Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
Mitch, ich würde ihr doch nie ein Haar krümmen. Obwohl, vielleicht tue ich genau das.«
Mitch ballte die Fäuste, als seine Hilflosigkeit in Wellen über ihm zusammenschlug. »Ich bringe dich um –«
»Jetzt übertreib nicht. Wir treffen uns auf dem Spielplatz am südlichen Seeufer.«
Mitch schloss die Augen. Der See. Menschenleer in der Nacht. Auf dem Rasen vor dem südlichen Ufer würde sich kein Polizist unbemerkt verstecken können. »Die Polizei weiß, dass du es bist, Mia. Es ist sinnlos, jetzt noch weiterzumachen. Sie holen sich gerade den Durchsuchungsbeschluss für euer Haus.«
Ihre Stimme war kalt wie Eis. »Nun, wenn du Dani jemals wieder lebend sehen willst, dann solltest du sie lieber aufhalten. Keine Polizei, Mitch. Und auch kein FBI. Komm allein her. Ich befinde mich im dritten Stock meines Hauses, auf dem Dachboden. Von hier aus kann ich dich sehen. Sollte ich feststellen, dass jemand bei dir ist, weiß ich, dass das Spiel für mich aus ist. Und glaub mir, Dani wird dann als Erste sterben.«
Mia beendete das Gespräch und sah Dani an, die am liebsten geschrien hätte, dass sie warten solle, was auch immer sie jetzt vorhatte.
Mia legte den Kopf schief. »Ich habe nicht viel Zeit«, bemerkte sie. »Du wirst mir helfen müssen, damit sie fertig wird.«
»Was fertig wird?«, krächzte Dani.
Mia trat an die Arbeitsplatte und griff nach einem Tuch, das über einem Gegenstand von der Größe eines Basketballs lag. Sie zog das Tuch fort. Dani keuchte auf. Eine Perücke auf einem Perückenkopf. Sie blinzelte und verstand nicht, was das zu bedeuten hatte. Mia schob die Perücke näher ins Licht, dann hob sie die Arme und zog die Nadeln aus ihrem Haar, bis es ihr auf die Schultern fiel.
Dani würgte. Mias Frisur glich exakt der Perücke.
»Sie ist ein Geschenk für Kristina«, sagte sie. »Ich habe sie selbst gemacht.«
Kristina? Aber Kristina war tot. Sie war von den McNamaras adoptiert und auf den Namen Rosie getauft worden. Dann …
O Gott. Mia hatte keine Ahnung. Sie wusste nicht, dass Rosie und Kristina ein und dieselbe Person waren. Dani öffnete den Mund, um Mia mit der Wahrheit zu konfrontieren, überlegte es sich dann aber anders. Ein Geschenk für Kristina … du wirst mir helfen, damit sie fertig wird …
Lass sie es nicht wissen. Was immer Mia von Dani wollte, es hatte etwas mit dem Geschenk für Kristina zu tun. Wenn Mia aber herausfand, dass Kristina tot war – von ihr selbst umgebracht –, dann hatte sie nichts mehr zu verlieren. Dani wäre völlig unwichtig.
»Zeig sie mir«, bat Dani und hätte sich wegen der Heuchelei fast übergeben.
Mia trug die Perücke zu ihr. »Das meiste ist von mir«, sagte sie und fuhr sich mit der Hand über ihre Haare, bevor sie die Finger durch das Haar der Perücke gleiten ließ. »Das hier ist von Heather Whyte.« Dann zeigte sie Dani eine dicke Strähne in kräftigerem Orange, die eindeutig geglättet worden war. »Rolinda Sills.« Weitere Strähnen fanden ihre Erklärung. »Jill Donnelly. Rose McNamara. Alicia Woodruff.« Dann deutete Mia auf eine Stelle der Perücke, die noch etwas spärlich bestückt war, und trat zu Dani. Sie fuhr ihr mit den Fingern durchs Haar und wog es prüfend in der Hand.
»Und Dani Cole«, ergänzte sie schließlich.
Mitch legte auf, und sofort fragte Neil: »Was hat sie gesagt? Was will sie?«
Mitch verließ den Keller in Richtung Gästeapartment, Neil an seiner Seite und Terence schweigend hinter ihnen. »Wir dürfen auf keinen Fall die Polizei einschalten.«
»Ich bin nicht die Polizei.«
»Sie will, dass ich allein komme. Nur ich. Wenn sie sieht, dass irgendjemand bei mir ist, wird Dani sterben.«
Neil packte seinen Bruder an den Aufschlägen seines Smokingjacketts. »Das ist doch bloß heiße Luft! Was will sie wirklich? Dani passt nicht ins Muster. Mia wird sie nicht umbringen wie die anderen, das darfst du ihr nicht glauben.«
Mitch befreite sich aus Neils Griff und eilte die Treppe hinauf, drei Stufen auf einmal nehmend. »Stopp den Durchsuchungsbeschluss. Lass niemanden von der Polizei in die Nähe ihres Hauses kommen.«
»Kommt nicht in Frage. Wir werden das ganze Gebiet umstellen.«
»Verdammt, Neil, nein! Sie will einen Tauschhandel. Ich soll ihr die Fotos geben. Die verdammten Fotos von Russell. Ich habe sie im Glauben gelassen, dass ich sie besitze, aber das stimmt nicht.« Im Apartment angekommen, begann er, wahllos Sicherungs-CDs, Negative, Speicherkarten und Filme in eine schwarze
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