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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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gleichmütig schlurften seine Angreifer zu ihren-Tischen hin. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Vor ihm stand Ase. Er erkannte ihn an der Statur, denn auch sein Gesicht war von einer Maske bedeckt. Er schien von weit her zu kommen.
    Ase trug einen Umhang, der schmutzbespritzt war, seine Hände waren schmutzig von der Asche, die in der Luft trieb, über der Achsel hatte er den Lederbeutel, in dem seine Fiedel steckte. Er setzte sich und sagte: »Bestell Wein. Du hast ganz recht: das Wasser ist ungenießbar hier. Aber diese armen Teufel sind es nicht anders gewöhnt. «
    »Hast du Geld?« fragte ihn Madru.
    »Geld«, lachte Ase, »wer redet von Geld?«
    Madru erzählte von dem Mann, den er vor einer Truhe mit Goldstücken hatte knien sehen. Das habe nichts zu bedeuten, erwiderte Ase. »Wenn du hier etwas anderes essen und trinken willst als Brot und fauliges Wasser, mußt du mit etwas anderem bezahlen.« »Und womit wohl?« fragte Madru gespannt.
    »Sie bedienen sich aus deinen Träumen.«
    »Wie geht das zu?«
    Das könne er ihm in zwei Worten nicht erklären, erwiderte Ase, aber nun brauche er Wein, und er wolle ihn auf seine Rechnung nehmen.
    Der Wein und zwei Gläser wurden gebracht und Madru hörte, wie der Wirt Ase etwas ins Ohr flüsterte. »Was war das?« erkundigte sich Madru. »Ich möchte es doch genau wissen, was mein Wein kostet. «
    »Die Zahl der Traumaugenblicke, die der Wein und saubere Gläser gekostet haben. Ich trinke selten, aber heute, da du gekommen bist, ist es nötig.«
    Sie stießen an. Madru beschäftigte immer noch diese eigenartige Zahlungsweise.
    »Laß es gut sein«, sagte Ase abwehrend, »wir haben Wichtigeres zu besprechen. Man muß nur aufpassen, daß man sich nicht um all seine Träume bringt.«
    »Und wenn man es tut?«
    »Kaum jemand, der das aushält. Die meisten gehen dann hin und hängen sich auf. Du wirst unterwegs ja auch schon einiges gesehen haben.«
    Sie nahmen jeder noch einmal einen Schluck, und dann erzählte Ase, daß er von Mola komme, die Madru bitte, sie und Alissa so rasch wie möglich aufzusuchen. Es lag etwas Dringliches in dieser Mitteilung.
    »Wo sind sie? Und wie komme ich zu ihnen?« fragte Madru. »Ich werde dich hinbringen«, sagte Ase, »es ist ein langer Weg. Am besten brechen wir gleich auf, wenn wir ausgetrunken haben.« Madru solle sich darauf gefaßt machen, daß sich Alissa sehr verändert habe.
    »Freilich«, sagte Madru, »wir sind hier im ...«
    »Psst«, sagte Ase, ehe er den Satz beenden konnte und legte den Finger auf die Lippen, »merk dir eines, was immer auch geschieht, was du weißt oder was du nicht weißt, du darfst nie den Namen dieses Landes aussprechen, sonst wirst du auf der Stelle zu Staub und zu jener Asche, die überall hier in der Luft weht.«
    Als sie ihren Wein getrunken hatten, standen sie auf und machten sich auf den Weg. Draußen standen immer noch die zwei Monde über den Dächern. Sie überquerten einen Platz, da ragten hohe Pfähle auf, an denen oben ein Rad saß. Auf diese Räder geflochten hingen in schrecklich verkrümmter Haltung Männer und Frauen und ein Stöhnen und Wimmern drang von ihnen herab.
    »Sollten wir sie nicht losmachen, sie befreien?« fragte Madru leise.
    »Du bist verrückt. Wie kannst du noch Mitleid haben? Es verrät sofort, daß du aus einer anderen Welt kommst. Hier ...«, Ase griff in die Taschen und zog etwas hervor, »besser auch du bindest dir eine Maske vors Gesicht, ehe sie dich dazu zwingen. Wenn dir ihre Gesetze widerstreben, so merken sie es bald. Sie würden dich dann so lange foltern wie diese Armen, die dort aufs Rad geflochten sind, bis dein eigener Wille gebrochen ist.«
    »Und wessen Willen gehorcht man hier?«
    »Es sind die Herren von den Hohen Türmen«, erklärte Ase, »sie allein tragen keine Maske. Ihr Wille durchdringt alle, die hier leben.«
    Ob er das ein Leben nennen wolle, sagte Madru aufsässig. Und wieder hieß Ase ihn schweigen. Es sei nicht gut, allzu lange von den Herren der Hohen Türme zu sprechen. Damit ziehe man ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    Sie waren unterdessen aus der Stadt hinausgelangt, aufs offene Land. Durch das Licht der beiden Monde, das ineinanderfloß, war es ziemlich hell, und es kam Madru so vor, als gäbe es in diesem Land nur Steine und Sand, als fehle hier jeder Baum, jeder Strauch, jede Blume und jedes Gras. Er wagte es aber nicht, Ase danach zu fragen. Statt dessen sprach er manchmal zu seinem Lehrer von gemeinsamen Erlebnissen in Norrland.

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