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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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nicht erkannt hat. Wenn du ihr helfen willst, tust du, was ich dir jetzt sage: In dieser Nacht werden Alissa, Yarduk und die anderen als Aasgeier heimkehren. Die beiden werden aus ihren Federkleidern steigen und wieder zu ihrem Liebeslager gehen. Dann nimm Alissas Federgewand und wirf es in den Kamin. Darauf wird sie sich nicht mehr weiter verwandeln können. Zwing sie, das Kleid aus grobem Leinen, das dort über dem Stuhl hängt, anzuziehen, dann fessele sie mit diesen Ketten, die ich jetzt in deine Hände lege. Draußen vor der Hütte wirst du zwei Esel finden. Setze sie auf den einen, und nimm du den anderen. Die Tiere wissen den Weg.«
    »Welchen Weg?« fragte Madru.
    »Den Weg zu den Herren der Hohen Türme. Nur sie können dir erlauben, Alissa zurückzuholen in eure Welt ... und das willst du doch?«
    »Gewiß«, sagte Madru, »ich habe einen Schwur getan, daß ich sie finden und heimbringen werde, wohne sie nun auf einem Stern oder im rotglühenden Innern der Erde. Wo sind wir hier?«
    Da legte sie, wie das auch Ase getan hatte, den Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf.
    »Dann verrate mir wenigstens, warum hier alle diese Masken tragen«, bat er sie.
    »Von mir hast du genug gehört. Ein jeder sagt nur soviel, wie es zu seinem Besten ist.«
    »Soll ich dir etwas schenken? Soll ich dich belohnen?« fragte er. »Nein, nein,« erwiderte sie, »tu nur das, was ich dir gesagt habe. Das ist für mich Gewinn genug. Denn wenn Alissa fort ist, wird sich Yarduk wieder mir zuwenden. Und vergiß nicht deinen Sack mit der Fiedel und den drei Zauberdingen, denn du wirst all das noch brauchen. «
    Madru wartete also bis zum nächsten Abend. Das Warten wurde ihm lang, aber immer noch war ein bißchen Hoffnung in ihm, von der er zehrte. Es geschah alles so, wie Mola es ihm schon beschrieben hatte: Diesmal kam Alissa mit Aasgeiern zurück, die gravitätisch in der Hütte herumstolzierten, und auch sie trug ein Federkleid. Kaum aber hatte sie es abgelegt, da warf es Madru in den Kamin. Ein grelles Licht zuckte durch den Raum und die anderen Aasgeier flatterten aufgeregt umher. Madru aber kümmerte sich um all das nicht, sondern hieß Alissa das Kleid aus grobem Leinen anziehen, fesselte sie mit den Ketten, hob sie draußen auf den Esel, stieg auf das andere Tier und ritt davon.
    Es ging über Stock und Stein, mal rasch wie der Wind und dann wieder so langsam als ritten sie Schnecken, aber endlich gelangten sie an ein düsteres Schloß, das unter einer hohen Felswand lag. Oben wuchsen, dünn und zerbrechlich, hohe Türme aus Elfenbein in den Himmel, die man selten zu sehen bekam, weil sie meist in den Wolken lagen. Die Türsteher des Schlosses führten Madru und Alissa, die immer noch mit Ketten gefesselt war, in einen großen leeren Saal.
    »Ich will zu den Herren der Hohen Türme«, sagte Madru.
    Da bellten die Türsteher wie Hunde. Das war ihre Art, sich belustigt zu zeigen. Sie erklärten ihm darauf, kein Sterblicher und kein Wesen der Anderswelt habe je den Herren der Hohen Türme von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, aber ihr Blick reiche überallhin, durchdringe und erfülle alles, und nicht nur ihr Blick, auch ihre Ohren seien allgegenwärtig. Er solle nur sprechen.
    »Ihr Herren der Hohen Türme«, sagte Madru, »laßt diese Frau frei. Sie ist meine Geliebte gewesen in einer anderen Welt, und wir sind auf grausame Weise voneinander getrennt worden.«
    Eine Stimme war zu hören. Sie kam von überallher und von nirgendwo und sagte höhnisch: »So haben wir es gewollt. Und nach unserem Willen drehen sich Welt und Gestirne.«
    »Ich bitte Euch, Ihr Herren der Hohen Türme, wenn Ihr so mächtig seid, was kann Euch an einem unscheinbaren, sommersprossigen Wesen liegen?« erwiderte Madru.
    »Du liebst es«, kam die Antwort, »Liebende sind unsere ärgsten Feinde. Was gibst du uns, wenn wir das Mädchen mit dir ziehen lassen?«
    »Ihr seid doch allmächtig«, antwortete Madru, »was könnte ich Euch schon geben?«
    »Du hast allerlei da in deinem Ledersack«, sagte die wie Erz dröhnende Stimme, »unsere Blicke sehen eine Dose mit Feuer, eine kleine Flasche voll Wasser und den Beutel voll Wind. Aber wo ist das Kästchen mit einer Krume Erde?«
    »Ein Kästchen mit einer Krume Erde habe ich nicht.« »Schlecht für dich«, sagte die Stimme, »dann mußt du eine Bedingung erfüllen.«
    »Und welche Bedingung wäre das?«
    »Du gibst uns die drei Zauberdinge, und wir geben Alissa frei. Aber wir warnen dich, sie

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