Mädchen im Schnee
schleierhaft, wie sie etwas essen sollte.
»Wie lief es auf dem Wohnungsamt?«
Petra berichtete von dem unvollständigen Mietvertrag und der Miete, die immer anonym bezahlt worden war.
»Kennst du Thorbjörn Hermansson?«, fragte sie, holte ihr Essen aus der Mikrowelle und drückte die Tür zu. »Das ist der Typ, der da arbeitet.«
Munther kniff die Augen zusammen und dachte nach.
»Thorbjörn Hermansson. Der Name kommt mir bekannt vor, aber mir fällt kein Gesicht dazu ein.«
Petra setzte sich Munther gegenüber. Von dem Currygeruch wurde ihr übel, aber sie beschloss, einen Versuch zu wagen und pikste ein Stück Hühnerfleisch auf die Gabel.
»Mit dem stimmt irgendwas nicht«, sagte sie. »Zuerst ähnelte er einem Charakter aus einem Martin-Beck-Film, ein einsamer Typ, der am Anfang des Films mit einem kleinen Hund unter einer Straßenlaterne steht und so verdächtig wirkt, dass man sofort denkt, er wäre der Mörder. Und dann war er total verzweifelt, als ich darauf hingewiesen habe, dass in dem Vertrag die Personennummer fehlt.«
Petra legte die Gabel beiseite. Ihr brach der Schweiß aus.
»Das klingt tatsächlich merkwürdig«, sagte Munther. »Wie geht es dir? Du siehst blass aus.«
»Ehrlich? Na ja, wie auch immer, ich glaube nicht, dass es da eine Spur gibt, die uns weiterbringt.« Petra nahm eine Serviette aus der Pappschachtel und wischte sich rasch den Mund ab. »Leider.«
»Das ist bedauerlich. Dann müssen wir mit dem Bordell noch zuwarten und uns auf die Mordermittlungen konzentrieren.« Munther wirkte erleichtert. Wahrscheinlich befürchtet er, dass seine Leute nicht beides schaffen, dachte Petra. »Aber wenn du dich nicht gut fühlst, geh nach Hause und ruh dich aus.«
»Ich komme schon klar«, sagte Petra und schluckte.
Magdalena blickte mit zusammengekniffenen Augen auf den Bildschirm und las sich ihren Text über die allgemeine Besorgnis der Menschen von Gustavsfors durch. Ach, was für ein oberflächliches Geschwafel, dachte sie und verschob den Artikel in den Nachrichtenordner.
Dann machte sie ein neues Dokument auf, um den Artikel über die Pressekonferenz zu schreiben. Wie sollte sie anfangen? Welches war die richtige Perspektive? Sie blätterte ihre Notizen durch, musste aber feststellen, dass sie überhaupt keine stichhaltigen Informationen aufgeschrieben hatte. Außer, dass die Polizei verwirrt war, und das konnte man wohl kaum für eine Nachricht verwerten.
Sie warf einen Blick auf die Uhr. Es war schon zehn vor fünf, sie würde den Artikel zu Hause schreiben müssen. Also nahm sie den Hörer ab und rief Sven Munther an.
»Da haben Sie aber Glück, ich wollte eben nach Hause gehen«, sagte Munther. »Wie geht es Ihnen? Wilander hat uns von der SMS erzählt.«
»Es geht.«
»Passen Sie auf sich auf. Mit solchen Typen ist nicht zu spaßen.«
»Wenn Sie nur diese Schweine erwischen und sich um die Mädchen kümmern, die sie in ihrer Gewalt haben, dann passe ich schon auf mich auf.«
Munther brummte zustimmend.
»Aber deshalb rufe ich nicht an«, fuhr Magdalena fort. »Ich würde gerne genauer wissen, was Hedda Losjö zugestoßen ist.«
»Das habe ich mir fast gedacht. Aber wie ich schon heute Morgen gesagt habe, wissen wir fast nichts.«
»Hieß es nicht, dass ein Tier die Leiche angefressen habe?«
»Genau. Aber ich finde, ehrlich gesagt, dass Sie das mit Rücksicht auf die Eltern nicht schreiben soll …«
Munther verstummte plötzlich, Papier raschelte, und ein undeutliches »Vielen Dank« war zu hören.
»Sind Sie noch dran?«, fragte er.
»Klar.«
»Jetzt raten Sie mal, was ich hier gerade reingereicht bekommen habe. Einen vorläufigen Bericht von der Gerichtsmedizin in Linköping.«
Magdalena hielt den Atem an und wartete.
»Das Mädchen ist offensichtlich erdrosselt worden.«
»Erdrosselt?«
»Ja, anscheinend. Aber mehr kann ich jetzt nicht sagen. Wir müssen das in Ruhe durchgehen und dann sehen, wie wir weitermachen.«
»Was glauben Sie denn spontan? Denken Sie, dass es sich um denselben Täter handelt?«
»Spontaneität gehört nicht zu meinen starken Seiten. Deshalb kann ich das nicht weiter kommentieren. Und noch etwas: Es wäre mir sehr recht, wenn ich anonym bleiben kann, zumindest in der Ausgabe von morgen.«
Nils tauchte prustend aus einer Badeschaumwolke auf, seine schwarzen Haare klebten am Kopf, und das Wasser lief ihm in Rinnsalen übers Gesicht.
»Wie viele Sekunden?«, keuchte er und wischte sich mit den Händen den Schaum aus dem
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