Maedchenlose
etwasGeistreiches geboten und wofür jeder gern etwas zu diesem guten Zwecke beisteuern würde.«
»Ein großer Gedanke!« rief Rose und klatschte in die Hände, »wir müssen lebende Bilder dazu stellen.«
»Und den Garten mit bunten Lampions und bengalischen Flammen beleuchten,« jubelten die Knaben.
»Gesang hinter der Scene muß die Bilder begleiten, alle Künste werden aufgeboten,« setzte Fräulein Lietzner hinzu.
»Fräulein Erna tritt als Muse auf und spricht einen Prolog,« sagte Dr. Kron. Es entstand ein unbeschreibliches Gewirr von Vorschlägen, die Kinder schrieen alle durcheinander, die Mädchen drängten sich um ihre Mutter, um zu jedem neuen Gedanken ihre Zustimmung zu suchen, bis Frau Klingemann sich endlich Ruhe ausbat.
»Meine Lieben,« sagte sie, »soll die Sache wirklich eine Gestalt gewinnen, so ist das erste Erfordernis, daß mein Mann seine Erlaubnis dazu giebt, das zweite, daß Herr Dr. Kron sich zur Wiederholung seines Vortrages bereit erklärt. Die ganze Idee kann ich nur billigen, unsere Nachbarn pflegen wir in dieser Zeit ohnehin einzuladen; könnt ihr ihnen etwas Hübsches bieten und sie für euren guten Zweck gewinnen, so habe ich nichts dagegen, sondern will euch gern hilfreich sein.«
Dr. Kron erklärte sogleich, er stelle sich mit all seinen Kräften der guten Sache zur Verfügung; darauf wurden Rose, Mariechen und ich als Deputation zu Herrn Klingemann abgeschickt. Mit klopfenden Herzen trugen wir unser Anliegen vor; er machte zuerst ein erstauntes, dann ein sehrzweifelhaftes Gesicht, meinte, es widerstrebe ihm, eingeladene Gäste zu brandschatzen, für Neßlers sei genug geschehen, die Leute hätten kein besonderes Anrecht an die allgemeine Mildthätigkeit u.s.w. Er wolle sich es aber bis morgen überlegen. Sehr kleinlaut kehrten wir mit diesem Bescheide zurück, der wie ein Guß kalten Wassers auf die allgemeine Begeisterung fiel. Fräulein Lietzner tröstete uns heimlich und sagte, Frau Klingemann habe schon manchmal in stillem abendlichen Zwiegespräch ihren Gatten zu ihrer Anschauung bekehrt. So hoffen wir denn noch auf morgen!
Den 15. Juli.
Triumph! Die gute Sache hat gesiegt! Heute früh sagte uns Herr Klingemann, er wolle unserm Plan nicht entgegen sein, doch müßte er möglichst anspruchslos auftreten, auch dürften wir kein bestimmtes Eintrittsgeld erheben, sondern die Beisteuer müsse jedem freigestellt werden. Wir waren glückselig und versprachen, alle Bedingungen getreulich einzuhalten. Sogleich traten wir drei, Fräulein Lietzner, Rose und ich, zum engeren Komitee zusammen; wir denken alles aus und tragen unsere Ideen der höheren Instanz, die aus Frau Klingemann und Dr. Kron besteht, zur Begutachtung vor. Nun gilt es zu sinnen und zu arbeiten! Himmel, gieb uns erleuchtete Gedanken, damit etwas Hübsches zustandekomme!
Den 17. Juli.
Unser Programm steht nun fest, auch der Schauplatz ist gefunden. Hinten im Garten steht ein alter geräumiger Pavillon, der etwas baufällig ist und nicht mehr gebrauchtwird, der ist uns zu beliebiger Verwendung übergeben. Die Vorderseite wird zur Hälfte mit Grün verkleidet, so daß nur ein breites Portal in der Mitte offen bleibt, das durch einen Vorhang geschlossen werden kann. Aus der Hinterwand lassen wir einige Bretter herausnehmen, damit wir zwei Ausgänge gewinnen. Dies wird unsere Bühne sein. Die Vorstellung wird durch einen Prolog eröffnet, den ich dichten und sprechen soll; dann kommt Dr. Krons Vortrag, an den sich drei lebende Bilder anschließen sollen. Dies sind die ungefähren Umrisse, aber es fehlt noch viel zu ihrer Ausfüllung.
Ich fragte Fräulein Lietzner, ob es nicht besser wäre, wenn Rose den Prolog spräche, sie wäre doch größer, hübscher und viel bekannter als ich. Sie sah mich mit einem sonderbaren Blick an.
»Und wenn Rose ein Engel an Schönheit wäre«, versetzte sie, »so würde es doch immer einen passenderen Eindruck machen, wenn Fräulein v. Westheim die Leute zum Geben aufforderte, als die arme, elternlose Rose Grund!« – Liebe Mama, ich kann Dir nicht beschreiben, wie klein mich diese Antwort machte; wenn sich eine Spur von Eitelkeit in mir regen wollte, so wurde sie gründlich gedämpft durch das Bewußtsein, daß kein persönlicher Vorzug, sondern allein der Name meiner Eltern mir eine Bedeutung giebt.
Den 20. Juli.
Heute sind die Einladungen herumgeschickt. Sonntag den 24. soll das Fest stattfinden. Als Nachschrift ist jedem Billet die Notiz beigefügt: bei gutem Wetter findet
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