Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
Vom Netzwerk:
erklang. Für einen Moment hatte ich das Bedürfnis, Isabel in meine Arme zu schließen. Ich malte mir aus, wie sie sich über das österreichische Gejodel lustig machen würde. Aber dann strich ich den Gedanken weg wie eine lästige Fliege. Ich rauchte noch eine Zigarette, dann fiel ich in einen traumlosen Schlaf. Als ich aufwachte, kribbelte ein ganz bestimmter Geruch in meiner Nase. Ich blickte auf die Uhr: Es war halb neun. Mein Magen knurrte, ich verspürte einen Bärenhunger. Ich sprang aus dem Bett und riss die Vorhänge beiseite. Was für ein Anblick! Es musste die ganze Nacht geschneit haben, denn alle Häuser, Autos und Bäume waren in riesige Wattebäusche gehüllt. Und es schneite immer noch: Große, dicke Flocken fielen vor meinem Fenster hinab. Ich betrat mit nackten Füßen den Balkon und atmete die klare Bergluft ein. Jetzt wusste ich, was ich beim Aufwachen gerochen hatte, den Duft von frisch gefallenem Schnee! Vor dem Hotel schnallte sich eine Gruppe Skifahrer ihre Bretter an. Auf ihren Mützen hatten sich bereits kleine Schneeberge abgelagert.
    Ich war der erste am Frühstückstisch, aber eine Minute später kam Rudi um die Ecke. „Ich habe wie ein Murmeltier geschlafen und einen Mordshunger“, sagte er und streckte beide Arme von sich. Rudi teilte mir mit, dass er seine Grünzeugdiät im Urlaub unterbrechen wolle. „Erzähle aber bitte Susi nichts davon“, flüsterte er mir zu. Wir gingen also zum Buffet und luden uns jede Menge Schinken, Speck, Eier und Toast auf die Teller. Udo war ebenfalls erschienen, noch müde, aber gut gelaunt: „Was für ein Tag!“, sagte er und schenkte uns allen Kaffee ein. „Pulverschnee am ersten Skitag! Besser hätte es gar nicht kommen können.“ Wir aßen und unterhielten uns über verschiedene Skimodelle. Im Frühstücksraum war nicht viel los, die Kellner standen untätig in den Ecken herum. An einem Tisch saß ein älteres Ehepaar in Wanderstiefeln, und neben uns ein junges Ehepaar, das sich verliebt in die Augen blickte.
    Der erste Skilift war keine hundert Meter von unserem Hotel entfernt. Als wir ihn erreichten, brachen die Wolken auf und die Sonne blinzelte zu uns herab. Nachdem wir zwei Schlepplifte hinter uns gelassen hatten, erreichten wir den Sessellift, der uns ganz nach oben bringen sollte. Wir holten unsere Skipässe, und dann konnte es losgehen. Rudi und Udo setzten sich in eine Gondel, ich nahm die dahinter für mich alleine.
    Ich genoss den Ausblick auf die stummen Berge, die schneebedeckt in den Himmel ragten. Die kühle, reine Luft vertrieb mir binnen weniger Minuten alle trüben Gedanken aus dem Kopf.
    Die erste Abfahrt waren Rudi, Udo und ich noch vorsichtig. Udo fuhr voraus, denn er ist der beste Skifahrer, dann kam Rudi, und ich bildete das Schlusslicht. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit wedelten wir im perfekten Dreiklang den Berg hinunter. Beim zweiten Mal waren wir schon mutiger. Rudi fuhr diesmal vorneweg und hielt plötzlich an. Udo und ich kamen knapp neben ihm zu stehen, der Schnee spritzte wie eine Fontäne an uns hoch. Rudi band sich seinen Schal fester um den Hals, dann klemmte er sich seine Skistöcke unter den Arm: „Und nun Schuss!“, rief er und hüpfte in Richtung Abgrund. Das ließen Udo und ich uns nicht zweimal sagen, und wir fuhren in einem Affentempo hinter Rudi her. Seine auf- und abwippende Pudelmütze wies uns den Weg. Plötzlich kam eine scharfe Kurve, die an der rechten Seite von Fichten begrenzt wurde. Ich sah noch, wie Rudi aus der Kurve geriet und schrie: „Rudi, pass auf!“, aber da war er schon kopfüber in einer Schneewehe gelandet. Udo und ich schossen mit Ach und Krach durch die Kurve und bremsten kurz danach, indem wir uns in eine andere Schneewehe fallen ließen. „So ein Mist!“, rief Udo und rappelte sich mühsam wieder auf. Dann reichte er mir seinen Stock, damit ich mich daran hochziehen konnte.
    Rudi war nichts passiert. Er lag, über und über mit Schnee bedeckt, inmitten einer Gruppe von Fichten. „Da hast du ja noch einmal Glück gehabt“, sagte ich und half ihm auf die Beine. Er schüttelte sich den Schnee von den Klamotten und aus dem Haar. Dann grinste er: „Habt ihr das gesehen? Das war der Flug des Jahrhunderts!“ Ich klopfte ihm auf die Schulter: „Na klar Alter, du solltest dich unbedingt beim Schanzenspringen bewerben.“
    Das musste gefeiert werden. Wir fuhren zu einer Hütte, vor der sich die Skier meterhoch stapelten. „Kein Wunder, dass die Pisten leer sind, wenn

Weitere Kostenlose Bücher