Madru
schleppten, knuspriges Stangenweißbrot, mit Kräutern und Salz bestreut, wie es nur zu den großen Festen gebacken wurde, weil Weizenmehl sehr rar war in Norrland. Schließlich folgten Männer in Le-derschürzen und grünem Kopfschmuck, von denen jeder ein Faß von beträchtlicher Größe den Mittelgang entlang rollte.
Alle Speisen und Getränke wurden zunächst vorn auf dem Tanzplatz abgestellt und dann begann das Bedienen und Vorlegen. Die Fässer enthielten ein schweres, süffiges Bier oder herben, mit Harz gewürzten Wein, der von jenseits des Kleinen Meeres eingeführt wurde. Wer aber weder Bier noch Wein mochte - beide galten als fremdländische Getränke, auf die die Freisassen nicht besonders scharf waren -, der ließ sich Apfelwein einschenken oder sprach dem Met zu. Ob nun Fleisch, Fisch, Brot, Käse, Wein, Met oder Apfelwein - alles war an diesem Tag im Überfluß da. Während es sonst in Norrland üblich war, sich nie völlig satt zu essen, hielt sich an einem solchen Festtag niemand an dieses Gebot, sondern jeder gab sich uneingeschränkt seinen Gelüsten hin.
Ehe aber die Jäger und Netzewerfer, die Fleischhauer, die Forellenräucherer, die Aschepuster und Spießdreher, die Metpanscher und Apfelpressendreher, die Teigkneter und In-den-Backofen-Schieber, die Scharfwürzer und Kroßbrater, die Faßroller und Kannenschwenker mit dem Austeilen, Vorlegen und Einschenken begannen, brachten sie von jeder Speise und jedem Getränk etwas zum Fürsten des Waldes, damit dieser es mit seinem Schwert berühre. Dann übernahmen Läufer, die schon bereitstanden, die Platten mit den Kostproben, liefen damit aus der Großen Halle fort, bis in den Bannwald, der ja gar nicht weit davon aufwuchs, damit auch ihm der Gaumen gekitzelt werde, sich sein Magen fülle, es auch ihm wohl werde unter der Borke, wie den Gästen nachdem sie mit Essen und Trinken begonnen hatten.
Während sie noch schmatzten und schluckten, hörte man die ersten Rufe, die Fiedler sollten aufspielen.
»Einen Dreher zuerst!«
»Nein, eine Polska.«
Es waren wohl an die hundert Spielleute im Saal. Man erkannte sie an ihren weißen Strümpfen und schwarzen Schlapphüten, die neben ihren Gedecken auf den langen Tischen lagen, an den roten Westen, die in der Reihe der Tafelnden aufleuchteten. Und natürlich erkannte man sie auch an ihren Instrumenten auf dem Rükken. Noch rührte sich keiner der Fiedler, denn noch waren die Läufer nicht zurück. Madru schien es, als ob alle auf etwas warteten, das zum Fest fehlte.
Als die Läufer endlich hereinpreschten, ging ein Raunen durch die Menge. Auf ihren silbernen Tabletts trugen sie ein rötlich schimmerndes Moos, leicht und luftig, so daß sie es mit der einen Hand festhalten mußten, damit es ihnen nicht davonwehte. Sie beeilten sich, vor den Fürsten zu kommen, und einer rief, hier sende der Wald seinen Dank. Der Fürst berührte das Moos auf den Tabletts mit den Fingerspitzen und Madru sah, wie jeder an der Fürstentafel sich nun mit dem Moos bediente, etwas davon zwischen den Fingern zusammendrehte und es sich dann in die Nasenlöcher stopfte.
Madru war zuerst durchaus nicht bereit, es den anderen nachzumachen, aber Ase, der zu seiner Rechten saß, forderte ihn auf, nur zuzugreifen. Das Moos habe eine sehr angenehme Wirkung. Madru stopfte sich also eine kleine Portion in die Nase. Der Geruch war dem von Thymian nicht unähnlich, nur kräftiger und frischer. Und sobald man den Geruch eingeatmet hatte, vergaß man sofort alles, was einen bisher bekümmert hatte. Die schlimmsten Sorgen kamen einem einfach lächerlich vor. Auch das Völlegefühl von dem üppigen Mahl war wie weggeblasen.
Jetzt fingen auch die Spielleute an, ihre Instrumente zu stimmen. Sein Versprechen, den ersten Tanz mit Alissa zu tanzen, fiel Madru wieder ein. Er wandte sich an Ase und fragte: »Willst du nicht für uns aufspielen?«
»Wenn es der Sternensohn befiehlt«, sagte Ase lächelnd mit einer leichten Verbeugung, schob den Ledersack, der sein Instrument enthielt, nach vorn, klemmte seine Fiedel unter das Kinn und stimmte sie.
An allen Tischen unten im Saal waren die Spielleute jetzt aufgesprungen. Sie waren an die Tanzfläche getreten oder standen auf Tisch und Bänken. Madru folgte Ase, als dieser zu einer Gruppe von Fiedlern im Saal ging. Die Männer klopften mit ihren Bögen auf ihre Instrumente. An ihren Blicken erkannte Madru, daß Ase der Meister unter allen Fiedlern, sein Instrument das Beste unter allen Fiedeln sein
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