Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )
werden würde, war mir klar. Die Frage war nur noch, wie hoch die Strafe ausfallen würde.
Fürs nächste Mal werde ich aus meinen Fehlern lernen und mir einen besseren Anwalt nehmen.
„Hohes Gericht, die heutige Verhandlung hat uns allen noch einmal auf dramatische Weise vor Augen geführt, dass auch unter Jugendlichen brutalste Gewaltverbrechen nicht ausgeschlossen sind. Ein Junge von sechzehn Jahren, der zum Mittel der brutalen Vergewaltigung greift, um sich bei seiner Exfreundin für die Trennung zu rächen, ist ein trauriges Beispiel, dass wir hier vor uns haben. Der Angeklagte und das Opfer waren viele Monate lang ein glückliches junges Paar. Doch auch das war kein Hindernis für den Angeklagten, die Situation am 24. April auszunutzen und sich den Beischlaf, den das Opfer ihm nicht gewähren wollte, mit Gewalt zu beschaffen.“
Scheiße, Scheiße, Scheiße, dachte ich die ganze Zeit. Auf die Staatsanwältin konnte ich noch nicht mal sauer sein. Sie hatte ja ihre Fakten. Woher sollte sie auch wissen, was für ein verlogenes, kriminelles Pack Lara und Sarah sind. Aber warum musste der schönste aller Engel mit ihnen gemeinsame Sache machen?
„Ich denke daher, hohes Gericht, dass aufgrund der Zeugenaussagen die Tat als erwiesen angesehen werden kann.“
Jetzt war ich nur noch gespannt, zu sehen, wie Herr Schmitz mich da noch raushauen wollte. Ich erinnerte mich, dass er mir zu Beginn der Verhandlung etwas Derartiges versprochen hatte.
„Ich beantrage daher den Angeklagten der Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig zu sprechen und ihn zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten zu verurteilen. Vielen Dank.“
Zwei Jahre und sechs Monate? Das hieß keine Bewährung. Vielen Dank! Ich sah Herrn Schmitz an, dem die Hilflosigkeit wie eine Tätowierung auf der Stirn stand, ich sah meine Mutter an, die auf einmal aussah, als hätte sie soeben aufgegeben. Und ich sah Henning an. Schon wieder sah ich ihm in die Augen und schon wieder sah er zurück. Es war ein fesselnder Blick von atemberaubender Schönheit und himmlischem Glanz. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich im Knast sterben werde, wenn ich ihn nicht mehr ansehen kann.
Ich wollte zu Boden schauen, doch es ging nicht. Hennings Blick band meine Augen an seine und ich konnte ihm nicht entweichen. Mein Herz schlug so heftig, dass ich Angst hatte, es würde mir die Brust zerreißen.
Dann wandte Henning seinen Blick ab und sprang auf. Er ging einen Schritt nach vorne und schrie lauter, als ich je zuvor in meinem Leben geschrien hatte:
„Stopp!“
Alle im Saal starrten auf ihn. Es war eine mysteriöse Stille. Henning stand mitten im Saal und niemand wusste, was passiert war. Jeder sah ihn an und wartete auf eine Erklärung.
Ich war es wohl, der am meisten irritiert war und der natürlich auch auf Henning starrte. Was ging hier vor sich?
Henning schien auf einmal extrem unsicher zu sein. Ich spürte, wie er mich ansah und ich sah zurück. Dann sah er zu Lara, Sarah und deren Eltern, kurz auch zu meiner Mutter und zu den Herrschaften in den schwarzen Roben.
Der Richter war der erste, der aus dem Staunen herauskam.
„Henning, warum unterbrichst du die Verhandlung? Kannst du uns erklären, warum du so herumschreist? Willst du uns etwas sagen?“
Natürlich wollte er etwas sagen, nur schien er selber nicht zu wissen, was. Er bewegte sich noch ein, zwei Schritte nach vorne.
„Ich kann das einfach alles nicht mehr mitmachen. Das wird zu viel für mich.“
Wenn ich richtig hinsah, was ich bei ihm ja immer tat, hatte er angefangen zu weinen.
„Henning, wenn du uns noch etwas sagen willst, dann nimm bitte auf dem Stuhl Platz. Fürs Protokoll! Wir treten erneut in die Beweisaufnahme ein.“
Irgendwie willenlos kam Henning dieser Aufforderung nach.
Der Staatsanwältin schien das gar nicht zu gefallen. Mir gefiel es auch nicht so recht, denn ich hatte keinen blassen Schimmer, was kommen sollte. Ich hatte Sorgen, dass er aus seinem Hass gegen mich heraus alles noch schlimmer machen würde und noch mehr Unsinn über mich erzählen würde.
„Ich hab vorhin Mist geredet“, begann er, nachdem er sich wohl etwas beruhigt hatte. „Das, was ich da über David erzählt hab, ist alles Quatsch.“
Was?
Ich fühlte mich, wie aus einem Albtraum geweckt und doch wusste ich nicht, ob ich nicht einfach nur in einem anderen Traum gelandet war.
„Henning, das musst du uns genauer erklären“, hakte der Richter nach.
„Ich
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