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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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bestanden. Er saß vor mir in meinem Büro und lächelte glücklich.
    „Das habe ich alles dir zu verdanken.“
    „Ach was“, sagte ich und machte eine abwehrende Handbewegung, „die Testaufgaben habe ich schließlich nicht für dich erledigen können.“
    „Aber du hast mir sehr gut bei der Vorbereitung geholfen.“
    Leo sah aus wie ein Bilderbuchkünstler. Er trug türkise Schlaghosen, ein Seidenhemd mit Batikdruck, und seine Haare wurden von einem weißen Tennisstirnband zurückgehalten. Er stellte einen riesigen Jutesack auf meinen Schreibtisch. „Hier, ich habe dir was mitgebracht“, sagte Leo und fummelte an der Bastkordel herum. „Anstelle eines Honorars. Ich bin mal wieder etwas klamm.“
    „Ist schon okay.“
    Endlich hatte er den Knoten gelöst, der Stoff fiel hinunter, und zum Vorschein kam ein schwarzes Ölgemälde.
    „Das ist ja ganz schwarz!“, rief ich.
    „Du sagst es.“
    Ich nahm das Bild in beide Hände und hielt es gegen das Licht. Tatsächlich: Leo hatte die Leinwand mit schwarzer Ölfarbe bemalt. Die Farbe war nicht zu einer Struktur angetrocknet, sondern flach und ebenmäßig aufgetragen. Fast sah es aus, als hätte Leo einen Roller benutzt.
    „Gefällt dir das Bild nicht?“
    „Doch, doch.“
    „Ich habe eine völlig neue Technik ausprobiert. Durch dieses Werk bin ich der absoluten Abstraktion ganz nahe gekommen.“
    „Abstrakter geht es ja eigentlich auch gar nicht.“
    Ich nahm einen Blumendruck von der Wand und befestigte Leos Bild an dieser Stelle. Dann ging ich ein paar Schritte zurück und betrachtete das Werk.
    „Da werden dich deine Mandanten aber beneiden“, meinte Leo. Er holte eine Schachtel Gauloises hervor und bot mir eine Zigarette an, bevor er sich selber eine nahm.
    Isabel rüttelte an meiner Schulter. „He Alex, aufwachen!“
    Lass mich schlafen. Ich bin noch zu müde!“ Ich zog mir mein Kissen über den Kopf. Isabel ließ aber nicht locker: „Wir müssen in einer halben Stunde bei Susi sein. Wir haben versprochen, ihr beim Umzug zu helfen.“
    „Fahr schon vor. Ich komme später nach!“
    „Wie du meinst.“
    Ich hörte, wie sie die Haustür zuknallen ließ. Endlich Ruhe! Als ich wieder wach wurde, blickte ich auf den Radiowecker. Mist, es war bereits kurz nach zehn Uhr. Ich hatte noch eine Stunde geschlafen. Ich sprang aus dem Bett, zog meinen Overall über und fuhr in die Theodor-Storm-Straße.
    Als ich ankam, verstauten Irene und Isabel gerade einen Korbstuhl im Transporter.
    „Na, ausgeschlafen?“, begrüßte mich Irene und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    „Wo sind die anderen?“, fragte ich.
    „Udo konnte nicht kommen, er hat Rückenschmerzen“, erwiderte Irene, „Rudi und Susi sind oben.“
    Die Tür von Susis Wohnung war offen. Im Flur stapelten sich Kartons, Töpfe mit Pflanzen und zusammengerollte Teppiche. Ich blickte ins Wohnzimmer, das fast leer geräumt war. Die Mädchen hatten gute Vorarbeit geleistet. Susi stand in der Küche und kochte Kaffee. Ich gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Sie war jetzt im siebten Monat schwanger, und ihr kugelrunder Bauch zeichnete sich deutlich unter ihrem geblümten Kleid ab. Sie hatte ihre Haare mit einer Schleife zurückgebunden und war nicht geschminkt. „Möchtest du auch eine Tasse Kaffee? Ich bin gleich fertig.“
    „Ja, gerne. Ich habe noch gar nicht gefrühstückt.“
    „Ich kann dir ein Brot machen, wenn du willst.“
    „Das wäre nett. Wo ist Rudi?“
    „Er misst den Schrank im Schlafzimmer aus. Ich glaube, es gibt da ein Problem.“
    Rudi hockte vor dem großen Bauernschrank, einen Bleistift links hinters Ohr gesteckt. Er hielt einen Zollstock in der Hand und kritzelte Notizen auf ein Stück Papier, das vor ihm lag.
    „He Alter, kann ich dir helfen?“
    Rudi erhob sich und ging ein paar Schritte zurück. „Der Schrank passt nicht durchs Treppenhaus. Er ist zu groß. Wir können ihn aber auch nicht auseinander nehmen, nur die Türen aushaken.“ Wir überlegten beide, ob wir den Schrank durch geschicktes Hin- und Herdrehen doch nach unten transportieren könnten. Wir fertigten eine originalgetreue Zeichnung des Flurs und des Schrankes im Verhältnis 1:10 an und probierten mit einem Schuldreieck verschiedene Winkel aus. Zwischendurch tranken wir Kaffee und aßen Mettwurstbrote, die uns Susi gebracht hatte. Nach einiger Zeit kam Isabel ins Zimmer. Sie sah müde und erschöpft aus. „Was macht ihr hier eigentlich?“
    Ich erzählte ihr, was wir taten, und sie flippte

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