Mädchen im Schnee
sich anzuziehen und ihre Habe in einer Plastiktüte zu verstauen.
Was war hier los? Wohin wurden sie jetzt gebracht?
Sonya schlüpfte in ihre Hose, als Sergej die Tür öffnete und ihre Schuhe und Jacken auf den Boden pfefferte.
Ana, wie wirst du mich jetzt finden?
Der Parkplatz vor dem Abbortorpsvägen war völlig leer, als Petra Wilander, Sven Munther, Urban Bratt und Folke Natt och Dag an der Längsseite des Hauses entlangeilten. Um von den Fenstern der Nummer 12 aus nicht gesehen zu werden, hatten sie ihre Wagen einige hundert Meter entfernt abgestellt.
»Da oben ist es«, sagte Petra und zeigte hinauf.
»Das ist doch wirklich ein netter Ort hier«, meinte Folke.
So leise sie konnten, schlichen sie durch die Tür und dann weiter die Treppe hinauf. Im zweiten Stock drückte Petra auf die Klingel. Nichts geschah. Sie klingelte wieder, lange. Immer noch keine Reaktion. Kein Laut war aus der Wohnung zu hören.
»Hier spricht die Polizei!«, rief Munther. »Öffnen Sie die Tür!«
Es blieb still.
»Dann müssen wir uns wohl selbst Zutritt verschaffen«, sagte er.
Das Holz splitterte, als Urban routiniert die Tür aufbrach und weit öffnete.
21
»Verdammt«, fluchte Petra und ging in der kahlen Dreizimmerwohnung von Zimmer zu Zimmer.
Im Wohnzimmer gab es ein altes Cordsofa und zwei Fichtenholzbetten, ein kleiner Fernsehapparat stand auf einer umgedrehten Getränkekiste aus rotem Plastik, im nächsten Zimmer standen zwei weitere Fichtenholzbetten desselben Modells. Zwei gestreifte Matratzen lagen auf dem Boden. In dem dritten, schmalen Zimmer gab es nur ein Bett ohne Bettzeug und einen kleinen, schwarzen Tisch mit einer Rolle Haushaltspapier.
Petra sah unter die Betten und machte die Tür zum Badezimmer auf, aber es war kein Mensch in der Wohnung.
»Wir müssen sie knapp verpasst haben«, sagte Munther aus der Küche. »Die Kaffeekanne ist noch warm.«
»Kommt mal her«, sagte Folke und hielt eine Plastiktüte auf.
In der Tüte lagen eine schwarze Lederpeitsche und zwei Dildos.
»Die lag ganz hinten im Schrank«, erklärte er.
»Ja, es besteht wohl kein Zweifel, was hier vor sich gegangen ist«, meinte Munther. »Ich rufe gleich die Technik an, dann kriegen wir Fingerabdrücke. Die sollen so viele Spuren sammeln, wie es geht. Und wir müssen herausfinden, wer diese Wohnung mietet. Wer ist G. Lind?«
Petra lehnte sich an die Wand und seufzte.
»Wo sind sie bloß hin? Und wer hat sie gewarnt? Das kann doch kein Zufall sein, dass sie abgehauen sind, kurz bevor wir hier auftauchen.«
»Ja, willkommen zu dieser kleinen Pressekonferenz«, sagte Sven Munther und ließ den Blick über die Journalisten schweifen, die sich um den Konferenztisch drängten. »Ich habe zwar nicht viel zu bieten, heiße Sie aber herzlich willkommen.«
Magdalena hatte sich zwischen einer Journalistin von einer Abendzeitung und einem Reporter von TV 4 niedergelassen. Linus Saxberg hatte in gebührendem Abstand schräg gegenüber Platz genommen.
»Es sind also in der Nähe von Gustavsfors zwei halbwüchsige Mädchen tot aufgefunden worden«, fuhr Munther fort. »Weil wir im zweiten Fall noch keinen Obduktionsbericht vorliegen haben, ist es schwierig, Genaueres dazu zu sagen. Deshalb ist es einfacher, wenn Sie Fragen stellen, und ich versuche, nach bestem Wissen und Gewissen zu antworten.«
Die Journalistin von der Abendzeitung meldete sich.
»Haben Sie den Verdacht, dass wir es mit einem Serienmörder zu tun haben?«
»Auf den ersten Blick sind diese beiden Mordfälle sehr unterschiedlich«, antwortete Munther. »Die einzigen Gemeinsamkeiten sind das Alter der Mädchen und der Ort, an dem sie gefunden wurden. Wir wissen noch nicht, ob Hedda Losjö, die gestern gefunden wurde, eines natürlichen Todes gestorben ist.«
»Das erste Mädchen ist sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen«, sagte Linus Saxberg. »Ist das auch bei Hedda Losjö der Fall?«
»Das zu beantworten, ist mir heute völlig unmöglich.«
»Gibt es etwas, das darauf hinweist, dass es so gewesen sein könnte?«, fuhr Saxberg fort.
»Nein.«
Magdalena räusperte sich, ehe der Kollege die nächste Frage stellen konnte.
»Gibt es schon einen Verdächtigen?«, fragte sie.
»Wir haben einen Verdächtigen, zumindest was den Fall Hedda Losjö angeht.«
Die anderen Journalisten erwachten zum Leben.
»Um wen handelt es sich?«, fragte Linus Saxberg.
»Das kann ich leider nicht sagen.«
»Und auf welche Indizien stützen Sie Ihren Verdacht?«, fragte die
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