Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
die Lichter an. Mitch wandte sich Neil zu. »Ich dachte, du hättest die Durchsuchung abgeblasen?«, fragte er.
»Ups, das muss ich wohl vergessen haben«, antwortete Neil schulterzuckend.
Zehn Minuten vergingen, dann trafen weitere Einsatzkräfte und etliche FBI-Agenten ein. Flutlichter wurden aufgestellt. Neil hockte im Heck eines Rettungswagens und ließ sich den Kratzer an seiner Schulter verarzten. Ein Agent mit Handschuhen und einer Gesichtsmaske hatte das Säurefläschchen aus der Hutschachtel genommen, es verschlossen und sorgfältig verstaut. Er war umringt von Beamten, die alle ungläubig auf die zerstörte Perücke starrten.
Mia saß mit Handschellen gefesselt auf einer der Spielplatzschaukeln und wurde von nicht weniger als vier Polizisten bewacht.
Dani hörte, wie sie Marshalls Namen rief, und sah zum Haus der Ketterings hinüber.
Marshall kam das Ufer entlanggelaufen.
»Wo ist meine Frau, wo ist Mia?«, rief er. Er schien unter Schock zu stehen.
»Wir haben sie festgenommen, Dr. Kettering«, sagte Tift, der ebenfalls an den Einsatzort gekommen war. »Sie ist hier drüben. Wir müssen aber erst mit Ihnen sprechen.«
Dani wurde eiskalt ums Herz. Sie ging zu Mia hinüber.
»Du hast versucht, deinem Mann die Schuld für alles in die Schuhe zu schieben«, sagte sie und konnte das wahre Ausmaß von Mias Bösartigkeit kaum fassen. »Sieh doch, wie sehr dieser Mann dich liebt. Und du hättest zugelassen, dass er für die Ermordung der Mädchen bestraft wird.« Dani konnte Mias Anblick nicht mehr länger ertragen. Sie beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: »Kristina hätte dir das nie verziehen. Sie hätte die Perücke nie im Leben aufsetzen können. Und weißt du auch, warum? Ich werde es dir sagen. Das vierte Mädchen, das du umgebracht hast, Rosie McNamara, sie war –«
»Mia!«, rief Marshall und taumelte in Flints Begleitung auf sie zu, ein gebrochener Mann mit einem gebrochenen Herzen. »Ich muss sie sehen. Nur eine Minute, bevor ihr sie mir wegnehmt. Ich will sie sehen.«
Flint warf Dani einen Blick zu, die mit den Schultern zuckte und zu Mitch ging. Sie beobachteten, wie Kettering vor seiner Frau stehen blieb. Mia blickte zu ihm hoch, aber ihr Blick war ausdruckslos. So war es, seit sie die zerstörte Perücke gesehen hatte.
»Darling.« Marshalls schmerzerstickte Stimme schnitt Dani durchs Herz. »Komm her.«
Er zog Mia an den Ellbogen hoch, und sie lehnte sich an ihn, die Hände im Rücken mit Handschellen gefesselt. Eine ganze Weile lang hielt Marshall sie einfach fest und weinte still in ihr Haar.
Flint ging zu Dani.
»Ehrlich, ich hätte schwören können, dass er alles wusste«, wisperte er Dani zu, während sie Marshall und seine Frau beobachteten. »Er sagte, sie hätte ihre Tochter treffen und ihr ein ganz besonderes Geschenk machen wollen. Er war es auch, der das Treffen arrangiert hat. Dann hat Kettering von Rose McNamaras Ermordung gehört, sagte aber, er habe nicht gewusst, dass sie es gewesen ist.«
»Glauben Sie ihm?«, fragte Mitch.
Flint seufzte. »Na ja, er ist doch völlig am Boden zerstört. Wir werden wohl die Aussage seiner Frau abwarten müssen.«
Dani schüttelte den Kopf. Da fiel ihr auf, dass Marshall eine Hand in der Manteltasche vergrub und sie zwischen sich und Mia schob.
»Nein!«, rief sie alarmiert und rannte auf das Paar zu. Aber zu spät. Mia Kettering zuckte hoch und fiel eine Sekunde später zu Boden.
Polizisten umringten Marshall, der die Waffe hatte fallen lassen. Ein roter Fleck breitete sich rasch in Brusthöhe auf Mias Mantel aus. »Ich konnte nicht zulassen, dass sie die Wahrheit erfährt«, schluchzte Marshall. »Dass sie es war, die Kristina getötet hat.«
56
M itch nahm den Schlüssel, um in Danis Haus zu gelangen, und trug einen großen, verpackten Rahmen hinein. Das Wohnzimmer war leer – die zerstörte Einrichtung verschwunden, und Dani überlegte bereits, sich etwas Neues zuzulegen. Sie war im Moment noch nicht bereit, wieder einzuziehen, aber das würde nicht mehr lange dauern. Mitch hatte gemischte Gefühle, was das anging. Er hätte es gern gehabt, dass sie ihn an seiner Seite wissen wollte.
Er entdeckte an der kahlen Wohnzimmerwand einen Bilderhaken und hängte den Rahmen daran auf, ließ ihn jedoch noch eingewickelt. Dann machte er sich auf die Suche nach Dani.
Sie saß, Runt neben sich, auf dem Boden im Schlafzimmer ihres Vaters, umgeben von seinen Habseligkeiten. Ein Foto von ihm und ein Umschlag lagen in ihrem
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