Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
friedlich er ist. Ich habe Karl Simatschek schon drei SMS geschickt. Ich sehe noch einmal nach. Keine Antwort.
Ich fahre heim. Ich sollte seit ewig die Küchenkästen mit den Trockenvorräten ausräumen. Irgendwie scheinen sich da Dinge zu sammeln, von denen ich mich gar nicht erinnern kann, sie jemals gekauft zu haben. Gut, Oskar kauft bisweilen auch ein. Und ich muss das Granoduro-Mehl finden, ich bin mir beinahe sicher, dass eines da ist. Ich möchte versuchen, Pane Carasau, dieses großartige hauchdünne sardische Brot, zu backen. Und vor allem: Ich muss mich ablenken, sonst werde ich noch wahnsinnig.
Ich stehe gerade im Chaos zwischen angefangenen Reispackungen, abgelaufener Kokosmilch, hunderterlei Essigsorten, Nudeln aller Art, dem Weinviertler Safran, den ich vor kurzem erst gesucht habe, Dosen mit geräucherten Austern, ranzigen Spezialölen und drei Packungen Grano-duro-Mehl, als es klingelt. Italienische Nummer. Daniela. Endlich.
„Si? Ja? Pronto?“, irgendwas wird schon passen.
Rumpeln. Stille. Dann entfernt Stimmen. Was ist das? Ich lausche.
„Hallo Mira?“
Karl, das ist Karl.
„Ich hab mir das Telefon von Elisabetta ausgeborgt, ist klüger, dachte ich mir.“
„Wie geht’s dir?“
„Willst du nicht was anderes wissen?“
„Das auch.“ Mein Herz klopft.
„Mir geht’s hervorragend, auch wenn ich lieber mehr Zeit in den sardischen Bergen verbringen würde als beim Sezieren. Und: Es ist so gut wie sicher, dass es sich um keinen Unfall gehandelt hat. Ich kann es dir sagen. Morgen früh gehen die offiziellen Meldungen raus, auch an die Presse.“
„Zuckerbrot wird das nicht freuen, er will lieber alles so lange wie möglich geheim halten, kommt mir vor.“
„Spielt es da auf Sardinien nicht. Man ist um Transparenz bemüht, man will verhindern, dass was im Verborgenen rennt. Die haben ihre Erfahrungen und sie haben reagiert. Mafia, Korruption.“
„Und? Wie ist es passiert?“
„Eigentlich ganz raffiniert, aber dann doch wieder nicht. Profi war es wohl keiner.“
Darauf, dass Seifried einen Killer auf Pauer hetzt, hätte ich auch nicht getippt. Selbst ist die Frau.
„Also: Man hat über den Weg eine hauchdünne Schnur gespannt, aus Nylon oder so, gefunden haben wir sie leider nicht. Der das getan hat, hat genau gewusst, dass Pauer vorbeirennt. Er fällt in vollem Lauf über die Schnur …“
„Stürzt auf einen Stein und das war es dann.“
„Nein, das wollte dieser Jemand nicht dem Zufall überlassen. Er fällt über die Schnur, liegt da, der Jemand wartet mit einem großen Stein und drischt ihn auf seinen Kopf. Und das war es dann. Der Tatort wird auch noch ganz nett hergerichtet, der Stein so hingelegt, dass es aussieht, als ob er draufgefallen sein könnte. Sogar die feinen Schnitte, die die Schnur auf seinen Schienbeinen hinterlassen hat, hat man versucht zu vertuschen. Man hat ihm einfach mit einem anderen Stein, wahrscheinlich einem, den man dann wieder ins Wasser geworfen hat, die Beine zerkratzt.“
„War er eigentlich sofort tot?“
„Sofort wohl nicht. Aber er dürfte nicht mehr viel mitbekommen haben und lange hat es nicht gedauert. Ich erspare dir die Einzelheiten.“
„Wofür ich dir dankbar bin. – Seit wann weiß es Zuckerbrot schon?“
„Darf ich dir natürlich nicht sagen. Und festgelegt haben wir uns gestern noch nicht. Aber sobald wir uns relativ sicher waren, dass der Fundort des Steins und die Art der Wunde eben doch nicht genau mit dem Sturz zusammenpassen, hab ich das weitergegeben. – Dir konnte ich da wirklich noch nichts sagen.“
„He, das ist schon klar. Auch wenn’s vor Redaktionsschluss fein gewesen wäre.“
„Wir alle können uns etwas wünschen, liebste Mira.“
„Ich wünsch mir von dir, dass du mir Pane Carasau mitbringst. – Wann kommst du zurück?“
„Keine Ahnung, es gibt jede Menge Details, die ausgewertet werden müssen. Und dann braucht man mich noch als Dolmetscher. – Wir haben übrigens auch geringfügige Blutspuren einer anderen Person gefunden. Alle waren schon ganz aufgeregt. Aber das Blut dürfte um einige Zeit länger am Stein gewesen sein. Du hast mir doch erzählt, dass du dir dort dein Knie aufgeschlagen hast?“
Ich lache. „Ihr kriegt meine Blutprobe.“
„Wir haben noch etwas anderes überlegt: Du schlägst dir das Knie auf, das könnte jemanden inspiriert haben, ihn genau dort zu Fall zu bringen. Nach dem Motto: Es ist plausibel, dass an dieser Stelle etwas passiert.“
„Pauer hat davon
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