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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Drehtür, obwohl mein Herz so laut klopfte, dass es eigentlich alle hätten hören müssen.
    »War doch ganz einfach«, stellte Oliver zufrieden fest, als wir draußen waren, und drückte mir Daniel Day-Lewis in den Arm.
    »Oh«, machte ich erschöpft.
    »Nichts zu danken«, meinte Oliver. »Gehen wir noch auf einen Kaffee zu dir?«
    Ich überlegte eine Weile. Dann sagte ich, dass ich müde sei und lieber allein mit seinem Diebesgut nach Hause fahren wolle.
    »Hast du keine Angst in der U-Bahn?«, fragte Oliver.
    »Ich bin doch nicht allein«, sagte ich und zeigte auf meinen indianischen Beschützer.
    Oliver brachte mich freundlicherweise trotzdem bis zum Gleis. Als die Bahn kam, küsste er mich auf den Mund, schob mich mit der Pappfigur die Stufen hoch und sagte zum Abschied: »Ich mag Frauen, die nicht gleich in der ersten Nacht ja sagen.«
    »Ja sagen wozu?«, fragte ich den letzten Mohikaner.
    Der Pappindianer antwortete nicht. Ich fand, dass er vorwurfsvoll guckte. Er war schuld daran, dass ich mir vornahm, Oliver ein bisschen näher kennen zu lernen.

Mittwoch
    Rebecca und Mo saßen im Laden und sortierten stapelweise Papier.
    »Was macht ihr da?«, fragte ich.
    »Wir werten die Antworten auf Anzeigen für die Kiebig-Wohnung aus«, sagte Mo.
    »So viele?« Das war ja kaum zu fassen. Ich setzte mich dazu, um zu helfen.
    Wir bildeten zwei Haufen. Einen großen für die Zuschriften von Leuten, die überhaupt nicht in Frage kamen.
    Mo verlangte einen gesonderten Haufen für alleinstehende Frauen über fünfzig, ganz gleich, wie nett das Anschreiben klang.
    »Alles potentielle Kiebigs«, sagte er und nahm uns das Versprechen ab, die Briefe anschließend zu verbrennen und die Asche in alle Winde zu zerstreuen.
    Rebecca sortierte nach einem eigenen System.
    »Was machst du da?«, fragte Mo verärgert. »Auf diesen Scheiterhaufen kommen nur alleinstehende Frauen über fünfzig, hab ich gesagt.«
    »Ich sortiere alle Männer über fünfundvierzig und alle Paare und Familien mit Kindern aus«, sagte Rebecca.
    »Und wer bitte soll dann noch übrigbleiben?«, fragte Mo.
    »Alleinstehende Männer zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig«, antwortete Rebecca. »Vergiss bitte nicht, dass wir einen Mann für Judith suchen.«
    Das war peinlich.
    »Also wirklich«, wehrte ich blamiert ab.
    Außerdem war fünfundvierzig viel zu alt.
    Mo lachte. »Was? Einen Mann für Judith? Ich hör wohl nicht recht. Was ist denn mit dem armen Sängerknaben oder dem Typ von neulich? Ganz zu schweigen von Holger, dem Abgelegten?«
    »Es ist ja mittlerweile vollkommen unwichtig, aber Holger hat mich abgelegt, nicht ich ihn«, korrigierte ich.
    »Aber deine Nachfolgerin hat ihn abgelegt«, bemerkte Mo.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ach, das ist doch mittlerweile vollkommen unwichtig«, sagte Mo aufreizend lässig.
    Ich gab mir also die Blöße und bat ihn, mir Näheres zu erzählen. Mo hatte Holger getroffen, und der hatte ihm erzählt, dass er sich von meiner Nachfolgerin mit den dünnen Haaren getrennt hatte.
    »Hat er auch gesagt, warum?«, fragte ich.
    »Sie hat einen Neuen.«
    Das geschah Holger recht.
    »Aber er hat auch schon wieder eine andere«, fügte Mo hinzu.
    »Was?«
    Ich konnte es nicht glauben. Warum war dieser Versager in der Lage, sich von Beziehung zu Beziehung zu retten, während ich mich mit Kleptomanen und Muttersöhnchen herumschlagen musste?
    Mo und Rebecca machten sich daran, den Alleinstehnde-Männer-Haufen zu bearbeiten.
    »Friseur«, las Mo und warf den Brief weg. »Kommt nicht in Frage.«
    »Warum nicht?« wollte ich wissen.
    »Weil ich keine Friseure mag«, erklärte Mo und warf den nächsten Brief auch gleich weg.
    »Was war mit dem?«, fragte ich.
    »Evangelischer Theologe«, sagte Mo.
    »Warum magst du die nicht?«, fragte ich und seufzte.
    Mo antwortete nicht.
    Die Sache mit Holger ging mir nicht aus dem Kopf. Was fanden die Frauen bloß an ihm?
    Rebecca sortierte alle Männer aus, die geschrieben hatten, dass sie geschieden seien.
    »Die sind alle beziehungsgestört, wenn sie's nötig haben, das überhaupt zu erwähnen«, behauptete sie.
    Ich seufzte wieder. Möglicherweise hatte sich Holger ja geändert, und seine jetzige Freundin rangierte noch vor dem Radsport, direkt hinter der Leichtathletik. Vielleicht saßen die beiden sogar Sonntag morgens auf Holgers Balkon beim Frühstück und schauten sich übers Marmeladenbrötchen verliebt in die Augen. Der bloße Gedanke ließ mich die Fäuste ballen.
    Mo

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