Männer und der ganz normale Wahnsinn
gestern angerufen, um zu plaudern und herauszufinden, wie es mir nach dem Mord an Brice geht. Ich habe irgendwas von „alles in Ordnung“ erzählt, aber die Frau ist ja nicht blöd. Wie könnte auch alles in Ordnung sein, nachdem ich meinen Verlobten und meinen Job in weniger als zwei Wochen verloren habe? Von meiner Wohnung habe ich ihr erst gar nichts erzählt. Das hätte auch keinen Sinn gemacht. Jedenfalls, wenn sie etwas über Gregs Verbleib wusste, dann hat sie es mir nicht freiwillig verraten, und ich habe sie auch nicht danach gefragt. Sie jedoch fragte sich nach dem Gespräch bestimmt, warum sie sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, mich anzurufen.
Natürlich hat auch meine Mutter angerufen, und zwar gleich am Montagabend, nachdem sie es in den Nachrichten gehört hatte. Die erste Minute unseres Gesprächs verstrich, indem sie mich ausschimpfte, weil ich sie nicht sofort angerufen hatte. Wieder stotterte ich herum und behauptete, dass ich sehr beschäftigt gewesen wäre. Auf jeden Fall erzählte ich natürlich auch ihr nicht, dass ich auf der Suche nach einer neuen Wohnung bin. Ich werde sie anrufen, sobald ich eingezogen bin. Denn sonst würde sie nicht nur darauf bestehen, mit mir durch ganz Manhattan zu ziehen, um Wohnungen zu besichtigen, sie würde zugleich die ganze Zeit andeuten, was für eine Geldverschwendung das doch wäre, da ich doch bei ihr wohnen könnte.
Was noch? Oh, ich glaube, Terrie und Shelby haben sich einigermaßen versöhnt, zumindest hat Shelby das behauptet, als sie mich am Dienstagabend endlich zurückgerufen hat. Aber sie schien nicht besonders glücklich darüber zu sein. Als ob sie zu müde wäre, um sich zu freuen. Ich glaube, die Kinder rauben ihr allmählich die Kraft.
So, das war’s so ziemlich. Davon abgesehen, dass ich keinen Nerv mehr habe, aufgedrehten Wetterleuten zuzuhören, die Dinge sagen wie „rekordverdächtige Hitzewelle“ und „in absehbarer Zukunft kein Regen in Sicht“. Was, locker übersetzt, soviel heißt wie, acht Millionen gereizte, aber mutige Menschen versuchen verzweifelt, einander nicht zu berühren, während sie tagsüber durch rotzfarbenen Dunst und über Bürgersteige laufen, die selbst nachts noch heiß wie Backbleche sind. Ich habe gestern beinahe einen teuren Schuh verloren, weil der glühende Asphalt zwischen Lexington Avenue und der 83. Straße meinen Absatz verschluckt hat. Und lassen Sie sich eines sagen: Sie haben nicht wirklich gelebt, bevor sie nicht von Taxifahrern in Dutzenden von Sprachen beschimpft worden sind.
Grundsätzlich ist mein Leben also noch immer eine Katastrophe, aber ich schlage mich durch, bin abwechselnd erbärmlich deprimiert und unglaublich optimistisch.
Ich vermute, mein haariger Freund empfindet ähnlich. Im Augenblick sieht er nicht zu glücklich aus. Was etwas damit zu tun haben könnte, dass er alles hasst, was ich ihm zum Fressen anbiete, bis auf die wenig überraschende Ausnahme von Rindersteak und Hühnchen. Ich dachte, Hunde hätten entsetzlich wahllose Gaumen und würden fröhlich alles runterschlucken, was auch nur entfernt an Essen erinnert. Aber nicht Geoff. Bis heute habe ich nicht weniger als ein Dutzend verschiedene Marken an Hundefutter ausprobiert – trocken, in Dosen und in Beuteln – und alles, was ich als Dank dafür erhalten habe, ist ein Naserümpfen, ein erbärmliches Wimmern oder einen melancholischen Gesichtsausdruck.
Es mag eine Lösung des Problems geben, aber ich hatte gehofft, genau das vermeiden zu können. Doch so langsam habe ich nur noch die Wahl, diesem Köter T-Bone-Steaks zu kaufen oder dabei zuzusehen, wie er langsam dahinschwindet. Also zerre ich mein Adressbuch hervor, suche die Visitenkarte, die Nick mir gegeben hat, und wähle.
Der Typ am Empfang geht ran. Und klingt so begeistert wie ein Walross mit Hämorrhoiden.
„Oh, hi“, sage ich. „Hier spricht Ginger Petrocelli und, äh, also, ich bin die, die auf Brice Fannings Hund aufpasst – das ist der Typ, der, äh …“
„Bleiben Sie dran.“
Ein paar Sekunden später höre ich, wie „Wojowodski“ in mein Ohr geknurrt wird.
Verdammt. Genau das hatte ich vermeiden wollen.
„Nick, hallo! Hier ist Ginger.“
Stille. „Ja?“
Niemals hat ein Wort mit zwei Buchstaben so viel ausgesagt.
„Tut mir Leid, ich wollte nicht zu dir durchgestellt werden, ich bin sicher, dass das jemand anders klären könnte …“
„Was?“
Oh, Gott. Ich kann mir vorstellen, dass jetzt sein ganzer Körper in
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