Männer sind Helden
hatte.
„Ja, und dieser Jüngling ist ihr Tennislehrer“, sagte ich und bemühte mich, meiner Stimme einen neutralen Tonfall zu geben. Nun war Udo nicht mehr zu halten. Er blieb abrupt stehen: „Der werde ich es zeigen!“, schrie er, „nicht nur, dass sie mich mit ihrer Affäre in aller Öffentlichkeit demütigt. Nein, sie muss es auch noch mit ihrem Tennislehrer treiben, den ich bezahle!“ Bei dem Wort „bezahlen“ überschlug sich seine Stimme, er hielt einen Moment inne, um Luft zu schnappen. Er atmete langsam durch die Nase aus, dann hatte er sich wieder beruhigt.
„Tut mir leid, Alex, dass ich hier so ausflippe.“
„Das macht doch nichts, Udo. Wozu hat man schließlich seine Freunde?“
Udo machte sich auf den Heimweg, und ich räumte die leeren Flaschen und Aschenbecher vom Tisch. Dann dachte ich an Isabel. Ich ging zum Telefon und wählte ihre Nummer. Ich ließ es mindestens zwanzigmal klingeln, aber sie nahm nicht ab.
12. Kapitel
Mentales Training stand am folgenden Tag für Rudi, Heinzi, Alfred und mich auf dem Programm. Mike hatte sein Versprechen wirklich gehalten und war zu unserer Tennis-Trainingstunde gekommen, um uns für das anstehende Punktspiel gegen den TC Schwarzenbeck fit zu machen. Wir saßen alle im Kreis auf dem Court, in der Mitte lag der gelbe Filzball, das Objekt unseres mentalen Trainings.
„Konzentriert euch ganz auf diesen Ball, ihr müsst eins mit ihm werden“, sagte Mike und befahl uns, die Augen zu schließen. Rudi kicherte, während er seine kurzen Beine zum Schneidersitz übereinander schlug.
„Das ist nicht zum Lachen!“, sagte Mike streng und Rudi verstummte augenblicklich.
„Wichtig ist, dass ihr an das glaubt, was wir hier tun“, sagte Mike, und für einen Moment war nur das Zwitschern der Vögel und das leise „Plopp, Plopp“ vom Centrecourt nebenan zu hören.
Ich hatte die Augen fest verschlossen und versuchte, mich in den Tennisball hineinzudenken. Gebannt lauschte ich Mikes Stimme: „Ihr müsst euch vorstellen, dass ihr zusammengekauert in dem Ball hockt. Es ist ganz dunkel und ruhig, denn der Ball liegt auf dem Boden. Nun wird er aufgehoben, ihr spürt, wie ihr durch den Raum schwebt. Jetzt kommt der Moment des Aufschlages: drei Mal berührt ihr den Boden, dann endlich landet ihr auf der Fläche des Tennisschlägers und werdet weit hinaus in die Luft katapultiert – ein Gefühl der Befreiung! Fühlt ihr das?“
Die anderen murmelten: „Ja, ich kann es fühlen“, während ich nur den harten Boden unter meinem Hintern spürte. Trotzdem gefiel mir Mikes Art, uns Tennis einmal von einer ganz anderen Seite näher zu bringen. Im Anschluss an dieses mentale Training übte er mit uns, einfach nur lange gerade Bälle zu spielen. Wir sollten nicht das Ziel haben, einen Punkt zu machen, sondern den Ball im Spiel zu halten. Jeder, der schon einmal Tennis gespielt hat, wird sich vorstellen können, wie schwierig eine solche Übung ist. Schließlich spielten wir noch ein Doppel, Rudi und ich gegen Alfred und Heinzi. Mike stand am Spielfeldrand und korrigierte unsere Schlagtechnik: „Du musst die Rückhand mehr durchziehen, Alfred“ oder: „Versuch den Ball noch mehr in der Mitte des Schlägers zu treffen, Rudi.“ Am Ende der Stunde hatte jeder von uns das Gefühl, ordentlich etwas dazugelernt zu haben.
Frisch geduscht trafen wir uns im Anschluss auf der Terrasse unseres Clubs. Die Sonne stand schon ziemlich tief am Horizont, es musste bereits fünf Uhr sein. Frau Vogel, die mit ihrem Mann das Clubhaus bewirtschaftete, servierte uns große Biergläser mit Apfelsaftschorle. „Hier ist die verdiente Erfrischung, meine Herren“, sagte sie, während sie die Gläser auf dem Tisch abstellte. Sie trug ein geblümtes Sommerkleid, das ihre üppige Figur vorteilhaft umschmeichelte. Ihre Haare hatte sie an diesem Tag kunstvoll zu einem nestartigen Gebilde zusammengesteckt. Sie machte ihrem Namen damit alle Ehre. „Danke, Frau Vogel“, sagte Rudi, „Sie sehen heute ja ganz besonders reizend aus!“
Frau Vogel legte ihren Kopf kokett zur Seite, sodass ihr Haarnest bedrohlich wankte: „Danke, danke“, erwiderte sie lächelnd, und ihre Wangen erröteten sanft.
Als Frau Vogel gegangen und außer Hörweite war, murmelte Rudi: „Mensch, die gute Frau wird auch immer dicker.“ Ich fand diese Bemerkung nicht sehr nett, sagte aber nichts. Wir ließen uns das kühle Getränk schmecken und plauderten über die vergangene Trainingsstunde. Mike versprach,
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