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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Templeton
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Make-up wie höchstens sechzig aussieht. Oje. Ich mag Carole sehr. Sie ist eine zähe, mutige Frau, die keinem Kunden etwas aufschwätzen würde, ihnen jedoch versichert, dass mit dem nötigen Kleingeld alles machbar ist. Ich habe damals als ihre Assistentin begonnen und in einem Monat mehr gelernt als in all den Jahren an der Designer-Schule. Wir stehen uns ziemlich nahe (so nahe, dass ich sie sogar zu meiner Hochzeit eingeladen hatte), deswegen weiß ich auch, wie sehr es sie nervte, dass sie mehr Kunden als wir alle zusammen anschleppte und Brice sich trotzdem weigerte, sie zur Geschäftspartnerin zu machen. Sie hat mir auch gestanden, dass sie es nicht wagt, es alleine zu versuchen, weil Brice damit gedroht hatte, ihr in diesem Fall das Leben zur Hölle zu machen.
    Sie verschränkt die Arme und schielt hinüber zu den vielen Polizeiautos. „Wenn du mich fragst, war es sein letzter Lover.“
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll, und so beschränke ich mich auf ein „Oh?“.
    „Klar. Darauf verwette ich alles. Eifersucht, ganz einfach, denn Brice hat vor etwa einem Monat was mit einem anderen angefangen.“ Sie starrt mich an. „Wusstest du das?“
    Ich schüttle den Kopf. Da mich der Mann nicht interessiert, hat mich natürlich sein Liebesleben noch viel weniger interessiert. Ein paar Minuten lang geben wir dem Anlass entsprechende Geräusche ab, die zeigen sollen, wie geschockt wir sind, wie fassungslos und erschüttert. Wobei wir beide die Frage vermeiden, die uns auf die Stirn geschrieben steht.
    Was hat das für berufliche Auswirkungen?
    Schließlich kann ich es nicht länger aushalten und frage: „Hast du eine Ahnung, wie die Firma aufgebaut ist? Ich meine, für den Fall, dass … äh …?“ Ich deute mit einer lahmen Handbewegung auf den Kreideumriss.
    Carole pulverisiert den Zigarettenstummel bedächtig unter ihren zwanzig Jahre alten schwarz-beigen Chanel-Slingpumps. Schockiert beobachte ich, wie eine Träne über ihre sorgfältig geschminkte Wange rollt.
    Oje.
    Ein Acryl-Nagel – lackiert in einem dezenten Zimtton und eckig gefeilt – schnalzt die unerwünschte Träne fort, bevor sie eine sichtbare Spur in ihrem Make-up hinterlassen kann. Eine Minute lang ringt sie nach Fassung, dann sagt sie: „Max hat mir erzählt …“
    (Max Sheffield ist der Buchhalter von Brice. Und wie ich glaube ehemaliger Liebhaber von Carole, obwohl ich das nicht mit Bestimmtheit weiß.)
    „… dass er seit Jahren versucht hat, Vorkehrungen zu treffen, damit das Geschäft im Falle von Brice’ Ableben oder so weiterlaufen kann. Vor allem nachdem der Laden in den Achtzigern so erfolgreich geworden ist. Er hat vorgeschlagen, eine Partnerschaft mit seinen ältesten Designern einzugehen, oder sogar eine Aktiengesellschaft zu gründen. Zumindest sollte er aber in seinem Testament einen Nachfolger bestimmen. Einen Freund oder ein Familienmitglied, irgendjemanden.“
    Sie schüttelt den Kopf, und ihre kastanienbraune Raquel-Welch-Frisur schimmert in dem dunstigen Sonnenlicht. „Er hat sich geweigert. Er meinte, wenn er stirbt, dann soll das Geschäft mit ihm sterben.“
    Jetzt erscheint mir meine unmittelbare Zukunft ziemlich düster. „Und das heißt?“
    „Das heißt, soweit ich weiß, dass wir alle das bekommen, was an Zahlungen im Augenblick noch offen ist, und das war’s. Mit dem Rest werden die Außenstände bezahlt, und was dann noch übrig ist, geht an irgendeine obskure wohltätige Organisation.“
    Mir gefriert das Blut in den Adern. „Aber was wird aus unseren Kunden?“
    Ihre blassen Lipgloss-glänzenden Lippen verziehen sich zu einem humorlosen Lächeln. „Die haben halt Pech. Genauso wie wir, es sei denn, es gelingt uns, woanders einen Job zu finden.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Also hol dein Handy raus, Süße, und fang schon mal an, rumzutelefonieren.“
    Mich überkommt eine große Müdigkeit, doch sofort danach geht mir ein Licht auf. „Hey – warum machst du nicht einfach dein eigenes Geschäft auf?“
    Carole bläst Rauch aus, der gnädigerweise an mir vorbeizieht. „Vor zehn Jahren hätte ich das vielleicht gemacht. Aber im November werde ich fünfundsechzig. Viel zu alt um jetzt noch eine Firma aufzubauen.“
    Ich lege die Hände auf meine Knie und mein Kinn darauf.
    „Aber“, fragt Carole, „warum machst du das nicht? Die Jorgensons schwärmen noch immer von dem Tisch aus Eisen und Marmor, den du für sie entworfen hast. Jesus, wie lange ist das her? Vier Jahre? Du verschwendest doch

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