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Maenner und andere Fleischwaren

Maenner und andere Fleischwaren

Titel: Maenner und andere Fleischwaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Fabian
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nur 40.« Immerhin, Humor hat er, denke ich, während ich die beiden Scheiben aufs Zellophanpapier lege.
    »Danke«, sagt er, nimmt das Päckchen entgegen und legt mir 70 Cent auf die Theke. Dann ist er schon wieder verschwunden. Schade, das war ein kurzer Besuch! Bleibt nur die Frage, weshalb er wiedergekommen ist. Wegen zwei Scheiben Fleischwurst oder …?
     
    ***
     
    Für Bettina ist die Sache klar, aber die kennt es auch nicht anders – schließlich erliegen alle Männer ihrem Charme. Vom Leben verwöhnte Glückskinder können sich wahrscheinlich nur schwer vorstellen, dass das Brot auch mal auf die Butterseite – in meinem Fall die Wurstseite, hi, hi – fallen kann.
    »Sicher steht der auf dich«, meint sie überzeugt, nachdem ich ihr die Geschichte erzählt habe. »Also, ran an die Buletten!« Für Bettina würde bei einer Abfuhr ihr gesamtes Weltbild einstürzen.
    »An die Fleischwurst«, korrigiere ich sie.
    »Was auch immer«, winkt sie ab, »Hauptsache, es geht um fleischliche Gelüste.« Dann blickt sie auf ihre Armbanduhr. »Dabei fällt mir ein, ich muss jetzt wieder in meine Wohnung.« Sie springt auf und rennt zur Tür.
    »Verstehe«, meine ich, »Ali wartet schon.« Bettina dreht sich zu mir um.
    »Wer ist Ali?« Klingt verrückt, aber sie ist die einzige Person auf der Welt, der ich abkaufe, dass diese Frage ernst gemeint war.
     
    ***
     
    Wieder in der Metzgerei. Diesmal zieht sich der Tag etwas. Erstens ist nur wenig zu tun, zweitens warte ich verzweifelt darauf, dass die Uhr endlich kurz vor sechs zeigt. Ich versuche, mir selbst einzureden, dass ich nicht auf IHN warte. Natürlich tue ich es doch, und meine Enttäuschung wird riesengroß sein, wenn er nicht kommt.
    Um halb sechs habe ich vor lauter Nervosität bereits drei Landjäger verschlungen; mein Knoblauchatem muss entzückend sein. Er wird nicht kommen, rede ich mir selbst ein, denn diese Weisheit hat mir schon meine Mutter mit auf den Weg gegeben: Wenn du immer vom Schlechtesten ausgehst, kannst du im Zweifel nur angenehm überrascht werden. Danke, Mama, damit hast du aus deiner Tochter den größten Zweckpessimisten gemacht, den es gibt!
    Viertel vor sechs, ich sehe schwarz.
    Nicht einmal Flo ist heute vorbeigekommen!
    Ein schlechtes Omen.
    Zehn vor sechs, ich wische gerade den Boden unter dem Holzblock, als ich die Türklingel höre. Mit einem Ruck fahre ich hoch. Ein lautes, vernehmliches »Rums« teilt mir mit, dass Holz härter als mein Schädel ist. Mühsam und mit hochrotem Kopf krieche ich, leicht benommen, hinter der Theke hervor.
    »Hi, Franzi!« Betont zufällig lehnt Bettina sich gegen die Wursttheke.
    »Was machst du denn hier?« Das klang jetzt entsetzter als beabsichtigt.
    »Wollte ein bisschen Aufschnitt besorgen.«
    »Seit wann das?«
    »Ist mir gegen halb sechs eingefallen«, antwortet Bettina, als hätte sie den Sinn meiner Frage nicht verstanden.
    »Seit wann du dich entschlossen hast, meinen Lieferdienst nicht mehr in Anspruch zu nehmen«, erkundige ich mich gereizt. Mit einem Auge schiele ich zur Wanduhr: Sieben Minuten vor sechs!
    »Ach, ich war gerade nur in der Gegend«, flötet die schwarzhaarige Kirsch(e) mit ihrer Ich-krieg-sie-alle-rum -Stimme und blickt mich unschuldig an.
    »Tu doch nicht so«, meine ich, »du bist doch nur hier, um meinen Vielleicht-Möglicherweise-Verehrer zu sehen.« Bettina lacht.
    »Keine Sorge, ich will ihn dir nicht wegnehmen.« Das sagt sie auf eine gönnerhafte Art und Weise, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie ihn mir aber natürlich wegnehmen könnte, wenn sie denn wollte. Wenn er denn mir gehören würde, meine ich. Aus dem Nichts macht sich in meinem Kopf ein kleiner Exkurs über Besitzer und Eigentümer unter besonderer Berücksichtigung eines Pachtverhältnisses breit. Das kann ich im Augenblick gar nicht gebrauchen.
    »Fein, dann kannst du ja gehen«, stelle ich fest.
    »Aber ich wollte doch Aufschnitt.«
    »Bringe ich dir später zu Hause vorbei, gehört zum Service.«
    »Ach, Sie haben auch einen Lieferservice?« Ich versinke im Linoleumboden – während unseres kleinen Disputs ist ER unbemerkt hereingekommen! Bettina merkt sofort, was Sache ist; wahrscheinlich ist es in mein Gesicht gestempelt. Ich versuche, etwas zu sagen, aber mein Sprachzentrum versagt. Stattdessen dreht Bettina sich lächelnd zu meinem Kunden um und bemerkt lächelnd: »Ach, für die paar Scheiben Fleischwurst lohnt das wohl kaum.« Dann hüpft sie leichtfüßig aus dem Laden.
    Habe ich

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