Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
gemacht?“, frage ich.
„Wo? Ich war nie dort.“
Ich schaue ihr in die Augen, sie hält meinem Blick stand. Wirre Locken, dunkle Augen, es wirkt, als hätte sie in letzter Zeit nicht viel geschlafen. „Wo warst du dann?“
„Das ist egal. Als ich das gehört habe mit Pauer, bin ich zurück, ich hab die E-Mails gelesen, ich hab gewusst, dass die Polizei mit mir reden will. Mir ist klar, dass ich besser in Wien bin.“
Ich schüttle den Kopf. „Warum willst du nicht sagen, dass du in Gavoi warst?“
Sie springt wütend auf. „Weil ich nicht dort war. Und wenn du das schreibst …“
„Ich schreibe das nicht. Ich will dir nichts Böses. Ich will …“ – Schon einmal hab ich das heute gesagt: „Ich will Ihnen nichts Böses.“ Ja. Und bei Nicole stimmt das noch einmal mehr. Aber: Was will ich? Ich will wissen, was wirklich läuft.
Nicole kommt ganz nah zu mir her. Sie atmet heftig. „Hat man ihn umgebracht?“
„Das weiß ich nicht.“
„Lüg nicht!“
„Es ist, wie ich dir gesagt habe: Es sieht nach einem Unfall aus, sagen sie. Aber man kann Fremdverschulden nicht ausschließen. Jetzt sind die Rechtsmediziner dran. Und man muss die Spuren am Fundort auswerten.“ Ich mache eine Pause. „Du glaubst, dass du unter Verdacht stehst. – Warum?“
„Warum?“ Nicole lacht und es klingt alles andere als fröhlich. „Kannst du dir das nicht denken? Sie werden sagen, ich habe ihn gehasst. Und ich hab ihn ja manchmal auch gehasst. Damals. Und vor allem, als dann die ganzen Medien hinter mir her waren.“
„Was ist an dem Abend im Hotel wirklich passiert?“
„Das ist ja wohl klar“, mischt sich Jana ein.
Nicole schweigt. „Soll ich es noch einmal erzählen, immer und immer wieder?“, sagt sie dann, deutlich ruhiger.
„Welche Rolle hat Farah Seifried gespielt?“
Nicole schüttelt den Kopf. „Keine. Erst danach. Ich will meine Ruhe. Lasst mich bitte allein.“
Jana sucht nach Sandra Alman, aber die habe das Haus schon verlassen, heißt es. Warum wollte sie nicht, dass wir mit Nicole reden? Nur weil sie Sorge hatte, wir regen sie zu sehr auf?
Den Abend verbringe ich endlich wieder einmal mit Oskar. Ich versuche mich an Purpuzza, diesem köstlichen sardischen Faschierten, es wird ganz nett, aber lange nicht so gut wie das, was ich in Gavoi gegessen habe. Wahrscheinlich muss das Fleisch einfach länger im Essig und Pfeffer ziehen. Außerdem hatten sie dort ihr wunderbares Schweinefleisch und ich habe Rind genommen. Gegen die verschiedenen sardischen Käse kann man aber gar nichts sagen. Vom jungen weißen Ziegenkäse schneide ich zwei fingerdicke Stücke ab, gebe sie in feuerfeste Förmchen und lasse sie unter dem Grill im Backrohr schmelzen.
Ich bin unruhig. Ich habe so viele Einzelteile und kein Muster. – Kann es sein, dass es gar keines gibt? Was ist manipuliert? Wer hat manipuliert? „L’Isola delle Storie“. In gewisser Weise versuchen alle, dass man ihrer Geschichte glaubt. Am meisten hat wohl Farah Seifried dafür getan. Freilich: Die anderen haben mitgespielt. Weil es um Ansehen, um den heiligen Erfolg, um viel Geld geht. Carina Pauer scheint bei der bisherigen Linie bleiben zu wollen. Obwohl sie die Verlagschefin nicht mag. Und womöglich um einiges mehr über sie weiß, als sie zugibt. Nicole … natürlich kann ich mich geirrt haben und sie war wirklich nicht in Gavoi. Aber ich glaube es eigentlich nicht. Wie kann ich beweisen, dass sie dort war? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas mit dem Tod von Pauer zu tun hat. – Weil ich es mir nicht vorstellen will? Was, wenn sie den ganzen Wahnsinn nicht mehr ausgehalten hat? – Bringt man deswegen jemanden um und vertuscht die Tat so geschickt, dass es wie ein Unfall aussieht? Was war dann das Motiv? Rache? Hass? Verzweiflung? Ich schüttle den Kopf. Irgendwas passt nicht.
„Maggy Körmer war auch in Gavoi“, sage ich unvermittelt zu Oskar.
„Die … Aktivistin?“
Ich grinse. „Feministin ist gar kein so böses Schimpfwort.“
Er grinst zurück. „Ich hab damals sogar das Frauenvolksbegehren unterschrieben. Frauen mit Kopf sind mir allemal lieber als irgendwelche Tussis, die glauben, irgendein Papa wird es ihnen schon richten.“
„Sieh an, ein heimlicher Emanz.“
„Glaubst, sonst könnt ich mit dir in Frieden leben?“
„Dabei bin ich ohnehin so ein braves Weibchen. Koche sogar.“
„Und was ist mit Putzen?“
„Dafür haben wir die liebe Vesna und ihr Team.“
„Ein wahrhaft sanfter
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