Madru
hat das Spiel nach unserer Zukunft befragt. Jedenfalls werden wir für eine ganze Zeit voneinander getrennt werden. Ich werde viel an dich denken, und du wirst es spüren. Wenn du eine dringende Nachricht für mich hast, gib sie Mola. Meine und ihre Gedanken sind immer miteinander verbunden, und sie wird immer wissen, wo ich bin.«
»Aber du darfst nicht gehen, Alissa«, sagte er hilflos, «ich lasse das nicht zu.«
»Es steht nicht in unserer Macht. Ich habe dich heute einmal gewählt. Wenn ich dich das dritte Mal wähle, werden wir Mann und Frau werden. Auch das hat Mola vorhergesagt. Es ist ein alter Brauch. Niemand vermag etwas dagegen, wenn es so geschieht.« Er sah sie bestürzt an.
»Mach nicht so ein trauriges Gesicht«, schimpfte sie, »hat mir Mo-la nicht ein prächtiges Kleid gezaubert?«
»Ja«, sagte er, »aber es ist gräßlich, daß ich gleich wieder von dir getrennt werden soll, wo wir uns doch gerade erst begegnet sind. Soll sie zaubern, daß wir beieinander bleiben!«
»Sie ist keine sehr gute Zauberin.«
»Wie schade …«
»Lach einmal und dann küß mich. Unsere Zeit ist gleich um. Ich möchte dich lachend in Erinnerung behalten. Und sei nicht zu unwillig, wenn du nachher mit meiner Schwester tanzt.«
Er versuchte zu lachen. Es gelang ihm schlecht. Sie küßten sich, und er wünschte sich, dieser Kuß möge nie aufhören. Er versuchte, sich den Duft, der von ihrem Körper ausging (oder waren es die Blätter und Zweige?) einzuprägen.
Als er die Augen aufschlug, hielt er ihre Schwester Arda im Arm und machte mit ihr Bocksprünge durch die Große Halle. Beides war wohl wahr und wirklich. Arda rief beim Tanzen verzückt und verrückt: »Herrlich … wie gut das tut, einmal so wild zu tanzen!« Madru sah Mola durch das Gedränge der Tanzenden zum Osttor hin fortgehen. Sie hielt das Triangel noch in der einen Hand, aber es versprühte keinen Glanz mehr. Niemand schien darüber verwundert, was eine alte Frau mit einem Triangel hier zu suchen hatte.
Es war Madru, als ob Ase, der immer noch fiedelte, ihm aufmunternd zuzwinkerte. Vielleicht war das nur Einbildung.
Das Fest war noch längst nicht zu Ende. Madru tanzte tapfer mit bis zum Kehraus. Er tanzte wild und verzweifelt, so wie er früher einmal Kassar gespielt hatte, ein Spiel, das es in der Fürstensiedlung nicht gab. Er dachte immer wieder daran, daß Alissa gesagt hatte, sie werde ihn dreimal wählen.
Die Frauen in der Fürstensiedlung sprachen noch lange davon, was für ein herrlicher Tänzer der Sternensohn sei. Man nahm auch das als ein gutes Omen. Keiner konnte sich später daran erinnern, daß er zu Anfang eine Zeit nicht getanzt und darauf verschwunden gewesen war. Auch von dem grellen Glanz wußte niemand etwas.
Nach dem Fest, das bis in die Nacht hinein andauerte, schlief Madru, bis ein Bote ihn weckte. Er hatte den Auftrag, Madru zu einer Ratssitzung zu bringen.
Unterwegs hörte er alle Neuigkeiten. Die Fürstin war mit ihren drei Töchtern am Morgen abgereist. Sie ziehe in ein Haus nicht weit von der Druidenakademie entfernt. Bis dorthin waren es von der Fürstensiedlung an die achtzig Meilen. Zu weit, um in einer Nacht hin- und herzulaufen, dachte Madru. Pferde waren schwer zu beschaffen. Vielleicht im Winter mit einem Hundeschlitten. So weit dachte er schon.
Wie lange die Fürstin dort zu bleiben gedächte, erkundigte er sich. Der Bote wußte nichts Genaues. Die Fürstin wolle an Exerzitien der Druidischen Akademie teilnehmen. Außerdem, setzte der Bote hinzu, verstoße die Anwesenheit der vier Frauen in der Fürstensiedlung gegen die guten Sitten.
»Wieso?«
»Solange Ihr nicht verheiratet seid«, erklärte der Mann, »solltet Ihr Euren drei Schwestern nicht begegnen.«
»Und warum nicht?«
»Keine Ahnung, Herr. Es ist so Sitte.«
Im Rat des Waldes saßen der Fürst, Guh, der Erzdruide, und Ase. Es gab noch zwei weitere Stühle, einen, der symbolisch die Anwesenheit des Großen Waldes ausdrückte, den fünften für Madru, dem Bator einen schwarzen Stab als Zeichen seiner neuen Würde überreichte.
Beraten wurde über das Massaker an den Schwarzen Seen. Die Meinungen waren geteilt. Guh plädierte für eine drakonische Strafe. Ase meinte, die armen Teufel seien mit aller Angst, die sie ausgestanden hätten, schon genug gestraft.
Es wurde abgestimmt. Ase stimmte gegen eine Bestrafung. »Und der Sternensohn?« fragte der Fürst.
»Muß ich denn auch schon mitstimmen?« fragte Madru erschrocken.
»Wer einen
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