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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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Baum heran. Ein angenehmer Duft ging von seiner Rinde aus. Der Baum stand nahe an der Mauer, aber Madru wußte nicht, wie er den Baum benutzen solle, um die Mauer zu überwinden, zumal die untersten Äste so hoch waren, daß er sie nicht erreichen konnte. Da hörte er am Baum einen Specht hämmern, und aus dem hölzernen Laut schien der Satz zu ihm hin zu fliegen: »Klopf nur an, klopf nur an!« Warum es nicht versuchen, dachte Madru, krümmte seinen Finger und klopfte dreimal an die Rinde. Und siehe da, er erkannte eine Tür und vermochte sie zu öffnen. Hinter der Tür führte eine Wendeltreppe hinunter ins Erdinnere. Er sprang sie hinab.
    Die Treppe endete tief unten in einem dunklen Gang. Felsbrocken waren von der Decke herabgestürzt, und es war mühsam voranzukommen. Ein Licht sah Madru nur in großer Ferne. Dort wird der Ausgang sein, dachte er und machte sich daran, über all die Felsen, die im Weg lagen, hinwegzuklettern. Es dauerte einen ganzen Tag, ehe er an das Ende des Ganges kam.
    Er trat ins Freie. Es war schon dunkel. Die Luft war heiß, und es ließ sich schwer atmen. In der Luft trieben Rußflocken. Muhte.' stand an einem Fluß, in dessen Wasser sich zwei Monde spiegelten. Der eine leuchtete blaßrot, der andere in einem giftigen Grün. Es schauderte ihn. Der Fluß floß langsam dahin. Ein bestialischer Gestank ging von ihm aus. Das Wasser schien zäh wie Pech, und Unrat und tote Tiere wurden in den Strudeln an die Oberflache gewühlt.
    Madru folgte dem Lauf des Flusses und kam an eine steinerne Brücke mit drei Bogen. Die Häuser am anderen Ufer sahen wie Festungen aus, aber die Wände hatten Löcher und Spalten, so daß er ins Innere sehen konnte. Hier sah er, wie zwei aufeinander einprügelten, dort wie einer einen Freund von hinten erstach. Da kniete einer vor einer Truhe und zählte Geld, nebenan zwang ein anderer eine Frau, ihm zu Willen zu sein.
    Am Stadttor kam Madru an zwei Scharwächtern mit Hellebarden vorbei. Sie machten keine Anstalten, ihn aufzuhalten. Er trat näher zu ihnen heran, da sah er, daß sie keine Gesichter hatten. Er fragte sie dennoch, wie denn diese Stadt heiße, in die man durch den Torweg gelangte. Da wiesen sie in die Höhe, wo auf einem Steinvorsprung ein rotes Windlicht brannte und darunter erkannte Madru den an den Hinterpfoten aufgehängten Kadaver einer Katze.
    Die Stadt heiße »an der Brücke zum Bösen Geist«, sagte ein Mann, der vorbeikam, und eben da fiel es Madru zum ersten Mal auf, daß die Leute, denen er begegnete, Masken aus Leder trugen, die das ganze Gesicht abdeckten und am Hinterkopf fest verschnürt waren.
    Er lief weiter in die Stadt hinein. Eine taumelnde Schar Menschen kam ihm entgegen. Sie peitschten ihre nackten Oberkörper. Aus den Striemen, die sie sich beigebracht hatten, trat hier und da schon Blut, und sie summten dazu eine unheimliche Melodie. Frauen drängten sich ganz nahe heran und flüsterten ihm lüsterne Aufforderungen zu. Auf den nackten Armen und entblößten Schultern glänzten Mistkäfer und Skarabäen, die sie offenbar als Schmuck trugen. Überall saßen Bettler, aber jeder von ihnen bekam von den Vorübergehenden statt eines Almosens nur einen Fluch oder einen Fußtritt.
    Er betrat eine Schenke. Daß auch hier die Gäste alle Ledermasken trugen, machte ihm Angst. Wenn er zu jemandem hinsah, schlug dieser die Hände vor das Gesicht. Madru hörte, wie er zu weinen begann.
    Der Wirt legte Madru ein Stück schimmeliges Brot hin und schenkte ihm ein Glas Wasser ein. Das Wasser war braun und tote Insekten schwammen darin herum. Als die anderen Gäste merkten, daß Madru sich beschweren wollte, brachen sie nur in ein höhnisches Lachen aus. Er würgte das Brot herunter, weil er großen Hunger hatte. Aber er brachte es einfach nicht über sich, das schmutzige Wasser zu trinken. Zorn kam zu seinem Ekel, als er die anderen lachen hörte, und er nahm das Glas und warf es mit einer wütenden Bewegung zu Boden. Sofort sprangen an allen Tischen Gäste auf. Sie zogen ihre Messer und kamen mit wutverzerrten Gesichtern auf ihn zu. Wohin er auch sah, überall Messerklingen, die sich ihm näherten. Ein Arm schob sich von hinten unter sein Kinn, bog es zurück, und er war sicher, sie würden ihm im nächsten Augenblick die Kehle durchschneiden. Wie sinnlos, dachte er, wozu jemanden töten, da wir doch im Totenland sind. Plötzlich hörte er Schritte von draußen hereinkommen. Der Arm ließ von ihm ab, die Messerklingen zuckten zurück. Scheinbar

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