Maenner und andere Fleischwaren
Fälle musst du dir was einfallen lassen«, stellt Bettina fest. »Wenn nicht bald etwas passiert, bekommt der Junge am Ende noch eine Fleischwurstallergie, und du siehst ihn nie wieder.« Entsetzt sehe ich sie an. »War nur ein Scherz, aber langsam könntest du wirklich mal aktiv werden.«
»Na ja«, gebe ich zu bedenken, »er war erst dreimal in der Metzgerei.«
»Ja, höchste Zeit!«, insistiert Bettina. Ich vergesse immer wieder, dass sie die Zeitspanne zwischen erstem Kennenlernen und erstem Sex mit anderen Maßstäben als Normalsterbliche misst.
»Weiß ich auch, aber was soll ich denn tun?«
»Du musst deine weiblichen Reize spielen lassen! Zeig mal ein bisschen Haut!«
»Nicht so einfach mit einer überdimensionalen Kittelschürze«, erwidere ich. Selbst Pamela Anderson hätte Schwierigkeiten, in so einem Ding ihre körperlichen Vorzüge zur Schau zu stellen!
»Da ist eben Raffinesse gefragt!«, meint Bettina.
»Denkst du, das ist wirklich nötig?«
Bettina dreht die Augen gen Himmel. »Franzi«, sagt sie, »dem Jungen geht es nicht um Auf schnitt, sondern um Aus schnitt!«
»Bisher ist er jedenfalls auch gekommen, obwohl ich nicht im Bikini hinter der Theke stehe«, maule ich.
»Aber jetzt geht es doch wohl darum, ihn irgendwie zu einem Rendezvous zu bringen. Eine Metzgerei ist nicht gerade die romantischste Atmosphäre, die ich mir vorstellen kann.«
»In Ordnung«, gebe ich zu, »da hast du recht. Ich werd mir was überlegen.«
Nur was?
3
Ran an die Buletten!
»Hallo, Franzi!« Meine Knie werden augenblicklich weich. Jetzt heißt es alles oder nichts!
»Hallo, Simon. 40 Gramm Fleischwurst?«
»Klar, was sonst?« Er lacht. Meine Hände zittern, als ich die zwei Scheiben auf die Gabel pikse. Beinahe fallen sie bei dem Versuch, sie auf das Zellophanpapier zu legen, herunter. Bleib ruhig, ermahne ich mich selbst, du hast nichts zu verlieren. Außer vielleicht die Nerven oder dein Gesicht, aber das war’s dann auch schon. Ich reiche ihm das Päckchen über die Theke und lehne mich dabei so weit vor, dass er einen ansehnlichen Einblick in meinen Ausschnitt hat. Gut, dass ich heute in weiser Voraussicht nur einen Body unter der Schürze anhabe.
»Hier ist dein Aufschnitt«, sage ich und bin froh, dass ich nicht aus Versehen »Ausschnitt« gesagt habe, nachdem Bettina mir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat. Das wäre dann doch etwas peinlich und offensichtlich gewesen.
Simons Blick gleitet tatsächlich kurzfristig eine Etage tiefer. »Äh, danke.« Er nimmt das Päckchen. Für einen kurzen Augenblick bin ich ihm so nahe wie nie zuvor. Das ist der richtige Augenblick!
»Du, Simon«, fange ich an und fixiere ihn mit meinen Blicken so intensiv, wie das nur irgend möglich ist, »von unserem Lieferservice hast du ja schon gehört. Aber kennst du eigentlich auch schon unser extrascharfes Gulasch?« Er mustert mich leicht verwirrt.
»Nö«, antwortet er erwartungsgemäß. »Ist das denn lecker?«
»Das kann man sagen«, erwidere ich kühn und versuche, mich noch ein Stückchen näher zu ihm rüberzubeugen. Hoffentlich kracht die Theke nicht gleich unter meinem Gewicht zusammen, und ich wälze mich in der Auslage! Aber weiter im Text. »Das Beste daran ist: Ich bringe es dir nach Feierabend persönlich zu Hause vorbei«, hauche ich verführerisch, »das extrascharfe Gulasch.« Es ist raus, jetzt kommt es auf seine Reaktion an!
Einen Moment lang scheint Simon zu überlegen, was er tun soll. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Dann geht auf einmal alles ganz schnell. Er kommt zu mir hinter die Theke, packt mich mit beiden Händen um die Taille, setzt mich auf den Fleischblock hinter mir und nimmt mich an Ort und Stelle. Wahnsinn, wir treiben es wild und leidenschaftlich – mitten in der Metzgerei! Das glaubt Bettina mir nie im Leben!
»Wird sie mir auch nicht glauben«, sage ich zu mir selbst, als ich aufwache. Mein Herz klopft noch immer. Dieser Traum hat mich ganz schön mitgenommen. Zwar eine reizvolle Vorstellung, die Sache mit dem Gulasch, aber im Zweifelsfall wird das eher peinlich als erotisch. Eine andere Idee muss her, und zwar schnell.
***
Auf dem Weg zur Arbeit habe ich dann tatsächlich unverhofft einen idealen Einfall. Ich lasse ihm eine schriftliche Nachricht zukommen!
Kaum im Laden angelangt, stürme ich ins Büro und bereite einen Zettel vor:
Lieber Simon,
ich würde Dich gern besser kennenlernen. Wenn Du magst, dann komm doch heute Abend gegen acht Uhr bei mir
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