Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
Ich hätte mich nie darauf einlassen dürfen.“
„Was war mit Pauer?“, fragt Vesna ungeduldig dazwischen.
„Ich … wollte ihn in Gavoi treffen. Ich konnte einfach nicht mehr. Alle haben mich gehetzt, keiner hat mir geglaubt, immer in der Angst, alles fliegt auf. Ich wollte mit ihm reden. Wenn er mir Geld gibt, oder mir sonst irgendwie hilft, dann gehe ich ins Ausland, irgendwo nach Südamerika, hab ich mir gedacht. Und ich sage dafür, dass ich das vielleicht falsch verstanden habe an diesem Abend im Hotel. Er wird nicht angeklagt und ich hab meine Ruhe.“
Jana starrt sie an. „So etwas kann man nicht machen. Ein Vergewaltiger darf nicht ungestraft davonkommen.“
„Er ist tot“, stellt Vesna trocken fest.
Nicole starrt zurück. „Ich hab nichts zu tun mit seinem Tod, das schwöre ich! – Diese Verlegerin, die ist immer bei ihm gewesen, es war unmöglich, ungesehen an ihn ranzukommen. Die vielen Medien. Und dann hat mich auch noch Mira in Gavoi gesehen …“
„Du hast also nicht einmal mit ihm gesprochen?“, frage ich.
Nicole starrt auf die gegenüberliegende Wand.
„Du musst nicht mehr sagen“, wirft Sandra Alman ein.
„Ich will aber. Ja, doch. Ich habe ihm einen Zettel zukommen lassen, über einen aus dem Hotel. Ich habe geschrieben, dass wir eine Lösung finden müssen. Und dass er mir einen Antwortzettel mit dem Treffpunkt unter den Kunstrasen beim Swimmingpool legen soll. Er hat mir zurückgeschrieben. Dass auch er unter enormem Druck steht und dass er es satthat, dass er endlich alles in die eigenen Hände nehmen muss und dass wir uns in der Nacht am Hang unter dem Pool treffen sollen. Da kommt man auch von der Straße aus hin, ich hab ja nicht in diesem Hotel gewohnt.“
„Sondern wo?“, frage ich.
„Ist nicht wichtig jetzt“, zischt Vesna.
„Bei einem Bauern in der Nähe. Ich hab ihm erzählt, ich hab mich erst spät entschlossen, zu dem Festival zu fahren, da gab’s dann keine regulären Fremdenzimmer mehr.“
„Ihr habt euch getroffen …“
„Ja, aber nur ganz kurz. Da waren Stimmen, irgendwelche Hotelgäste, sie sind näher gekommen. Stellt euch vor, man hätte uns gemeinsam gesehen … Ich hab ihm ganz schnell meinen Vorschlag gemacht und er hat gesagt, er hilft mir, damit ich wegkann. Er hat gesagt, er schreibt mir auf den Zettel, wie wir weiter vorgehen sollen, und legt ihn wieder unter den Kunstrasen.“
„Kein Wunder, dass er dir helfen wollte abzuhauen. Ohne deine Aussage wäre das Verfahren eingestellt worden“, murmelt Jana.
„Eigentlich doch ein Wunder. Es … es hat ja nicht gestimmt mit der Vergewaltigung.“
Ich ziehe die Luft ein.
Sandra Alman schüttelt wütend den Kopf. „Lass das!“
Nicole sieht sie trotzig an. „Ich weiß, dass es dabei nicht bloß um mich geht. Aber ich werde es allen so gut wie möglich erklären. – Ich hab mich über das Buch total geärgert und wie er dann noch bei uns am Publizistik-Institut gesessen ist, der blonde Superstar, und lockere Sprüche geklopft hat, dass es eben in einer Demokratie keine Diskussions- und Denkverbote geben dürfe und dass wir doch einmal nachdenken sollten, ob er nicht recht habe. Ich hab an dieser Hausarbeit über Rollenbilder in den Medien gearbeitet. Und ich hab ihn gefragt, ob ich einen Interviewtermin mit ihm kriege. Und er hat mir einen gegeben. Am Tag vor unserem Treffen war ich hier bei ‚frauen.com‘. Weil ich da eben auch für meine Hausarbeit recherchiert habe.“
Sandra Alman lehnt sich an die Wand.
Kann es sein, dass sie Nicole angestiftet hat, eine Vergewaltigung oder zumindest einen Versuch vorzutäuschen? Um Thomas Pauer vorzuführen? Und seinen Ruf zu ruinieren? Sein Buch? Ich starre sie an. Sie starrt ausdruckslos zurück. Jana sitzt da und schüttelt bloß den Kopf.
„Es ist über das Buch und die neue Männer-Welle diskutiert worden und darüber, dass die ganzen mühsamen Errungenschaften der Frauenbewegung ins Rutschen kommen könnten. Und dass es vielen Frauen wirklich noch immer beschissen geht, dass die Schwächsten am wenigsten Chancen haben, aus Abhängigkeit und oft auch Gewalt rauszukommen. Maggy Körmer hat gesagt, dass man so einem wie dem Pauer mit Diskutieren nicht beikommt. Ich glaube, in dieser Minute ist mir die Idee gekommen.“
„Sie ist dir gekommen?“, frage ich.
„Ja. Und danach hab ich mit Maggy darüber geredet.“
„Und mit Sandra“, ergänzt Vesna.
„Bist du verrückt?“, fährt die Leiterin von „frauen.com“ auf. „Ich
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