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Männer und der ganz normale Wahnsinn

Männer und der ganz normale Wahnsinn

Titel: Männer und der ganz normale Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Templeton
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während ich hier stehe, über dreißig bin und mit einem Mal nicht weiß, was ich einmal werden will, wenn ich erwachsen bin.
    Oder wer ich werden will.
    Ich zwinge mich zu lächeln. „He Leute – lasst uns essen!“
    Am darauf folgenden Montag schnappe ich gleich nach der Arbeit Geoffs Leine und führe ihn nach draußen, bevor er platzt. Als wir zurückkommen, befinden sich drei Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter. Die eine ist von dem Partyservice, der – sehr höflich – anfragt, ob ich denn inzwischen den Rest des Geldes überwiesen hätte. Die andere ist vom Blumenladen, der – nicht ganz so höflich – anfragt, ob ich denn inzwischen den Rest des Geldes überwiesen hätte.
    Wenn das Universum wieder anständig funktionieren würde, hätte der dritte Anruf ja eigentlich von Greg sein müssen, der sagt. „Hi Ginge, wollte dir nur sagen, dass ich alle Rechnungen bezahlt habe“, aber nachdem das Universum offenbar nicht im Geringsten daran interessiert war, gerecht zu sein, ist die dritte Nachricht von Curtiss James, der sich endlich wegen Geoff meldet.
    „Hallo Ginger, wir werden so gegen halb acht vorbeikommen, um den Hund abzuholen, aber ich sag’s gleich, kann gut sein, dass es ein bisschen später wird, denn wir kommen aus Forest Hill.“
    Hm. Na und, kann er sich darauf was einbilden?
    Ich schaue auf die Küchenuhr. Neunzehn Uhr vierzehn. Ich blicke Geoff an, der krumm auf einer Hüfte liegt und hechelt, seine kurzen, stämmigen Hinterbeine nach Norden ausgestreckt, während sein Kopf nach Osten zeigt. Mein Herz krampft sich zusammen. Er sieht so zufrieden aus. Ich habe schon versucht, ihn vorzubereiten, aber noch haben wir unsere Sprachbarriere nicht ganz überwunden. Ich hocke mich neben ihn, streichle diese wunderbaren, lächerlichen Ohren. Er lässt den Kiefer zusammenschnappen und ist sich offenbar bewusst, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist.
    „Er ist ein netter Kerl, ganz bestimmt“, versichere ich ihm. „Sonst hätte Brice dich doch nicht ihm hinterlassen, oder? Nein, natürlich nicht.“ Ohne mich um mein Kleid und meine Strumpfhose zu kümmern, setze ich mich neben ihn auf den Boden und lehne mich gegen die Schranktüren. Geoff pflanzt seinen Oberkörper auf meinen Schoß, was in Anbetracht seiner knochigen Ellbogen keine wirklich angenehme Erfahrung ist. Vor allem, als ein dünner Faden Speichel auf meinen rechten Schenkel tropft. Aber was soll’s. Bald wird es keine Speichelfäden mehr geben, dünn oder dick, ein Gedanke, der mich höllisch deprimiert. Da wir schon von Depressionen sprechen: Ich habe zwar keine Ahnung, warum, vielleicht nur, weil ich bei der Arbeit zu Tode gelangweilt bin, jedenfalls denke ich in den letzten Tagen furchtbar oft an Greg. Die Erlebnisse der letzten Wochen waren zu einem dumpfen, kleinen Schmerz in der Mitte meiner Brust geschrumpft, aber irgendetwas – vielleicht der Anblick von Shelby und Mark? – hat ihn schließlich wieder lebendig werden lassen. Ich war so damit beschäftigt, einigermaßen Oberwasser zu bekommen, dass mir gar nicht so recht klar geworden ist, wie sehr ich ihn vermisse.
    Ich glaube nicht etwa, dass alles wieder so werden könnte wie früher. Jetzt nicht mehr. Meine Intuition sagt mir, dass zu viel Zeit vergangen ist, dass Greg schon längst versucht hätte, sich mit mir zu versöhnen, wenn er das wollte. Ich spiele immer wieder mit dem Gedanken, dass ich einmal Phyllis anrufen sollte, einfach um herauszufinden, ob er wieder aufgetaucht ist, aber das wäre doch zu Mitleid erregend. Und der Himmel weiß, dass ich nicht Mitleid erregend sein will.
    Vielleicht könnte ich den Ring verkaufen, um die Rechnungen zu begleichen?
    Es klingelt. Geoff sieht mich erwartungsvoll an. Ich umarme ihn zärtlich und stehe umständlich auf.
    „Hi“, sagt eine strahlend lächelnde Erscheinung, als ich die Tür öffne. Die Erscheinung streckt mir eine Hand mit vielen Ringen entgegen. „Curtiss James. Und du musst Ginger sein.“
    Guter Gott, der Typ ist ein Bordell auf zwei Beinen. Hautenge rote Lederhosen, ein knalliges lila Hemd mit jeder Menge Perlen, ein wallender Schal und rote Cowboystiefel. Weißblond gebleichtes Haar mit modernem dunklen Ansatz. Viele Ohrringe.
    Ich lächle und bemühe mich, von dem Anblick nicht blind zu werden. „Leider Gottes ja.“
    „Na, na, Ginger ist doch ein toller Name. Schließlich“, fährt er fort, während er in die Wohnung stolziert – und zwar wirklich stolziert, „hat es bei Ginger Rogers

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