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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Templeton
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„bis ihr Typen das Gebäude freigebt, damit es verkauft werden kann.“
    Nick ignoriert das. „Das heißt also, dass mindestens fünf Leute seit Fannings Tod mit dieser Tasche in Berührung gekommen sind?“
    „Sechs. Wenn ich dich mitzähle.“
    Er starrt mich an, Horror im Blick, und in meinem Kopf beginnt eine Glocke zu klingeln. Man könnte daraus konstruieren, dass Nick ein Beweisstück vom Tatort entfernt hat …
    Huch.
    Hinter uns lacht einer der Polizisten über etwas, was meine Mutter gesagt hat. Das Funkgerät, das an Nicks Gürtel hängt, spuckt wirre Geräusche aus. Geoff hebt den Kopf, knurrt ganz hinten in der Kehle, seine Schnauze zeigt direkt in die Richtung des Zimmers meiner Mutter. Nick öffnet den Mund, um etwas zu sagen, dreht dann aber seinen Kopf nur in dieselbe Richtung wie Geoff.
    „Was war das?“
    Meine Mutter und ich tauschen einen sekundenschnellen Blick aus.
    „Der verdammte Hund knurrt einfach alles an“, sage ich. „Wahrscheinlich liegt das an den Nachbarn über uns …“
    „Nein, hör doch … hier!“ Nick sieht mich an. „Hast du das gehört? Das klingt wie … ein Krähen?“
    Natürlich steht Geoff auf und trottet hinüber zur Tür zwischen der Küche und dem Zimmer meiner Mutter, wo er an der Türritze schnüffelt und mich dann wieder ansieht, als ob er sagen wolle: „Erinnerst du dich an die Maus?“
    Und natürlich antwortet der Hahn. Das Geräusch ist zwar sehr leise, aber das trainierte Ohr würde es keinesfalls zum Beispiel mit einem Hamsterrad verwechseln.
    Wissen Sie, im Augenblick finde ich, dass Hühnerfrikassee ganz gut klingt. Um es noch mal ganz deutlich zu sagen – das blöde Viech ist im Zimmer meiner Mutter, in einem Käfig, über dem ein Tuch hängt, und es ist fast neun Uhr abends. Warum zum Teufel kräht es?
    „Das muss von draußen kommen“, behauptet meine Mutter, aber Nick steht schon an der Tür. Geoff grinst Nick an, als wolle er sagen, wenn du jetzt diese Tür aufmachst, bin ich dein bester Freund. Als Nick allerdings genau das tut, haut Geoff so schnell er kann ab.
    Und Rocky übertrifft sich selbst, Junge, Junge. Man hätte diesen Vogel Pavarotti nennen sollen.
    Nick sieht mich an. Ich kann seinen Gesichtsausdruck jetzt nicht akkurat beschreiben, aber belassen wir es mal bei entsetzt.
    Ich zeige auf meine Mutter. Ich habe vielleicht das Ego dieses Mannes verletzt, ich bin vielleicht unbeabsichtigt in ein Verbrechen verwickelt, aber auf keinen Fall werde ich die Verantwortung für das hier übernehmen.
    Nick blickt meine Mutter an, die offenbar nicht entscheiden kann, ob sie eher niedlich und naiv schauen soll – was bei ihr sowieso nicht funktioniert – oder herausfordernd. „Mrs. Petrocelli“, sagt er müde, „ganz bestimmt wissen Sie, dass es gegen das Gesetz ist, einen Hahn in einer Wohnung in Manhattan zu halten.“
    „Hab ich’s nicht gesagt?“ murmle ich.
    „Es ist doch nur für ein paar Tage“, sagt Nedra, die Hände auf den Hüften. Sie scheint es darauf anlegen zu wollen. „Nur bis die Besitzer einen Ort außerhalb der Stadt finden, wo sie wohnen können. Es ist ein Haustier.“
    Nick sieht meine Mutter fast verständnisvoll an. „Das bezweifle ich“, sagt er ruhig. „Es ist sehr viel wahrscheinlicher, dass er zum Kämpfen abgerichtet wird. Was bedeutet, er wird wahrscheinlich einen sehr brutalen, grausamen Tod sterben.“
    Meine Mutter schnappt nach Luft – nun, das tue ich auch, aber nicht so laut –, fasst sich jedoch schnell wieder. „Nein. Das glaube ich nicht. Die Ortizes haben Kinder, eines von ihnen hat dem Hahn sogar seinen Namen gegeben, sie würden so etwas niemals …“
    Ich schaue den noch immer verdrießlich dreinblickenden Nick an und will ihm gerade erklären, dass es sich um die Familie handelt, die den Brand verursacht hat, doch der Hund wählt diesen Augenblick, um seinen ganzen Mumm zusammenzukratzen, den er davor nicht aufbringen konnte. Offenbar ist ihm klar, dass der Hahn ihm nichts anhaben kann, deshalb schießt er ins Zimmer, springt den Käfig an und bellt sich die Seele aus dem Leib. Und über das kläffende und krähende Getöne brüllt Nonna, die eigentlich von uns allen am schlechtesten hören sollte: „Es klingelt!“
    Kein Wunder bei dem wahnsinnigen Krach, denke ich, als ich durch den Flur laufe. Wahrscheinlich ein Nachbar. Zum Teufel, vermutlich stehen alle Nachbarn auf einmal mit Schlägern und Besen und Eisenrohren bewaffnet vor der Tür, bereit, Apartment 4 C von seinen

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