Maenner und andere Katastrophen - Roman
Bille.
»Endlich! Ich dachte schon, du würdest nie fragen«, keuchte Bille und ließ sich augenblicklich auf die Böschung fallen.
Ich plumpste neben sie. Bille grinste mich an.
»Bist du immer noch sauer wegen Burghart?«
»Wegen dir«, verbesserte ich. »Der Burghart kann doch nichts dafür, dass er so dämlich ist.«
»Hör mal, was würdest du sagen, wenn ich die Männer als dämlich bezeichnen würde, in die du dich verliebst?«
»Niemand ist so bescheuert, sich in Burghart zu verlieben«, sagte ich im Brustton der Überzeugung.
»Das habe ich auch mal von Holger gedacht«, versetzte Bille. »Aber du warst so bescheuert.«
»Du hast dich doch nicht echt in diese Knalltüte verliebt?«, sagte ich.
»Ich denke doch«, antwortete Bille.
Ich sah sie entgeistert an. Bille wirkte selbstzufrieden.
»Und wenn mich nicht alles täuscht, dann beruht dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit«, sagte sie. »Ich glaube, er ist der Mann fürs Leben.«
»Aber doch nicht für dein Leben«, rief ich.
»Und warum nicht?«
Warum nicht? Warum nicht? Ich fand keine Worte für eine Antwort. Den ganzen langen Rückweg über schwieg ich betroffen.
»Vielleicht hat Burghart ja einen netten Freund für dich«, meinte Bille tröstend, als wir uns vor ihrer Haustür verabschiedeten. »Einen, der genauso toll ist.«
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber als ich in Billes verklärte Augen blickte, wusste ich, dass es zwecklos sein würde. Völlig erledigt stieg ich in die Bahn nach Hause.
An meinem Kiosk gab es eine Zeitschrift, die einen vielversprechenden Schönheitsteil offerierte: »Wunderschön für den Abend in nur einer Stunde - Die Besten Schönheitstipps für Ihren großen Auftritt.« Ich hatte zwar für den Abend keinen großen Auftritt geplant, sondern nur ein Rendezvous mit Kai-Uwe, dem angehenden Heldentenor, aber ich brauchte irgendwie Trost und kaufte das Heft.
Kai-Uwe und ich hatten uns seit unserem ersten Wiedersehen noch zweimal getroffen, einmal, um einen mit Filmpreisen dekorierten Streifen im Kino anzuschauen, und das andere Mal hatte ich ihn in meiner Wohnung bekocht. Jedesmal hatte er mir mindestens zehnmal mit tönender Stimme gesagt, dass ich in seinen Augen die perfekte Traumfrau sei, und dass er durchaus den Wunsch hege, mit mir eine Familie zu gründen, die der seiner Eltern möglichst nahekommen sollte.
Alles an mir bedachte er mit blumig-romantischen Adjektiven. Und wenn ich mich anschließend im Spiegel betrachtete, glaubte ich beinahe selbst, dass meine Züge von einmaliger, zarter Schönheit und meine Ohren von unbeschreiblich sensibler, filigraner Ausprägung seien.
Leider konnte er nicht annähernd so gut küssen wie sprechen. Genau gesagt, küsste er ausgesprochen schlecht. Irgendjemand musste ihm gesagt haben, dass es das Ziel eines Kusses sei, die Zunge so tief wie möglich in den Mund des anderen zu schieben, bis er dessen Zäpfchen abtasten konnte.
Ich hatte seine Küsse zwei- oder dreimal über mich ergehen lassen, ohne dass es mir gelungen wäre, Kai-Uwe etwas von meiner Meisterschaft auf diesem Gebiet zu vermitteln. Schließlich waren wir wortlos wieder auf die Ebene der erquickenden Komplimente zurückgewichen. Davon bekam ich wenigstens kein Herpesbläschen an der Lippe. Im Gegenteil, Kai-Uwes Komplimente waren mir inzwischen so ans Herz gewachsen, dass ich manchmal glaubte, ohne sie nicht mehr leben zu können.
»Wir verhelfen Ihnen in weniger als einer Stunde zu wunderbar glänzendem Haar, zu feiner, rosiger Haut am ganzen Körper, einem frischen, entspannten Teint und einem strahlend schönen, klaren Blick«, versprach die Zeitung, »vorausgesetzt, Sie halten sich an unsere Anweisungen und haben eine Stunde Zeit.«
Ich hatte sogar zweieinhalb Stunden Zeit und den festen Vorsatz, die Anweisungen genauestens zu befolgen.
»Sie sind immer so schön, wie Sie sich selbst finden«, behauptete die Überschrift. Die Autoren empfahlen daher, während der Schönheitspflege mindestens dreißig mal vor sich hin zu sagen: »Ich mag mich selbst bedingungslos!«
»Ich mag mich selbst bedingungslos«, begann ich gehorsam und rührte eine Masse aus Eigelb und Rum an, auf dass mein Haar wunderbar glänzend würde.
Für feine, rosige Haut am ganzen Körper schüttete ich ein Paket Salz in eine halbe Tasse Kamillentee mit Honig und rubbelte mich damit von Kopf bis Fuß ab. Ins Gesicht kam eine Schicht Magerquark für einen frischen, entspannten Teint, und auf die Augen klatschte ich
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