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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Templeton
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seinem Gesicht. „Mehr oder weniger“, antworte ich. „Ich glaube, ich habe noch einen kleinen Schock, ich kann das noch alles gar nicht recht begreifen.“
    „Ich spreche nicht von dieser Sache, sondern von der anderen.“
    „Oh … das.“ Ich spiele mit einer Haarsträhne und zucke mit den Schultern. „Ich kann damit umgehen. Oder zumindest war das vor ein paar Stunden so. Aber was soll’s.“ Ich breite meine Arme aus. „Das Leben geht weiter, oder?“
    Er schnaubt.
    „Was ist mit dir?“ Ich versuche ein Lächeln. „Ich vermute mal, dir geht es liebestechnisch ganz gut, oder?“
    „Komm“, entgegnet er und steht auf. „Ich bringe dich noch raus. Für den Fall, dass ich dich erreichen muss, bist du in deiner Wohnung?“
    „Oh. Na klar.“ Aus irgendeinem Grund bringt es mich durcheinander, dass er das Gespräch einfach beendet. Aber trotzdem habe ich genug Geistesgegenwart, ihm meine Handynummer zu geben, die er zusammen mit meinem Namen auf seinen Notizblock kritzelt.
    Wir laufen schweigend über den kurzen Flur zum Empfang, vor dem ein Typ in Uniform angestrengt versucht, eine sich windende, knurrende Wurst aus Fell mit zwei Ohren wie Satellitenschüsseln zu bändigen.
    „Hallo Lieutenant – gib Ruhe, du blöder Köter –, den haben wir in Fannings Wohnung gefunden. Der war so zu Tode erschrocken, dass er mir fast die Hand abgebissen hat, als ich versucht habe, ihn einzufangen.“
    „Oh mein Gott!“ rufe ich atemlos. „Das ist Geoffrey! Der Welsh Corgi von Brice!“
    Ich blicke in erleichterte braune Hundeaugen, in denen ich aber auch noch etwas anderes sehe, eine Mischung aus ‚Gott sei Dank‘ und ‚Wurde verdammt noch mal auch Zeit.‘
    „Kennen Sie diesen Hund?“
    „Natürlich.“ Ich strecke meine Hand nach ihm aus, woraufhin er seine riesigen Ohren sofort am Kopf anlegt wie ein paar Drachenflügel. Nick packt mein Handgelenk und reißt meine Hand nur eine Sekunde, bevor Geoffs Zunge sie berührt, zurück.
    „Jesus, Ginger … willst du unbedingt einen Finger verlieren?“
    „Im Ernst, ich dachte, dass gerade du eine unterwürfige Pose erkennst, wenn du sie siehst“, rufe ich und entziehe Nick meine Hand. Wieder wende ich mich dem Hund zu, der inzwischen ein zitterndes Bündel ist, so sehr sehnt er sich nach mitfühlendem menschlichen Kontakt. „Ihn hatte ich ja ganz vergessen!“ Ich wende mich an Nick. „Brice hat ihn manchmal mit zur Arbeit gebracht.“ Ich schaue wieder das arme, verwaiste Wesen an, das meine Hand mit heißer Hundespucke bedeckt und mir diesen Blick zuwirft, der sagen will: Du kannst alles tun, aber bitte schicke mich nicht ins Tierheim.
    Oje.
    „Er sieht wie eine verstrahlte Ratte aus“, bemerkt Nick. Geoff knurrt. Damit hat er mir die Worte direkt aus dem Mund genommen.
    „Haben Sie eine Ahnung, was wir mit ihm anstellen sollen?“ Da der Officer ausschließlich Nick anschaut, gibt es keinen Grund, warum ich mich angesprochen fühlen sollte. „Ich meine, bis wir herausgefunden haben, ob das Opfer irgendwelche Vorkehrungen für den Hund getroffen hat.“
    Ich fahre einfach fort, Geoff hinter den Ohren zu kraulen, und weigere mich, irgendjemand anderen anzusehen.
    „Ich schätze, das Beste wäre, ihn in ein Tierheim zu geben, bis wir das geklärt haben“, entgegnet Nick.
    Der Officer schaut mich an. Nick schaut mich an. Die beiden Landstreicher, die auf einer Bank etwa zwei Meter von uns entfernt sitzen, schauen mich an.
    Und fragen Sie mich gar nicht erst, was der Hund tut.
    „Hör auf, mich so anzustarren!“ schnauze ich vor allem den Hund an, sorge aber dafür, dass alle anderen ebenfalls ihren Teil von meiner Verstimmung abbekommen. „He!“ sage ich zu Geoff. „Im Tierheim ist es ganz toll, weißt du? Du bekommst jeden Tag was zu fressen, und überall gibt es diesen wunderbaren Hundegeruch und so. Und es ist ja nicht für immer. Nur bis sie herausfinden, wen Brice für dich bestimmt hat …“
    Ich spüre, wie ich mich in diesen klaren, flehenden braunen Augen verliere. Und ich kann die Frage geradezu hören: Was, wenn der Tierpfleger bösartig ist? Oder wenn das Fressen nicht schmeckt? Was, wenn niemand sauber macht und ich in meiner eigenen Kacke schlafen muss?
    „Alles wird gut werden“, sage ich, weil ich selbst diese Worte einfach hören muss und niemand mir den Gefallen tut. „Schließlich ist das ein Tierheim in New York, was sollte da schon schief gehen?“
    Irgendjemand lacht. Und Geoff legt langsam sein kleines Kinn auf den Arm

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