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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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schwarzen Stab trägt, gibt seine Stimme«, erklärte der Fürst.
    Madru senkte den Kopf. Er versuchte zu hören, ob ihm der Große Wald etwas zuflüstere. Er versuchte sich vorzustellen, wie das Volk entscheiden würde. Endlich blickte er auf und sagte dann laut und deutlich: »Ich stimme gegen die Bestrafung.«
    »Ich … schweren Herzens dafür«, sagte der Fürst.
    »Ich dafür … Unentschieden«, sagte der Erzdruide und warf Madru einen wütenden Blick zu.
    »Dann müssen wir den Großen Wald fragen«, sagte der Fürst, »wie lange braucht Ihr, Guh, um das Orakel auszuführen?« »Gebt uns drei Tage und drei Nächte.«
    Als die Sitzung vorbei war, ging Madru ein Stück mit Ase. Er erkundigte sich nach dem Orakel. Bei einem solch folgenschweren Urteil, hörte er, seien drei Orakel vorgeschrieben. Bei dem ersten würden Enten aufgescheucht, bei dem zweiten Blätter verbrannt, bei dem dritten versetze man Raben mit Hilfe von Moos in einen Rauschzustand und leite aus dem Tonfall ihres Gekrächzes das Urteil ab. Die Antworten der Orakel fielen immer dunkel und vieldeutig aus. Es sei Sache der Druiden, sie auszulegen.
    Und davon hänge nun das Schicksal vieler Menschen ab, sagte Madru wütend.
    Das Orakel riet angeblich, die Söhne des Zaubertrommlers und mit ihnen alle Einwohner ihres Dorfes zu bestrafen. Ohne mit Ase oder sonst jemand noch einmal darüber zu sprechen, kam Madru zu einem Entschluß. Über Mola ließ er Alissa ausrichten, er liebe sie mehr denn je und bitte sie herzlich bei ihrer Liebe, das Dorf durch die Tiere vor der Gefahr, die ihm drohe, warnen zu lassen. Als die Miliz das Dorf umstellte, fand sie alle Behausungen leer. Die Einwohner waren geflohen. Sie hatten sich in dasselbe Versteck geflüchtet, das sie seinerzeit benutzt hatten, als der feiste Ritter von ihren Ältesten die vielen Felle als Tribut forderte. Be-fehlsgemäß brannte die Miliz alle Hütten und Häuser nieder. Die Druiden fanden schnell heraus, durch wen das Dorf gewarnt worden war. Der Haß des Erzdruiden auf Alissa wuchs. Er beauftragte ein Mitglied der Bruderschaft, die astronomischen Berechnungen, auf Grund derer der Sternensohn gefunden worden war, noch einmal zu überprüfen. Vielleicht, daß da ein Fehler gemacht worden sei. Nein, berichtete ihm der Bruder Physikus-Mathematikus, es habe alles seine Richtigkeit, wenigstens, was den Rechnungsgang betreffe.
    Zu einer Korrektur der richtigen Berechnungen mochte sich der Bruder nicht verstehen. Der Erzdruide erwog schon andere Möglichkeiten.
    Unterdessen besuchte Madru das »Haus der Lehren«, an dem einer seiner Lehrer Guh, der Erzdruide, war.
     

ACHTES KAPITEL
    Im Haus der Lehren
    Ein Ketzer, die Macht der Druiden
    Ein Freund

    Am Morgen des Tages nach der Ratssitzung begann der Unterricht im »Haus der Lehren«, einem langgestreckten Bau mit einem Turm in der Mitte, nur einen Steinwurf weit von der Großen Halle, dem Haus des Rates und dem Fürstengehöft entfernt. Madru war zuvor noch beim Schneider und beim Barbier gewesen, die zum Haus des Fürsten gehörten. Sein Schädel war kahlgeschoren. Er trug eine Jacke aus roten und schwarzen Eichhörnchenfellen, Hosen aus gelbem weichen Leder und Halbstiefel, die vorn spitz zuliefen und an denen dort, wo seine große Zehe saß, ein Glöckchen klimperte. Das war die Tracht der Scholaren.
    Die Studienzeit betrug im allgemeinen ein Jahr. Es war üblich, daß der Scholar sich bis zum Fest der Wintersonne für einen der drei Wege entschied. Wer die Schlußprüfung im »Haus der Lehren« erfolgreich abgeschlossen hatte, war Beamter des fürstlichen Hofes und stieg nach einigen Jahren, die er als Steuereinnehmer auf Reisen von Gehöft zu Gehöft, als Förster im Großen Wald, als Zollverwalter in der Hafenstadt oder auf dem Paß in den westlichen Gebirgen verbrachte, zum Vizegouverneur oder zum Gouverneur eines Bezirks auf, sobald eines dieser Ämter frei wurde. Schulen für jedermann gab es in Norrland nicht. Gewöhnlich lernte der Sohn eines Freisassen ein Handwerk oder er erhielt eine Ausbildung für die Jagd, den Fischfang oder die Landwirtschaft, wie sie auf einigen größern Rodungen betrieben wurde.
    Einem jungen Mann von Adel brachten der Vater oder die männlichen Verwandten den Umgang mit Werkzeugen und Waffen, das Jagen und Reiten und das Nötigste in Fragen der Rechtsprechung bei. Ein Schreib-, Lese- und Rechenkurs bei einem Magister, wie Ihn Madru auf der Hofstatt des Jarl besucht hatte, galt schon als Luxus.
    Wenn eine

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