Männer und der ganz normale Wahnsinn
zu sein, oder?“
Nach einem Augenblick sage ich: „Nein, vermutlich nicht.“
„Aber es gibt zwei Dinge in meinem Leben, die ich bereue, obwohl ich eines davon sowieso nicht hätte ändern können.“
„Und was ist das?“
„Dass ich kein zweites Kind bekommen habe. Leo und ich haben uns das sehr gewünscht.“
Das ist mir neu. Ich habe immer vermutet, dass meine Eltern beschlossen hatten, nur ein Kind zu bekommen. „Und das andere?“
Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sie lächelt. „Es tut mir Leid, dass ich dir als Kind gesagt habe, du sollst mich mit meinem Vornamen ansprechen.“
„Machst du Witze?“
„Seltsam, nicht wahr?“ Sie lacht leise und fügt hinzu: „Ich war so jung, als du zur Welt kamst, da konnte ich noch nicht ganz begreifen, was es bedeutet, Mutter zu sein. Aber jetzt … jetzt wünschte ich, ich hätte einmal gehört, dass du Mummy zu mir sagst.“
Ich starre sie an und schüttle den Kopf. „Du bist keine Mummy, Nedra. Tut mir Leid.“
„Ja. Ich weiß.“
Wir sind an der Haustür angekommen. José, der Türsteher, hebt eine Augenbraue, als er den Plastikeimer sieht, schüttelt aber nur den Kopf.
„Wie hast du den Hahn überhaupt ins Haus geschmuggelt?“ frage ich, als wir garantiert außer Hörweite sind.
„Ich bin schnell gelaufen und habe so getan, als ob es sich um einen Papagei handelt.“
Als wir die Wohnung betreten, klingelt mein Handy. Nonna reicht mir das Telefon und nimmt uns zugleich den Eimer ab und verschwindet wieder in der Küche. Ich habe aber trotzdem bemerkt, dass die Frau, die ich nie etwas anderes als Schürzen mit hässlichen Blumenmustern habe tragen sehen, jetzt eines meiner schwarzen T-Shirts anhat, auf dem steht: Hier geht es nur um mich.
Hier müsste man jetzt eigentlich „Twighlight Zone“-Musik einblenden.
Ich gehe in mein Zimmer und nehme den Anruf an. Es ist Terrie, die mich kaum „Hallo?“ sagen lässt, bevor sie schon loslegt: „Okay, also Davis ruft mich an, ja? Und wir haben ungefähr zwei Stunden lang telefoniert, und ich denke, das ist wirklich seltsam, denn ich kann mich nicht erinnern, wann ein Mann zum letzten Mal in der Lage war, sich zwei Stunden lang auf etwas zu konzentrieren, das nichts mit Trikots und einem Ball zu tun hat. Also, dann fragt er mich, ob wir miteinander ausgehen, und ich höre, wie ich zustimme, was hätte ich auch sonst tun können? Hätte ich dem Mann einen Korb geben sollen, nachdem wir uns zwei Stunden lang den Mund fusselig geredet haben?“
Es dauert eine Sekunde, bis ich die Pause registriere, und ich nutze die Chance und frage: „Woher hatte er deine Telefonnummer?“
Noch eine Pause. Dann: „Gut, ich habe sie ihm gegeben. Ich meine, ich habe ja nicht vermutet, dass er tatsächlich anruft.“
Ich erwähne nicht, dass sie ihm nicht die Nummer gegeben hätte, wenn sie nicht mit seinem Anruf gerechnet hätte. Schließlich handelt es sich hier um Terrie.
„Jedenfalls“, sagt sie, „was hätte ich denn sagen sollen? Danke für das nette Gespräch, und ansonsten wünsche ich dir ein schönes Leben? Ich meine, das wäre doch …“
„Unhöflich?“ schlage ich vor. Nicht, weil ich ihr zustimme, obwohl es mir so vorkommt, als ob ich das selbst schon erlebt hätte. Und zwar erst vor kurzem.
„Um nicht zu sagen absolut gemein. Zumindest rede ich mir das ein, weißt du? Egal, wir sind also ausgegangen – er hat Ballett-Karten besorgt, und nicht nur, dass er nicht eingeschlafen ist, er weiß sogar mehr über die Tänzer als ich – und danach gehen wir noch in einen schönen Club Downtown, wo großartiger Jazz gespielt wird, bis, ich weiß nicht, ein Uhr morgens oder so, und dann gehen wir noch in meine Wohnung und reden weiter, und nicht ein einziges Mal hat er irgendwas Mitleid erregendes darüber gesagt, dass seine Frau ihn verlassen hat. Und irgendwie beginnen wir uns zu küssen – na gut, ich habe angefangen, weil seine hübschen Lippen mich einfach verrückt gemacht haben –, aber mehr passiert nicht, weil er sagt, er will sich Zeit lassen, und dann geht er, und ich bleibe mit dem Gefühl zurück, dass mich gerade ein Lastwagen überrollt hat, Himmelherrgottnochmal, Ginger, warum mache ich immer wieder den gleichen Fehler?“
Inzwischen ist sie in Tränen aufgelöst. Hysterisch sogar, was mir Angst macht, denn Terrie weint eigentlich nie. Zumindest nicht vor mir. Ich sitze auf meinem Bettrand und denke, oje, als ob ausgerechnet ich die Richtige bin, jemandem bei seinen
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