Maenner und andere Katastrophen - Roman
interessanter, gutaussehender, sportlicher und belesener Mann begegnete, verliebte sie sich konsequenterweise auch nicht. Ich konnte nicht umhin, sie dafür manchmal zu bewundern. Sie würde jedenfalls niemals an den Falschen geraten.
Doch jetzt in der Wanne fiel mir plötzlich Susanna ein, von der ich einmal was ganz Ähnliches gedacht hatte.
»Die Susanna, die hat einen Mann mit Haaren in der Nase, der spießt Schmetterlinge auf und schlachtet den Stallhasen«, sagte ich nachdenklich zu Bille ins Telefon.
»Was willst du damit sagen?«, erkundigte sich Bille.
»Ich will dich nur warnen«, antwortete ich.
Bille schwieg ein Weilchen. »Telefonieren in der Badewanne ist lebensgefährlich«, sagte sie dann.
Nachdem ich mich schleunigst in Sicherheit gebracht und abgetrocknet hatte, zog ich mein Schlaf-T-Shirt an und ging zu meiner Schwester hinunter in den ersten Stock. Es war kurz nach zehn, und die grässliche Kiebig hatte sich längst hinter ihren sieben Schlössern und Riegeln verbarrikadiert. Nur ihr Brathund bellte durchdringend hinter der Tür. Es war einer von diesen winzigen Kläffern ohne Fell, die aussehen wie ein halbes Hähnchen und sich für einen Bernhardiner halten. Mo und ich bezeichneten ihn als Brathund, weil er bereits aussah wie gehäutet und pfannengerecht proportioniert und wir ihn außerdem schon manches Mal liebend gern gesotten und gebraten hätten.
Rebecca freute sich, mich zu sehen. Sie war gerade dabei, ein Kleid aus purem Chiffon an ihrer Schneiderpuppe festzustecken.
»Ganz schön gewagt«, bemerkte ich. »Man kann die Nähte an ihrem Bauch sehen.«
»So soll es ja auch sein«, meinte Rebecca zufrieden. »Wie war's bei Susanna?«
»Es gab Hasensuppe aus der Mikrowelle«, sagte ich. »Und Hasenkopf.«
»Aha«, entgegnete Rebecca, als wäre damit alles gesagt. »Arme Susanna.«
»Zu welchem Zweck brauchst du solch ein sündiges Kleid?«, fragte ich.
»Möglicherweise als Hochzeitskleid«, antwortete Rebecca und lachte.
Ich lachte auch. Rebecca war dreiunddreißig und mindestens so unverheiratet wie ich. Ich argwöhnte allerdings schon länger, dass die Beziehung zu diesem netten Cellisten, den sie seit einiger Zeit kannte, ernster war als üblich. Irritiert hörte ich auf zu lachen.
»Wie geht es dem sensiblen Kaspar?«, erkundigte ich mich unauffällig nach dem Cellisten.
»Gut, und wie geht es dem schlaffen Holger?«, fragte Rebecca zurück.
»Ich denke, auch gut«, sagte ich und erinnerte mich mit Schaudern an mein Gespräch mit Holgers Rücken am Morgen.
»Ihr wollt doch nicht wirklich heiraten?«, fragte ich unsicher.
»Nein, ich glaube eher nicht. Heiraten ist eigentlich nicht mein Ding«, meinte Rebecca. »Doch ich könnte mir durchaus vorstellen, mit Kaspar zusammenzuziehen.«
»Aber ihr kennt euch doch erst ein paar Wochen«, rief ich bestürzt.
»Sechs Monate, um genau zu sein. Aber das reicht aus, um zu wissen, ob man miteinander auskommt.«
Das stimmte mich nachdenklich. Ich kannte Holger jetzt fünf Jahre und konnte mir immer noch nicht vorstellen, mit ihm zusammenzuziehen. Ich konnte mir allerdings auch nicht vorstellen, dass Holger sich vorstellen konnte, mit mir zusammenzuziehen.
Ich fragte Rebecca, ob sie glaube, dass das ein Zeichen für unzureichende Gefühle zwischen Holger und mir sei.
»Ja, das glaube ich«, antwortete Rebecca. »Aber ich kann mir nicht denken, dass überhaupt irgendjemand mit Holger zusammenleben will.«
Das konnte ich mir eigentlich auch nicht denken.
»Wenn ich im Herbst die Modenschau mache, hättest du dann Lust, auch ein Kleid vorzuführen?«, fragte Rebecca ablenkend.
»Wenn es nicht gerade dieses ist, gern«, sagte ich geschmeichelt.
»Ich möchte ein paar Modelle entwerfen, die auch kleinen Frauen mit mehr Busen stehen«, erklärte sie und legte ein Maßband um meine Brust.
Ich wusste nicht, ob ich beleidigt oder geschmeichelt sein sollte, atmete so tief ein, wie ich konnte, und übertraf die Monroe um einen Zentimeter. Mindestens.
Freitag
Morgens wachte ich mit den allmonatlichen Bauchschmerzen auf. Ein guter Grund, sich vor der Uni zu drücken. Ich versuchte im warmen Bett zu bleiben, bis die Bauchschmerzen wollten, dass ich mit jemandem über sie redete. Also rief ich bei Holger an, um mich trösten zu lassen. »Ich bin's«, rief ich mit leidender Stimme. »Was gibt's?«, fragte Holger.
Ich war empört. Wie soll man auf so eine Frage noch sagen: »Ich wollte nur mal deine Stimme hören« oder »Ich hatte
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