Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )
Jedenfalls hat Lara dann Schluss gemacht, als sie gemerkt hat, wie komisch der wurde.“
Diese kleine Drecksau ...
Aber nein, das war er nicht. Er war ein Engel. Er war der schönste von allen Engeln. Aber trotzdem konnte er am laufenden Meter lügen. Er wusste besser als jeder andere, wen ich liebte, er wusste, dass ich mit Lara Schluss gemacht habe und es nicht andersrum war und er wusste als einziger auch warum, womit sich der Kreis wieder schloss: Ich liebte ihn, nur ihn.
Erst nach wenigen Sekunden des Nachdenkens wurde mir klar, was das zu bedeuten hatte. Henning war zusammen mit Lara und Sarah in dieses gemeine Komplott gegen mich verstrickt.
„Herr Schmitz?“
Ich sah nach, ob er noch lebte.
„Herr Schmitz, der gehört auch dazu.“
„Wozu?“
„Na, zu der Verschwörung gegen mich. Merken Sie das nicht?“
„Natürlich, ich überlege doch auch schon die ganze Zeit, was man da machen kann.“
Dann ließ ich ihn mal überlegen. Nur wenn er nicht schnell genug überlegte, würde ich im Knast mehrere Jahre Zeit zum Überlegen haben. Dass ich verloren hatte, war mir schon längst klar. Der einzige Grashalm, an den ich mich noch klammerte, war die leise Hoffnung, irgendwie doch noch mit Bewährung davon zu kommen. Die Intrige gegen mich war zumindest perfekt, da konnte keiner was gegen sagen.
„Gibt es noch Fragen an den Zeugen?“
Der Richter sah in die Runde.
„Herr Schmitz? Herr Kreutzer, als Angeklagter haben Sie auch das Recht, Fragen an den Zeugen zu stellen.“
Ich hatte also das Recht, meinem Engel Fragen zu stellen. Was hätte ich ihn denn fragen sollen? Hätte ich fragen sollen, ob er mit mir Hand in Hand bis ans Ende der Welt gehen würde? Ob er spürt, wie grenzenlos meine Liebe ist, die ich ihm zu geben habe? Ob er weiß, dass ich ohne ihn an meiner Seite der unglücklichste Mensch auf Erden bin?
All das hätte ich fragen können, aber nichts von dem passte hierhin. Und so sagte ich nichts. Ich sah bloß hoch und sah Henning an. Ich sah tief in seine Augen und sah, wie er in meine Augen sah. Ich weiß nicht, ob es Sekunden, Stunden oder Jahre waren, die wir uns in absoluter Stille ansahen, ohne dass sich einer von uns auch nur einen Zentimeter bewegte oder irgendeinen Ausdruck auf seinem Gesicht zeigte.
Kapitel 18
„Gut“, hörte ich die Stimme des Richters, die mich aus entfernten Welten zurück in den Gerichtssaal holte. Ich sah kurz zu meiner Mutter rüber, die ein wenig verwirrt im Saal umher sah. Entweder wollte sie nicht wahrhaben, was da gerade geschah, oder sie hatte den Mut noch immer nicht verloren. Ich konnte nicht interpretieren, was es war. Dafür war sie einfach zu unberechenbar.
„Ich schließe dann die Beweisaufnahme und bitte zunächst die Vertretung der Jungendgerichtshilfe um Stellungnahme.“
Na super. Jetzt konnte ich mir das gesamte Geschwätz von der dummen Tante noch mal anhören. Bereits zwei Mal musste ich in den letzten Wochen mit ihr rumlabern. Die hatte erstens keine Ahnung und zweitens war sie absolut gegen mich. Sie schien mir eine von diesen Emanzen zu sein, für die die Gesamtheit der Männer eine kollektive Gemeinschaft von Kriminellen darstellt.
„Ja, hohes Gericht. Ich habe mich mit dem Angeklagten unterhalten. Er wirkte zu jeder Zeit völlig uneinsichtig und beharrte auf seiner Version des Vorgefallenen. Er schien unter starkem psychischen Druck zu stehen, was offenbar im Zusammenhang mit der Verarbeitung seiner Tat stand. Insgesamt scheint David ein Mensch zu sein, der mit sozialen Rückschlägen, wie eben der Trennung von einer Freundin, nicht umgehen kann und dies durch gewalttätige Fantasien kompensiert und der nicht davor zurückschreckt, diese in die Tat umzusetzen.“
Wie gern ich dieser Tussi in die Fresse gespuckt hätte! Kein Lehrer, den ich jemals kannte, konnte soviel Stuss in so kurzer Zeit labern. Ich sah wieder zu meiner Mutter und diesmal empfing sie meinen Blick. Sie schüttelte bloß den Kopf. Sie stimmte mir also zu. Ich glaubte aber kaum, dass sie einen Plan hatte, meinen Kopf doch noch irgendwie aus der Schlinge zu ziehen.
„Vielen Dank an Frau Bauer von der Jugendgerichtshilfe. Ich bitte nun Frau Staatsanwältin Dr. Kellinghaus um ihr Plädoyer.“
Die Staatsanwältin stand auf. Mein Puls hatte die 200 überschritten. Jetzt würde einiges entschieden werden. Je nachdem, was die Staatsanwältin beantragte, könnte der Richter ein höheres oder milderes Urteil fällen. Dass ich zu Unrecht verurteilt
Weitere Kostenlose Bücher