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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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Generalschlüssel, über den alle österreichischen Polizisten verfügten.
    Belonoz begann zu flüstern. »Ich gehe als Erster. Nika, du folgst mir.«
    »Und ich?«, fragte Lily.
    »Haben Sie Angst?«
    »Fast gar nicht«, sagte Lily leise und nestelte einen Gegenstand aus ihrem Hosenbund.
    Belonoz starrte sie an. »Was ist das?«
    »Die alte Beretta meines Vaters. In Teufels Küche bin ich ohnehin schon …«
    »Und seit wann tragen Sie die bei sich?«
    »Seit letzter Woche.«
    »Können Sie damit umgehen?«
    »In New York habe ich am Schießstand geübt. Aber mit einer Glock.«
    »Dann vergessen Sie nicht auf das Entsichern. Falls es nötig sein sollte.«
    Sehr leise drang Belonoz in den dritten Stock des alten Hauses in der Breiten Gasse vor. Stumm registrierte er das gebrochene Siegel.
    Mit größter Vorsicht begann er, leicht an der Tür zu rütteln. Die wollte allerdings nicht aufgehen.
    Plötzlich sprang der Major drei Schritte zurück. Er zielte und feuerte drei Schüsse auf das Türschloss ab. Gleich darauf trat er mit dem rechten Fuß gegen die Tür, die sofort nachgab.
    Die ehemalige Wohnung von Selma Jordis war komplett abgedunkelt. Dennoch konnte Lily die nackte junge Frau erkennen.
    »Herzlich willkommen«, grüßte somnambul lächelnd Lavinia Saborsky. Sie wankte, als befände sie sich in einem Fiebertraum, und hielt ein blutverschmiertes Küchenmesser in der Hand.
    »Wo ist Gaby Koch?«, schrie Lily gellend und entsicherte die Beretta.
    Belonoz rannte auf Lavinia zu, packte sie und entwand ihr rasch das Messer. Nachdem er sie zu Boden geworfen hatte, drang er weiter vor. Nika schmiss sich auf Lavinia.
    Unmittelbar danach hörte man Belonoz brüllen. »Hier ist sie. Um Gottes willen, schnell …«
    Lily lief zum Major. Im Schlafzimmer sah sie, was vorgefallen war.
    Auf dem Bett lag eine gleichfalls unbekleidete, an Händen und Füßen gefesselte Gaby Koch. Aus ihren Handgelenken floss Blut, der Atem war schwach.
    *
    »Es haben nur ein paar Minuten gefehlt«, sagte Belonoz.
    Kovacs hatte Kaffee serviert. Gierig hatten Lily und der Major getrunken. Zunächst schweigend. Um für sich zu verarbeiten, was geschehen war. Doch die Szenen, die sich vor ihren Augen abgespielt hatten, waren nicht so leicht zu verdrängen.
    Lily sah Belonoz an. »Das hat auch der Arzt gemeint. Das gibt einem zu denken. Der Zufall entscheidet über Leben und Sterben. Oder das Karma, wer weiß.«
    »Hätten wir das Eintreffen der WEGA abgewartet, wäre Gaby Koch jetzt tot. Sie haben die richtige Entscheidung getroffen. Ich erwarte jetzt von Ihnen, dass Sie ein bisschen stolz auf Ihre Intuition sind, Frau Doktor.«
    Sie schwieg so lange, bis sie die richtigen Worte gefunden hatte. »Die Geschichte der Saborskys wirkt auf mich, als wäre von Anfang an alles auf ein übles Ende zugesteuert. Lavinia war wie ein böser Geist. Das Glück von Menschen in ihrem Umfeld hat sie nicht ertragen. Und es deshalb torpediert. Tom hat seine Karriere eingebüßt und schließlich seine große Liebe verloren. Nicole ist von ihrer eigenen Schwester betrogen und zur Mordverdächtigen gestempelt worden. Selma Jordis ist gestorben. Und Gaby Koch wäre es beinahe ähnlich ergangen.«
    »Wann wollen Sie Lavinia befragen?«
    »Die steht noch unter dem Einfluss der Drogen, die sie genommen hat. Frühestens morgen wird es so weit sein. Erfreulicherweise besitzt sie als Mörderin nicht so viel Talent wie als Schauspielerin. Aber … einige Zeit hat sie uns zum Narren gehalten.«
    »Weshalb hat sie Gaby Koch unter Drogen gesetzt?«
    »Wahrscheinlich sollte es wie ein Selbstmord aussehen. Vielleicht hat sie tatsächlich geglaubt, auch damit durchzukommen. Zum Glück für Gaby Koch hat Lavinia keine Ahnung, wie man Pulsadern öffnet. Aber die Wunden an den Unterarmen, die sie Gaby Koch beigebracht hat, wären zusammen mit der hohen Dosis an Drogen letztlich doch tödlich gewesen.«
    Der Computer des Majors gab ein Signal von sich. Eine E-Mail war eingelangt. Belonoz warf einen Blick auf den Bildschirm. »Das ist von Casoni.«
    Er ließ das umfangreiche Attachment ausdrucken, während Lily still den Kaffee genoss. Die Beretta hatte sie längst wieder in der Handtasche verstaut.
    Belonoz setzte sich zu ihr. »Das Material stammt von der Pension, auf deren Gelände das Sommercamp stattgefunden hat. Die Gäste haben sich natürlich registrieren müssen. Mit Geburtsdatum, Passnummer und Heimatadresse. Ich habe Casoni gebeten, die Unterlagen alphabetisch zu ordnen und

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