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Maechtiger Samstag

Maechtiger Samstag

Titel: Maechtiger Samstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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aber der Bürger mit dem Scheitelkäppchen verbeugte sich und zog sich zurück.
    Scamandros kniete sich neben den Koffer und wischte mit einem roten Samttuch weg, was Mister Skerrikim auf Marsons Stirn geschrieben hatte, nahm sein eigenes Fläschchen Aktivtinte und einen Pfauenfederhalter heraus und schrieb etwas anderes darauf.

    »Tretet zur Seite!«, wies Scamandros einige Offiziere an. »Das Bild wird dort entstehen, wo Ihr steht. Ich hoffe, du hast keine Schmerzen, Marson?«
    »Kein bisschen«, berichtete Marson. »Bis auf’n Jucken in dem Fuß, den ich nich mehr hab.«
    »Ausgezeichnet!«, meinte Doktor Scamandros. »Mach die Augen ein bisschen weiter auf … noch eine Idee mehr … sehr gut … so lassen … jetzt nur noch die Streichhölzer hierhin, und schon können wir anfangen.«
    Der Zauberer trat einen Schritt zurück und sagte ein Wort. Fast konnte Arthur die Buchstaben sehen, konnte erkennen, wie sich die Luft von Scamandros’ Mund wegkräuselte, als er sprach. Er spürte die Macht des Zaubers als Kribbeln in seinen Gelenken und ahnte vage, dass er einmal vor langer Zeit stattdessen Schmerzen empfunden hätte. Jetzt hingegen war sein Körper an Zauberei und Macht gewöhnt.
    Zwei winzige Lichtpunkte erschienen in Marsons von den Streichhölzern aufgehaltenen Augen und wurden langsam größer, bis unvermittelt zwei grelle Strahlen herausschossen, die sich spreizten und bunter wurden und wirr herumtanzten, als ob ein wahnsinniger Künstler mit Lichtstreifen malte.
    In der Luft neben dem Tisch entstand ein Bild, das von Marsons Augen projiziert wurde. Die großflächige filmische Aufnahme von etwa dreieinhalb Meter Breite und zweieinhalb Meter Höhe zeigte den Boden der Grube in den Fernen Weiten, dem gewaltigen tiefen Loch, das Grimmiger Dienstag gegraben hatte, um immer mehr Nichts zu schürfen, ohne Rücksicht darauf, wie sehr dies das Haus in seinen Grundfesten schwächte.
    Arthur beugte sich vor und betrachtete gespannt die Szenerie. Obwohl das, was er gleich sehen würde, sich bereits ereignet hatte, war er so nervös, als wäre er selbst am Ort des Geschehens …

KAPITEL SECHS

    D
    ie Erinnerung ist verschwommen«, sagte Dame Primus. »Wir hätten es Mister Skerrikim machen lassen sollen.«
    »Nur eine Frage der Scharfeinstellung, Mylady«, erwiderte Scamandros. Er beugte sich herab und adjustierte Marsons Augenlider, wobei die Schatten seiner Finger wie große, dunkle Bäume über das Bild wanderten. »Schon haben wir’s!«
    Das Bild wurde scharf, und auch der Ton stellte sich ein. Sie sahen, was Marson gesehen hatte. Der Bürger schaute aus der Tür seines Aufzugs heraus. Sein Finger schwebte über einem der Bronzeknöpfe, die ihn nach oben befördern würden. Jenseits der Tür lag eine Ebene voller Trümmer, hier und da erhellt von einer Öllampe, die an einem Eisenpfosten hing. Etwa fünfzig Meter weiter weg hatte sich eine Schar Bürgerinnen und Bürger am Fuß einer gewaltigen Mauer versammelt, einer enormen Fläche aus hellgrauem Beton, aus der in regelmäßigen Abständen schimmernde Eisenstäbe ragten.
    »He, das ist ja der Teil, den ich repariert habe!«, rief Arthur aus. »Mit immateriell armiertem Beton!«
    Die Bürger schienen irgendetwas zu betrachten. Auf einmal wichen sie zurück, und einer drehte sich um und rief jemandem zu, der nicht zu sehen war: »Sir! Hier ist ein merkwürdiger Bohrer! Er bohrt von ganz allein ein Loch! Es ist –«
    Ein plötzlicher, lautloser Sprühregen, der aus dem Fuß der Mauer schoss, schnitt ihm das Wort ab. Er erfasste sämtliche Bürger und löste sie augenblicklich auf. Dann strömte noch mehr Nichts durch die Wand, und ein schreckliches Rumpeln war zu hören. In der Mauersohle bildeten sich Risse, die sich in Windeseile zur Mauerkrone hin ausdehnten und aus denen dunkles Nichts hervorsprudelte.
    Eine Glocke schrillte, und eine Dampfpfeife gab grelle Töne von sich.
    Marson drückte heftig auf einen Knopf. Die Türen begannen sich zu schließen, während eine Welle Nichts direkt auf den Aufzug zurollte. Marsons Stimme kam durch, laut und eigenartig, weil man sie wie er durch seine Ohren hörte.
    »Nein, nein, nein!«
    Panisch hämmerte er mit den Fäusten auf die Bronzeknöpfe des Aufzugs ein. Die Türen schlössen sich, der Fahrstuhl schoss wie eine Rakete nach oben. Hektisch durchwühlte Marson seine Rocktasche und förderte einen Schlüssel zutage, mit dem er eine kleine Klappe unter dem Tastenfeld öffnete. Dahinter befand sich ein roter

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