Männer sind Helden
auch so. Ist doch schön, oder?“
„Ich weiß nicht, eigentlich geht mir das alles ein bisschen zu schnell. Bis vor ein paar Tagen war ich schließlich noch mit Doktor zusammen.“
„Was ist denn jetzt überhaupt mit ihm?“
„Ich habe Schluss mit ihm gemacht.“
„Und wie hat er es aufgefasst?“
„Er war natürlich traurig, hat sich aber, glaube ich, schon mit dieser Sissi getröstet.“
„Na, dann ist doch alles wunderbar. Doktor hat seine Sissi, Irene den schönen Mike, und wir haben uns“, sagte ich und drückte Isabel einen Kuss auf die Lippen.
„Hallo, ihr beiden!“ Vor uns stand Irene mit Mike, der seinen Arm ganz fest um sie gelegt hatte. Irene grinste wie ein Honigkuchenpferd, und sie hatte diesen ganz bestimmten Glanz in den Augen.
„Wo seid ihr bloß gewesen? Ich habe überall nach euch gesucht“, fragte Isabel.
„Ach, wir sind dort hinten gewesen“, erwiderte Irene, deutete vage in westliche Richtung und blickte ihren Mike mit verliebten Augen an. „Wir haben zusammen nach Muscheln und Steinen gesucht.“ Sie kicherte wieder und lehnte sich an ihren Tennislehrer.
Diese Muschelsucherei konnte ich mir lebhaft vorstellen.
„Mike und ich wollen in die Stadt zum Tanzen, wollt ihr mit?“
Isabel und ich hatten ebenfalls Lust, etwas zu unternehmen. Also fuhren wir mit zwei Autos in Richtung City. Es war mittlerweile fast Mitternacht, aber trotzdem lauwarm. An der Tür zur Disco stand so ein betont cooler Typ, mit Lederjacke und zerfetzter Jeans – das war anscheinend der allerletzte Schrei. Ich blickte durch die Fensterscheiben in das Innere der Disco und wunderte mich, dass nur zwei, drei Leute zu sehen waren.
„Ist heute nichts los bei euch?“, fragte ich den Türsteher, als ich ihm das Eintrittsgeld hinhielt.
Er zog die Augenbrauen hoch und sah mich an, als sei ich ein junger Bauernsohn auf Urlaub: „Vor eins läuft hier gar nichts ab.“
Aha, durch meine Frage hatte ich mich also als absoluter Szene-Nichtkenner entlarvt, und der Herr der Tür hatte mich in die Schranken gewiesen. Wir setzten uns an die Bar, und ich bestellte eine Flasche Sekt. Irene wollte tanzen und zappelte ungeduldig auf dem Barhocker herum, bis Mike ihr die Hand hinhielt und sie auf die Tanzfläche zog. Der DJ legte „Unchain my Heart“ von Joe Cocker auf. Er wollte sich wohl unserem vermeintlichen Geschmack anpassen. Schließlich brachten wir wenigstens etwas Geld in die Bude, die beiden Jünglinge in der Ecke sahen jedenfalls so aus, als würden sie bereits seit Stunden an ihrer Cola nuckeln. Irene zog auf der Tanzfläche die totale Show ab, ihre letzte Damenhaftigkeit hatte sie irgendwann beim Muschensuchen am Strand verloren. Sie bewegte sich wie eine Stripperin auf der Bühne und streckte zwischendurch immer wieder ihre Arme in Richtung Mike aus, als wolle sie ihn zu sich ziehen.
Isabel und ich beobachteten das Schauspiel von der Bar aus und nippten dabei an unseren Sektgläsern. Wir schauten zur Tanzfläche, dann drehten wir im gleichen Moment den Kopf zueinander. „Wie im Kino!“, sagten wir gleichzeitig.
11. Kapitel
„Beeil dich, Alex, gleich ist Anpfiff!“ Rudi rieb sich die Hände, griff in die Schale mit den Erdnüssen und lehnte sich zufrieden im Sofa zurück. Ich brachte noch ein paar Flaschen Bier aus der Küche und stellte sie auf den Wohnzimmertisch. „Ihr nehmt euch, wenn ihr wollt!“, forderte ich meine Kumpels auf und ließ mich neben Rudi aufs Sofa fallen. Alfred und Heinzi hatten es sich auf meinen Sesseln bequem gemacht. Wir alle waren mächtig gespannt, wie sich der HSV heute schlagen würde. Nach der ersten Halbzeit stand es immer noch null zu null. Da klingelte es an der Tür. „Wer kann das denn sein?“, fragte Rudi. „Erwartest du etwa noch Damenbesuch?“
„Nein, nicht dass ich wüsste“, erwiderte ich und ging zur Tür. Ich schaute durchs Guckloch und sah Udo, der ziemlich zerknirscht aussah.
„Was ist denn mit dir los?“
„Lasst mich doch erst einmal reinkommen!“
Udo trottete ins Wohnzimmer, begrüßte die anderen und setzte sich auf den letzten freien Sessel. Ich stellte ihm eine Bierflasche hin und rückte die Schüssel mit den Knabbereien in seine Nähe.
Er wollte anscheinend nicht groß reden, deshalb ließ ich ihn in Ruhe. Außerdem hatte die zweite Halbzeit angefangen. Rudi hatte es sich mittlerweile bequem gemacht: Er hatte seine Schuhe ausgezogen und seine Füße auf einen kleinen Hocker gelegt. Seine Krawatte war gelockert, und
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