzen Brauen und sagt in schneidendem Ton, aber mit der größten Ruhe: »Ich hoffe für uns, daß wir tatsächlich in einem französischen Flugzeug sitzen. Es wäre mir nicht angenehm, wenn sich die Tür des Gepäckraumes mitten im Flug öffnete.«
    Nach dieser hinterhältigen Anspielung vertieft sich Caramans mit verächtlichem Flunsch wieder in die Lektüre von
Le Monde
. Ich registriere seine besondere

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