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Maedchenlose

Titel: Maedchenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Augusti
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erstaunt, »ich glaubte, es wäre ihr spielend in den Schoß gefallen, sie kam, sah, siegte und wurde besiegt?«
    »Doch nicht; sie erzählte mir jetzt erst, wie es ihr ergangen sei. Sie lernte ihren Mann im Badeort kennen, als sie eben erst erwachsen war, und er machte gleich einen bedeutenden Eindruck auf sie, doch schien es nur eine vorübergehende Bekanntschaft zu sein. Vier Jahre lang hörte sienichts von ihm, sie hatte mehrere Anträge, und meine Eltern konnten sich gar nicht erklären, warum sie sich so gleichgültig gegen alle Bewerber zeigte. Aber sie legte an jeden den Maßstab, den sie durch Wietinghof gewonnen hatte, und da konnte keiner die Probe bestehen. Ich glaube, dies waren sehr schwere Jahre für Elly, ihre Neigung war scheinbar gänzlich aussichtslos, und doch konnte sie dieselbe nicht aus ihrem Herzen reißen; meine Mutter war sehr unzufrieden mit ihr und drang oft in sie, die Partien, die sich ihr boten, nicht auszuschlagen. Endlich traf sie wieder mit Wietinghof zusammen, der inzwischen einer auswärtigen Gesandtschaft attachiert gewesen war, und die alte Bekanntschaft führte nun schnell zur Verlobung; auch er hatte das lebhafte junge Mädchen nie ganz vergessen, aber erst jetzt fand er in ihr eine ebenbürtige Gefährtin.«
    Diese Geschichte gab mir viel zu denken; wie unrichtig beurteilt man doch oft Menschen und Verhältnisse, weil man sie nicht genügend kennt. Ich begreife jetzt Noras grenzenlose Liebe für Elly viel besser, als früher, wo ich diese für ein recht verwöhntes Glückskind hielt, der ein seltenes Glück zu teil geworden war, das meiner Nora versagt blieb. Jetzt denke ich ganz anders über sie und finde die Treue, mit der sie ihre Liebe in allen Stürmen bewahrt hat, wunderschön und liebenswert.
    Ich sprach Arthur mein Erstaunen aus, ihn als Arzt im Vaterlande zu treffen, da ich gehört hätte, er wolle Naturforscher werden und arktische oder tropische Gegenden bereisen; er erwiderte darauf, die Medizin sei immer seinHauptstudium gewesen, er habe auch seiner Militärpflicht als Arzt genügt, doch sei der Plan großer Reisen keineswegs aufgegeben, er bedürfe aber langjähriger Vorbereitungen und eingehender Studien, die noch nicht vollendet seien.
    Du siehst, liebe Mama, wir haben sehr ausführliche Unterhaltungen miteinander gehabt; es ist wunderbar, was das Gefühl der Verwandtschaft thut: mit keinem fremden Herrn, den ich zum erstenmal sah, hätte ich so unbefangen und vertraulich plaudern können.
    Nachmittag unternahmen wir einen Spaziergang zu verschiedenen schönen Punkten, die hier so zahlreich sind; Herr v. Rothenburg war auch dabei, er hatte aber seine unnahbarste Miene aufgesetzt und war äußerst zurückhaltend. Warum sind manche Menschen so wetterwendisch, heute freundlich und zuvorkommend, morgen fremd und unliebenswürdig? Man macht sich unwillkürlich Gedanken über den Grund für solch ein wechselndes Benehmen.
    Die Soldaten brachen heute ganz früh auf; wir nahmen daher schon gestern abend Abschied von den beiden Vettern. Die andern sind alle sehr von Axel Lilienkron eingenommen, der freilich durch seine Witze und Geschichten viel zum allgemeinen Amüsement beitrug; Rose besonders ist ganz entzückt von ihm und citiert ihn beständig. Mir hat Arthur mehr zugesagt in seiner ruhigen Art, die etwas sehr Vertrauenerweckendes hat. Er ist gewiß ein gescheiter, gründlich gebildeter Mensch, obgleich er in Gesellschaft leicht verstummt.
    »Darf jetzt auch ein Nichtvetter wieder auf gnädige Beachtung hoffen?« fragte mich heute Herr v. Rothenburg.Ich sah ihn erstaunt an. »Wie meinen Sie das? Ich verstehe Sie ganz und gar nicht.«
    »Gestern hatte die Verwandtschaft eine so hohe Mauer um Sie gezogen, daß ein gewöhnlicher Sterblicher gar nicht wagen durfte, sie zu durchbrechen.«
    »Sollten wirklich meine Vettern die Baumeister gewesen sein? und nicht vielleicht andere kleine Leute, welche die Engländer the blue devils nennen?«
    Er biß sich auf die Lippen. »Halten Sie mich für launisch?«
    »Das ist eine Frage, deren Beantwortung ich Ihrem eignen Gewissen überlasse. Mein Bruder, wenn ich einen hätte, dürfte so viele Launen haben, wie er wollte, aber es müßten lauter gute sein.«
    »Ich will es auch versuchen«, versetzte er ganz treuherzig, »ich möchte Ihrem Herrn Bruder gern recht ähnlich werden.«
    Ich berichte Dir diese kleinen Unterhaltungen, liebe Mama, nicht, weil ich sie für besonders geistreich hielte, sondern weil Du oft gesagt hast, daß

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