Maedchenlose
küßte.
»Gott segne Sie tausendmal und lohne es Ihnen in Zeit und Ewigkeit, gnädiger Herr; der liebe Gott läßt Sie gewiß noch recht glücklich werden und schenkt Ihnen eine junge Frau, wie die lieben Fräuleins hier sind, wie die Engel so gut und so schön.«
Er errötete bis in die weiße Stirn hinauf, und ich fürchte, ich that dasselbe, dann ging er schnell davon. Als ich Rose nachher die kleine Scene erzählte, war sie außer sich vor Vergnügen.
»Natürlich bin ich gemeint, nicht wahr, Erna? Mich sieht ja Rothenburg immer mit so ernsten Augen an, als wollte er jede Linie auswendig lernen – mit mir spricht er immer so angelegentlich, mich sucht er bei jeder Gelegenheit auf – habe ich nicht recht? Wie gut, daß ich nicht erklärt habe, ich wollte nie von ihm entzückt sein, er sei ein blasierter Mensch u. s. w.« Sie tanzte in der Stube umher und benahm sich so thöricht, daß ich ernstlich böse wurde und sie ersuchte, mich mit so unzarten Anzüglichkeiten zu verschonen, ich sei dergleichen nicht gewöhnt und wolle esnicht ertragen. Es war die erste Mißstimmung, die zwischen uns entstand, und mir war sehr unbehaglich zu Mut, als wir in den nächsten Stunden fremd und kühl aneinander vorübergingen. Gegen Abend kam Rose zu mir.
»Sei mir nicht mehr böse, liebe Erna; ich vergesse es manchmal, daß du von anderm Schrot und Korn bist, als ich, seiner, zarter und daher leichter verletzlich. Bedenke, wie ich aufgewachsen bin, mutterlos von Kindesbeinen auf, ohne rechte Heimat: da hängt sich einem leicht etwas Unfeines an, ohne daß man's selber weiß. Ich wollte dich sicher nicht kränken.«
Der wehmütige Ton ging mir tief zu Herzen, wir küßten uns, und alles war wieder gut. Aber ich will mir doch aus dem kleinen Erlebnis die Lehre ziehen, daß man nicht gut thut, alles wiederzuerzählen, weil die Auffassungen gar zu verschieden sind.
Zu morgen ist Einquartierung angesagt, die Mannschaft wird im Dorf untergebracht, nur ein Offizier und ein Arzt werden im Hause aufgenommen. Es ist großer Backtag heute, niemand hat Zeit zu den gewöhnlichen Beschäftigungen; ich habe auch eine Weile geholfen, es ist nicht so unangenehm, wie die Schlächterei, und das Resultat ist poetischer. Die duftenden Kuchen, die frischen Brote sind wirklich ein hübscher, appetitlicher Anblick, und es geht alles dabei so sauber zu.
Sechstes Kapitel
Einquartierung
Den 12. Juli.
Das war gestern eine Überraschung! Das Militär rückte im Laufe des Vormittags in Quartier, die Offiziere wurden sogleich auf ihre Zimmer geführt und erschienen erst kurz vor Tische im Wohnzimmer. Ich kam erst etwas später hinein, und die Vorstellung mußte wiederholt werden.
»Herr Lieutenant von Lilienkron, Herr Dr. Mansfeld – Fräulein v. Westheim.« Wir sahen uns einen Augenblick erstaunt an, dann rief Axel: »Bei allen Göttern, es ist die kleine Cousine Erna! Aber allerdings wunderbar verändert in den fünf oder sechs Jahren, seit ich sie zuletzt gesehen!« Er reichte mir herzlich die Hand.
»Ich weiß nicht, Cousinchen, ob Arthur Mansfeld die Ehre Deiner Bekanntschaft genießt, obgleich er sich naher Verwandtschaft rühmen kann.«
»Ich glaube, ich hatte vor etwa acht Jahren das Glück«, sagte Arthur, »aber ich hätte die Cousine freilich niemals wiedererkannt.«
Beim Mittagessen saß ich zwischen beiden Vettern, dochwar die Unterhaltung eine allgemeine; Axel erzählte eine Menge lustiger Geschichten, welche den ganzen Tisch in Heiterkeit versetzten; Arthur verhielt sich ziemlich schweigsam. Erst später im Garten kamen wir in ein ungezwungenes, lebhaftes Gespräch; auf meine Frage erzählte er mir viel von seiner Schwester Elly, für die ich durch Nora natürlich großes Interesse habe.
»Ich hätte nie geglaubt«, sagte er, »daß aus meiner heitern, etwas ungestümen Schwester jemals eine Frau werden könnte, die ihre Stellung im Leben so würdevoll ausfüllt. Sie ist eine vorzügliche Hausfrau und versteht es, ihrem Hause ein ideales Gepräge zu geben, welches höchst anziehend wirkt. Freilich hat sie eine ausgezeichnete Stütze an ihrem Mann, der ein äußerst liebenswürdiger Wirt und geistvoller Gesellschafter ist. Ich habe meinen Schwager Wietinghof eigentlich erst kürzlich bei meinem ersten längeren Besuch bei Elly kennen gelernt, denn als sie sich verlobte, war ich auf der Universität, und so habe ich auch erst jetzt erfahren, wie schwer sie sich eigentlich ihr Glück errungen hat.«
»Wirklich?« fragte ich
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