Maenner und andere Katastrophen - Roman
gegessen. Noch dazu bin ich nicht schwanger«, klagte ich.
»Das ist doch wenigstens etwas«, meinte Katja und behauptete ungesehen, mehr Pickel zu haben als ich. Ich wettete meinen linken Fuß dagegen.
»Ich werde dich und deine Pickel ja gleich sehen«, sagte Katja und meinte damit die Basketballerparty.
Wir hatten beide überhaupt keine Lust auf Party und überlegten, wie wir wenigstens die Räumlichkeiten nachher in ein vorteilhaftes Licht für unseren Teint tauchen könnten. Katja schlug vor, direkt zu Anfang den Hauptsicherungskasten anzusteuern und dort etwas in einen irreparablen Zustand zu versetzen. Sie versprach, einen Vorschlaghammer mitzubringen.
Nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, blieben mir noch zehn Minuten, um das Beste aus meinem Typ zu machen, denn Holger war ausnahmsweise pünktlich.
»Ich hab dir was mitgebracht«, sagte er.
Das war nett. Ich freue mich sehr über kleine Geschenke. Leider entpuppte sich das vermeintliche Geschenk als meine eigene Plastikschüssel, die ich irgendwann mal bei ihm vergessen hatte. Immerhin war sie sauber gespült. Oder so gut wie.
»Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen«, jammerte Holger.
»Ich auch nicht«, log ich, obwohl der Liter Zitroneneis gerade erst in meinem Magen zu schmelzen anfing. Aber man steht eben nicht gern als Vielfraß da.
Holger öffnete den Kühlschrank und dann alle anderen Schränke. Glücklicherweise konnte er nichts Essbares finden.
»Lass uns fahren«, sagte er schließlich resigniert. Die Schranktüren ließ er demonstrativ offenstehen.
»Es ist noch viel zu früh«, murrte ich und suchte nach meinem Pickelabdeckstift.
»Umso besser, dann ist wenigstens noch was zu essen da«, meinte Holger mit einem letzten vorwurfsvollen Blick auf meine nicht vorhandenen Vorräte.
Für die Party hatte einer aus der Mannschaft seine Wohnung zur Verfügung gestellt. Als wir ankamen, teilten sich ungefähr sechzig Personen vierzig Quadratmeter, und vor dem Klo hatte sich schon eine lange Reihe gebildet. Kaum hatten wir uns zur Tür hineingedrängelt, verschwand Holger zwischen den Leuten auf Nimmerwiedersehen. Ich schaute mich um und erkannte auf den ersten Blick, dass hier mindestens zwei komplette Damenbasketballmannschaften eingeladen worden waren. Jung, schlank und groß. Sehr jung und sehr groß. Ich fühlte mich augenblicklich alt und klein und wollte wieder nach Hause ins Bett.
»Hallo, Judith«, begrüßte mich ein bekanntes Gesicht, zu dem mir leider der Name nicht einfiel.
»Hallo.«
»Komm mit«, schlug der Namenlose vor und leitete mich fürsorglich durch die Menge vor das kalte Büfett.
»Welcher ist dein Salat?«, fragte er.
Ah, das war eine von den Partys, wo jeder was Lek-keres mitbringen musste. Typisch, dass Holger diese Information unterschlagen hatte. Ich behielt aber die Nerven und deutete auf einen appetitlich aussehenden Nudelsalat.
»Der da«, behauptete ich dreist.
Der Namenlose schaufelte sich die halbe Schüssel auf seinen Teller. Offensichtlich hatte er Vertrauen in meine Kochkünste. Ich konnte nur hoffen, dass er sich nicht nach den komischen, braunen Knübbelchen erkundigte, die an den Nudeln klebten.
»Wo ist denn Holger?«, fragte er mit vollem Mund.
Ich zuckte mit den Schultern.
»Ihr seid jetzt auch schon, warte mal, fünf Jahre zusammen«, stellte der Namenlose fest.
»Keine Ahnung«, sagte ich ehrlich.
Es war mir unheimlich, dass dieser unbekannte Mensch nachrechnen konnte, wie lange ich schon mit Plastikschüssel-Holger befreundet war, während mir immer noch nicht sein Name einfiel. Woher kannte ich ihn bloß?
»Fünf Jahre sind eine lange Zeit«, meinte er. »Immer noch glücklich?«
Was sollte man darauf antworten? »Was heißt denn hier immer noch, du Gartenzwerg« wäre zu unhöflich, »Nein« zu ehrlich und »Aber ja« zu offensichtlich gelogen.
Ich erinnerte mich glücklicherweise an die »Spruchweisheiten aus aller Welt« und seufzte: »Dem Glück geht Neid zur Linken, Kummer zur Rechten.«
Der Namenlose stand zufällig zu meiner Linken.
»Schöne Kette«, sagte er neidisch. »Wo bekommt man so was? Die wäre was für meine Großmutter.«
War er in meiner Klasse gewesen? Unmöglich, er hatte schon eine Glatze, der Arme. Und wenn seine Großmutter noch lebte, dann stand sie im Guinnessbuch der Rekorde.
»Eine nette Idee zum Hundertfünfundzwanzigsten«, sagte ich, holte mir eine Flasche Rose samt Kölschglas vom Büfett und ließ den Namenlosen stehen, um nach Katja zu
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